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Kernpunkte im Überblick:

  • Pferde sind von Natur aus darauf ausgelegt, schnell und effektiv zu lernen
  • Sie leben im Hier und Jetzt und verknüpfen nur zeitlich direkt zusammenhängende Ereignisse
  • Lernen erfolgt hauptsächlich durch Beobachtung, Nachahmung und unmittelbare Erfahrungen
  • Erfahrungen werden stark mit Emotionen verknüpft und im Situationsgedächtnis gespeichert
  • Das Pferd lernt ständig – auch wenn wir es nicht beabsichtigen

Die faszinierende Lernfähigkeit unserer Pferde

Wer Pferde beobachtet, wird schnell feststellen: Sie sind wahre Meister im Lernen. Diese Fähigkeit haben sie im Laufe der Evolution entwickelt, denn als Fluchttiere war es überlebenswichtig, schnell aus Erfahrungen zu lernen. Ein Pferd, das einmal eine negative Erfahrung mit einem Raubtier gemacht hatte, musste sich diese Situation genau merken können, um beim nächsten Mal rechtzeitig zu fliehen.

Diese natürliche Lernfähigkeit ist auch heute noch tief in unseren Pferden verankert. Sie lernen ständig – ob wir es beabsichtigen oder nicht. Jede Interaktion, jede Situation und jede Reaktion ihrer Umwelt wird vom Pferd verarbeitet und gespeichert. Das macht sie zu aufmerksamen und gelehrigen Partnern, bedeutet aber auch eine große Verantwortung für uns Menschen.

Das Pferdegehirn – anders als unseres

Um zu verstehen, wie Pferde lernen, müssen wir zunächst verstehen, wie sie Informationen verarbeiten. Anders als wir Menschen leben Pferde komplett im Hier und Jetzt. Ihr Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, komplexe Zusammenhänge zwischen zeitlich weit auseinanderliegenden Ereignissen herzustellen. Was zählt, ist der Moment.

Diese Fokussierung auf den Augenblick macht Pferde zu exzellenten Beobachtern ihrer unmittelbaren Umgebung. Ihr Gehirn ist darauf spezialisiert, blitzschnell auf potenzielle Gefahren zu reagieren und gleichzeitig aus jeder Situation zu lernen. Dabei spielt das ausgeprägte Situations- und Ortsgedächtnis eine wichtige Rolle: Pferde merken sich sehr genau, wo sie positive oder negative Erfahrungen gemacht haben.

Mehr zu diesem Thema: Warum Pferde anders lernen als Menschen – Ein Blick in die Natur

Emotionale Intelligenz und Lernen

Eine Besonderheit im Lernverhalten von Pferden ist die starke Verknüpfung von Erfahrungen mit Emotionen. Jede Lernerfahrung wird mit dem emotionalen Zustand verbunden, in dem sie gemacht wurde. Ein Pferd, das in einer entspannten, positiven Atmosphäre lernt, wird sich diese Erfahrung anders merken als eines, das unter Stress oder Druck lernen musste.

Diese emotionale Komponente des Lernens erklärt auch, warum vertrauensvolle Beziehungen so wichtig für erfolgreiches Training sind. Ein Pferd, das seinem Menschen vertraut, ist offener für neue Lernerfahrungen und kann gelassener mit Herausforderungen umgehen.

Die verschiedenen Wege des Lernens

Pferde nutzen verschiedene Wege um zu lernen. Ein wichtiger Aspekt ist das soziale Lernen durch Beobachtung und Nachahmung. In der Herde lernen junge Pferde von den älteren, welches Verhalten erfolgreich ist und welches nicht. Dieses Prinzip können wir uns auch im Training zunutze machen, indem wir erfahrene Pferde als „Lehrer“ einsetzen.

Darüber hinaus lernen Pferde durch Versuch und Irrtum sowie durch die unmittelbaren Konsequenzen ihres Verhaltens. Führt ein Verhalten zu einer angenehmen Erfahrung, wird es wahrscheinlich wiederholt. Führt es zu einer unangenehmen Erfahrung, wird es künftig eher vermieden. Dieses Prinzip ist die Grundlage für viele Trainingsmethoden.

Pferd wird von Frau gelobt
Timing und Kontinuität sind der Schlüssel: Lob und Belohnung im richtigen Moment stärken Vertrauen und fördern nachhaltiges Lernen.
© Adobe Stock / Kzenon

Bedeutung für das Training

Das Verständnis dieser Lernprinzipien ist fundamental für erfolgreiches Training. Wenn wir wissen, wie Pferde lernen, können wir unser Training entsprechend gestalten: mit klaren, zeitnahen Signalen, in einer positiven Atmosphäre und mit Rücksicht auf die emotionalen Bedürfnisse unserer Pferde.

Besonders wichtig ist dabei das Timing: Da Pferde nur zeitlich direkt zusammenhängende Ereignisse verknüpfen können, muss unsere Reaktion auf ein Verhalten innerhalb weniger Sekunden erfolgen. Eine verspätete Belohnung oder Korrektur wird vom Pferd nicht mehr mit dem ursprünglichen Verhalten in Verbindung gebracht.

Ebenso wichtig ist Kontinuität. Pferde lernen durch Wiederholung, aber diese Wiederholungen müssen konsistent sein. Uneinheitliche Signale oder wechselnde Reaktionen auf gleiches Verhalten verwirren das Pferd und erschweren den Lernprozess.

Mehr Informationen zum Thema Lernverhalten gibt es auf unserer Themenseite: Verhalten & Verhaltensauffälligkeiten

Team Sanoanimal