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Auf dem Symposium 2023 der Equine Science Society in Grapevine, Texas hielt Jessica Seabra von der Federal University of Paraná in Brasilien einen interessanten Vortrag über den Vergleich von Slowfeedern, Heu zur freien Verfügung und zeitgesteuerten Heuraufen. Die Ergebnisse wurden anschließend auch im Fachjournal „Journal of Equine Veterinary Science“ veröffentlicht.

In den Untersuchungen wurden vor allem die Effekte der unterschiedlichen Fütterungsvarianten beobachtet, wie Menge des aufgenommenen Futters, die Gewichtsveränderungen und der Body Condition Score. Aber auch Einflüsse auf das Verhalten: wie sich die Gruppen untereinander verhielten, wieviel Zeit sie mit der Futteraufnahme verbrachten und wie sich, als zweites Ziel der Studie, der Cortisol-Spiegel veränderte.

Gerade bei Herdenhaltung, wie wir sie in unseren Offenställen praktizieren, wird ein ruhiges und somit stressarmes Verhalten untereinander angestrebt, ebenso wie eine effiziente Verwertung des Heus. Ziel der Studie war es auch herauszufinden, welche Haltungsform am besten mit dem Verhalten von freilebenden Pferden zu vergleichen ist, da es dort – im Gegensatz zu dem, was wir häufig in unseren Ställen sehen – zu keinen abnormen Verhaltensweisen kommt.

15 Pferde und 15 Tage unterschiedliche Fütterung

Für die Untersuchungen wurden 15 Polo Ponys in drei Gruppen eingeteilt. Jedes Pony wurde zu Beginn jeder Versuchsreihe gewogen und der Body Condition Score ermittelt. Für jeweils 15 Tage erhielten die Ponys in der einen Gruppe Heu zur freien Verfügung, in der zweiten Gruppe stand ebenfalls Heu zur freien Verfügung, allerdings waren die Heuraufen mit Netzen abgedeckt (Slowfeeder) und in der dritten Gruppe wurden zeitgesteuerte Heuraufen verwendet. Diese wurden 6x pro Tag für jeweils 45 Minuten geöffnet. Nach den 15 Tagen wurden die Gruppen gewechselt und erneut die Werte bestimmt („Crossover Design“).

Die Slowfeeder-Gruppe verbrauchte am wenigsten Heu

Wie zu erwarten war, war die Heuverschwendung in der Gruppe, die loses Heu zur freien Verfügung hatte, am größten. Diese Gruppe hatte mit durchschnittlich 16.6 kg Heu pro Pferd somit auch den größten Verbrauch. Das deckt sich mit anderen Untersuchungen, dass bei loser Heufütterung 30-80% Heuverlust entstehen, während der Heuverlust bei Verwendung von Heunetzen auf 10-20% reduziert werden kann.

Heufütterung aus dem Heunetz
Der Heuverlust kann bei Verwendung von Heunetzen auf 10-20% reduziert kann.© Adobe Stock/pholidito

Bei den beiden anderen Gruppen war die verbrauchte Menge an Heu in einem vergleichbaren Rahmen: bei den Slowfeedern mit ständigem Zugang wurden durchschnittlich 9,3kg Heu pro Tag und Pferd aufgenommen, ungefähr 1kg weniger (!) als bei den zeitgesteuerten Heuraufen, bei denen durchschnittlich 10,4kg Heu pro Tag und Pferd aufgenommen wurden. Bei allen drei Fütterungsvarianten wurde nicht unterschieden, ob das Heu tatsächlich gefressen oder nur verschwendet wurde, man kann aber davon ausgehen, dass ein Teil des Heus bei der losen Heufütterung im Mist gelandet ist und nicht im Pferd.

Gewichtszunahme bei losem Heu zur freien Verfügung

Die Gewichtszunahme war in der Gruppe mit Heu zur freien Verfügung am größten (durchschnittlich 23,5kg), bei den anderen beiden Gruppen kam mit durchschnittlich 1,2kg bei den zeitgesteuerten Heuraufen und 0,37kg bei den Slowfeedern zu fast keiner Gewichtsveränderung.

Auch hier aber interessant, dass bei ständigem Heuzugang mit Heunetz nicht nur etwas weniger Heu gefressen wurde, sondern auch die Gewichtszunahme etwas geringer ausfiel als bei den zeitgesteuerten Raufen – das Verhältnis hätte man jeweils eher andersrum erwartet.

Verhaltensvergleich mit freilebenden Pferden

Am interessantesten ist aber, wie die Pferde ihre Zeit verbrachten, denn viele der Ergebnisse zur Fütterung waren so oder ähnlich schon aus anderen Studien zu erwarten.

Bei den Slowfeedern und dem losen Heu, beides Fütterungsarten, die permanent zugänglich waren für die Pferde, verbrachten die Pferde über 50% ihrer Zeit mit der Futteraufnahme, genauso, wie es bei grasenden, freilebenden Pferden zu beobachten ist. Die Gruppen waren ruhiger und es gab weniger Aggression innerhalb der Gruppe.

Rappe steht mit anderen Pferden im Offenstall vor einem überdachten Gebäude
Pferdegruppen mit ständigem Zugang zu Heu sind friedlicher. ©Adobe Stock / Annabell Gsödl

Die Gruppe mit den zeitgesteuerten Heuraufen verbrachte im durchschnitt nur 25,8% der Zeit damit zu fressen, fraß aber in der Zeit durchschnittlich ca. 1kg Heu pro Tag mehr als die Slowfeeder-Gruppe, was auf sehr hastiges Fressen hinweist! In der restlichen Zeit konnte eine vermehrte Aggressivität innerhalb der Gruppe beobachtet werden und Unarten wie Kot fressen. Es war auch häufig zu beobachten, dass die Pferde still dastanden, aber nicht entspannt dösten. Stattdessen waren sie stets wie in Alarmbereitschaft, damit sie die nächste Öffnung der Raufe nicht verpassten.

Der Cortisolspiegel änderte sich bei keiner der drei Fütterungsvarianten. Auch das ein interessantes Ergebnis, da man aus dem Verhalten der Gruppe mit den zeitgesteuerten Raufen eher etwas anderes erwartet hätte.

Keine Empfehlung für zeitgesteuerte Heuraufen

Wer also seinen Pferden etwas Gutes tun will, sollte auf zeitgesteuerte Raufen definitiv verzichten.

Was man als Ernährungsberater, Therapeut und auch als Besitzer oft genug schon aus der Beobachtung kennt: die Aggression der Pferde, das abnorme Fressverhalten, die Verspannungen im Rücken und so weiter – all das ist jetzt auch wissenschaftlich nachgewiesen. Zeitgesteuerte Raufen und Heuautomaten funktionieren bei Wiederkäuern (für die sie ja auch ursprünglich entwickelt wurden), aber nicht in der Pferdefütterung.

Stattdessen lieber Slowfeeder wie Heunetze verwenden, wenn die Pferde nicht unbedingt zunehmen sollen. Bei alten Pferden oder Pferden, die zu dünn sind, kann Heu auch zur freien Verfügung gefüttert werden, allerdings ist hier der Heuverlust auch etwas höher.

Weitere Artikel & Podcasts

Wie sich das alles auf die Gesundheit und den Stoffwechsel deines Pferdes auswirken kann, erfährst du in unserem Artikel «Heuautomaten, zeitgesteuerte Raufen & Co. – die Revolution im Pferdestall?»

Mehr zum Thema kannst du auch in unserem «Podcast Slowfeeder» hören

Quelle:

Seabra JC, Hess T, Martinez do Vale M, Spercoski KM, Brooks R, Dittrich JR. Effects of different hay feeders, availability of roughage on abnormal behaviors and cortisol circadian rhythm in horses kept in dry lots. J Equine Vet Sci. 2023 Aug 23:104911. doi: 10.1016/j.jevs.2023.104911. Epub ahead of print. PMID: 37625626.