Fast jede stolze Besitzerin einer schönen Stute träumt davon, eines Tages ein eigenes Fohlen zu ziehen. Damit es mit dem Start ins neue Leben gut klappt, muss man sich um wesentlich mehr kümmern als nur um den richtigen Hengst.
Eine Mutterstute braucht Mütter, ein Fohlen braucht Fohlen
Einer der größten Fehler bei der Vorbereitung ist es, die Stute im alten Reitstall stehen zu lassen. Pferde sind Herdentiere und eine Mutterstute ist in der Natur nie allein. Viele «Tanten», also andere Stuten mit Fohlen oder ohne, kümmern sich ebenfalls um den Nachwuchs. So kann die Stute zwischendurch mal ausruhen und sich vom Stress der Trächtigkeit und Geburt erholen. Auch das Fohlen braucht gleichaltrige Spielkameraden. Spätestens zum Absetzen sind diese «Freunde» dann auch ein wichtiger Bezug für das Jungpferd, um sich leichter und ohne Trauma von der Mutterstute zu lösen. Spielerisch lernen die Fohlen in der Gruppe dann auch Sozialverhalten, körperliches Geschick und sich selbst gegenüber gleichaltrigen zu behaupten. Ältere Pferde allein reichen hier als Gesellschaft nicht aus.
Daher sollte man sich rechtzeitig darum kümmern, seine Stute in einen Zuchtstall umzustellen, wo sie in einer Gruppe mit anderen Mutterstuten steht. Je früher diese Umstellung erfolgt, umso besser ist die Stute zur Zeit der Geburt schon integriert und desto einfacher haben es Mutter und Fohlen in den Wochen und Monaten nach der Geburt. Außerdem ist die Stute in solchen Ställen in der Regel auch in professionellen Händen, die bei Komplikationen mit der Trächtigkeit oder bei der Geburt sofort richtig reagieren können. Solche Ställe sind auch von ihrer Anlage her optimal vorbereitet. Denn spätestens mit der Geburt braucht man ja keine Reithalle oder Führanlage mehr, dafür aber weitläufige Ausläufe und Koppeln, großzügige Laufställe oder Abfohlboxen und es muss insbesondere für neugierige Fohlen sicher gebaut sein, damit es nicht zu Unfällen oder Verletzungen kommen kann.
Fütterung und Nährstoffversorgung vor und nach der Geburt
Gerade bei der Fütterung seiner wird der Besitzer schnell unsicher. Wie viel Eiweiß ist notwendig? Wie viel Energie? Welches Kraftfutter ist das richtige vor und welches nach der Geburt? Im Grunde unterscheidet sich die Fütterung einer Zuchtstute erstmal gar nicht so sehr von der jedes anderen Pferdes. Sie braucht eine ausreichende Menge Heu (ad libitum oder 2-3kg je 100kg Körpergewicht) in einer sehr guten Qualität, sowohl hygienisch als auch von den Nährwerten her. Was heißt das? Das Heu muss frei von Schimmel sein – denn dieser ist nicht nur schädlich für die Atemwege der Mutterstute, sondern schimmeliges Futter kann auch das Fohlen im Mutterleib schädigen und bis zum Abort führen. Die Nährwerte sollten mäßig im Zuckergehalt sein (< 10%) und reich an Eiweiß (ca. 9-12%) sowie durchschnittliche Fettgehalte aufweisen (ca. 2%). Infos über Nährwerte und mikrobiologischen Status des Grundfutters liefert einem eine Heuanalyse.
Bei sehr magerer Heuqualität sollte man darauf achten, zuzufüttern. Hier eignet sich vor allem eine Mischung aus eingeweichten Heucobs und Esparsettencobs. Sie liefern vor allem auch Energie aus Fasern, die für Pferde optimal ist. Dazu hat die Esparsette ein sehr gutes Eiweißmuster für Pferde. Bei schwerfuttrigen Warm- und Vollblütern ist die Gabe einer mäßigen Menge von Hafer oder Quetschgerste durchaus vertretbar, da diese Pferde in der Regel einen höheren Energie-Grundbedarf haben. Auf größere Anteile schneller Energie aus Zucker und Stärke (Getreide, Müslis, Pellets…) sollte man bei allen anderen Rassen aber unbedingt verzichten.
Sie sorgen für hohe Blutzuckerwerte, die nicht schnell genug durch Bewegung abgebaut werden können. Statt dessen sind sie sehr belastend für die Nieren sind und erhöhen das Risiko für Hufrehe – was beides gerade bei tragenden Stuten vermieden werden sollte. Außerdem besteht der Verdacht, dass es auch bei Pferden eine Form von «Schwangerschaftsdiabetes» gibt, die dazu führen kann, dass die Fohlen bereits mit einer starken Veranlagung zu Insulinresistenz und EMS geboren werden.
Gerade in den ersten drei Monaten nach der Geburt muss man dann vor allem darauf achten, dass die Stute ausreichend mit Lysin, Methionin und Threonin versorgt ist, denn die Muttermilch ist sehr reich an diesen essentiellen Aminosäuren. Besteht im Futter ein Mangel daran, dann baut die Stute eigene Muskelmasse ab, um diese Aminsoäuren der Muttermilch zuzusetzen. Das Fohlen braucht diese essentiellen Aminosäuren zum Aufbau von körpereigenem Eiweiß, also um zu wachsen und zu gedeihen. Für die Stute sollte Heu und Weidegras ständig zur Verfügung stehen. Gerade Weidegras ist eine unschätzbare Nährstoffquelle für Zuchtstuten und durch nichts zu ersetzen.
Es ist darauf zu achten, dass die Stute immer rund um die Uhr Zugang zu Raufutter hat. Bestehen längere Fresspausen, steigt das Risiko für Koliken und es kommt im Dickdarm zu Dysbiosen (Verschiebungen im Gleichgewicht der Darmflora), was wiederum negativ für das Fohlen ist, da dieses seine eigene Darmflora über den Kot der Mutter aufbaut. Je gesünder der Darm der Mutter, desto besser also der Start ins Leben für das Fohlen. Einen gesunden Darm erreicht man vor allem über die ständige Versorgung mit guten Raufutter in Form von Heu und Weidegras.
Große Strohmengen fördern das Risiko für Verstopfungskoliken, vor allem zum Ende der Trächtigkeit hin. Heulage sorgt für erhebliche Darmdysbiosen und sollte daher ohnehin an kein Pferd und schon gar nicht an Zuchtstuten und ihre Fohlen verfüttert werden. Der Schaden, der mit Heulage-Fütterumg im Darm des Fohlens schon in den ersten Lebensmonaten angerichtet wird, kann man später mit keiner Therapie wieder regeneriert werden. Gehäckselte Raufuttermittel («Strukturmüslis», getreidefreie Müslis, Luzernehäcksel…) sollten ebenfalls unbedingt vermieden werden. Diese Faserlängen können von Pferde nicht optimal gekaut werden. Gelangen sie schlecht zerkaut in den Dickdarm, verlangsamen sie die Persistaltik, sodass das Futter bis zu einer Woche im Dickdarm verbleibt.
Das sorgt für Dysbiosen, also Fehlgärungen, und kann das Entstehen von Gaskoliken, Kotwasser und anderen Verdauungsstörungen fördern. Auch wenn dem Kot der Mutter nichts anzusehen ist, sorgen Fehlgärungsprozesse im Darm immer dazu, dass das natürlich mikrobiologische Gleichgewicht gestört wird und das Fohlen eine falsche Zusammensetzung an Darmflora über den Kot der Mutter aufnimmt. Siedeln sich diese Fehlkeime im jungen Darm an, dann bleiben diese dem Pferd ein Leben lang erhalten und man bekommt später ein Pferd, das schon als Jungpferd Stoffwechselstörungen und -Krankheiten wie Sommerekzem, Hufrehe, Kryptopyrrolurie u.v.a. entwickeln kann. Dieser Schaden ist später nicht mehr zu reparieren.
Mineral- und Spurenelementeversorgung von Fohlen und Mutter
Da Fohlen Beifutter noch nicht ausreichend verwerten können, ist vor allem die Versorgung der Mutterstute mit Mineralstoffen und Spurenelementen essentiell. Man geht davon aus, dass Fohlen sich vor allem in den letzten beiden Trächtigkeitsmonaten alles aus der Mutter holen, was sie für die ersten 4-5 Lebensmonate benötigen. Daher kann man bei Zuchtstuten besonders in dieser Phase häufig die Folgen von Mineral- oder Spurenelementemängeln beobachten. Eine Zuchtstute sollte daher durchgehend ein Mineralfutter von guter Qualität bekommen, sodass die Grundversorgung sicher gestellt ist. In den letzten beiden Trächtigkeitsmonaten sollten darüber hinaus nochmal extra Kupfer und Zink zugefüttert werden.
Eine unterschwelliger Mangel an diesen Spurenelementen ist einer der häufigsten Gründe, warum die Mutterstute schlecht aus der Trächtigkeit hervorgeht und das Fohlen anfangs unter Entwicklungsschwierigkeiten, vor allem im Bewegungsapparat, leidet. Da Kupfer und Zink sich gegenseitig in der Aufnahme behindern, sollten sie immer abwechselnd gegeben werden. Also eine Woche Kupfer, eine Woche Zink…. Und natürlich nicht zur selben Mahlzeit wie das Mineralfutter, da dieses ja in der Regel auch beide Spurenelemente enthält. Die Erfahrung zeigt, dass die Versorgung der Mutterstute in den letzten zwei Monaten mit diesen Spurenelementen dazu führt, dass die Stute nach der Geburt schneller wieder fit ist und weniger Erschöpfungsanzeichen zeigt.
Die Fohlen sind schneller stabil im Bewegungsapparat, kommen leichter durch den ersten Fellwechsel und auch das Hufhorn hat eine bessere Qualität. Fohlen dürfen schon am Salzstein schlecken, sofern sie das nicht aus Langeweile machen. Sie dürfen auch schonmal die Nase mit in das Mineralfutter der Stute stecken. Aber essentiell ist zunächst die Versorgung vor der Geburt. Hat man das verpasst, sollte man zumindest bei der Stute auch nach der Geburt dafür sorgen, dass ihre Speicher schnell wieder aufgefüllt werden, durch eine zweimonate Kur mir Zink und Kupfer im wöchentlichen Wechseln. Sie nimmt dann leichter wieder auf und erholt sich schneller vom letzten Fohlen.
Entwurmen vor der Geburt
Man hört immer wieder, dass man die Stute unbedingt kurz vor der Geburt entwurmen sollte – auch bei negativer Kotprobe. Das liegt am Zwergfadenwurm. Gegen diesen sind besonders Fohlen empfindlich und er ist einer der häufigsten Ursachen für heftige Durchfälle in den ersten Lebenswochen. Da solche Durchfälle potentiell lebensbedrohlich für ein Fohlen sind, sollte man hier vorsorgen. Jedes Pferd trägt diese Würmer in sich. Einem gesunden Pferd macht dies jedoch nichts aus, da die Tiere schon wenige Wochen und Monate nach der Geburt eine Immunität dagegen entwickeln.
Das heisst, das Immunsystem hält die Würmer in Schach, damit sie sich nicht zu sehr vermehren können. Das Immunsystem des Fohlens kennt diese Würmer jedoch bei der Geburt noch nicht. Sie gelangen über die Muttermilch sowie durch dünne Haut (z.B. im Gesicht),wenn das Fohlen in der Einstreu oder auf der Weide schläft, in das Fohlen. Ihre Wanderungen durch das Pferd verursachen einige Gewebeschäden und wenn sie wieder im Darm angekommen sind, eben auch teilweise sehr heftige Durchfälle. Eine Entwurmung der Mutter kurz vor dem errechneten Geburtstermin reduziert die Menge an Würmern, die von der Stute ausgeschieden werden. Danach sollte die Box nochmal gründlich gereinigt und alte Einstreu komplett entsorgt und frisch eingestreut werden.
Damit reduziert sich die Anzahl an Würmern, die das Fohlen befallen und das Immunsystem kann ganz normal die Immunität entwickeln, ohne dass das Fohlen durch einen zu heftigen Befall geschwächt wird. Gerade Jungpferde sind dann bis etwa zum Alter von 6 Jahren besonders anfällig für Wurminfekte, da das Immunsystem alle Wurmarten erstmal «kennen lernen» muss, um sich dagegen wehren zu können. Daher sollte man bei Jungpferden besonders häufig Kotproben untersuchen lassen und ein Auge auf Symptome für Wurmbefall haben wie: aufgezogener Bauch, übermäßiger Kugelbauch, Durchfälle, wiederkehrende leichte Kolikanzeichen, stumpfes Fell, Entwicklungsverzögerung und natürlich das Auftreten von Würmern im Kot. Im Fall von Vermurmung sollte das Pferd entwurmt werden, um zu vermeiden, dass es bleibende Schäden von einem starken Wurmbefall davon trägt. Nach der Entwurmung sollte man den Darm der Stute unterstützen, sich wieder zu balancieren. Bewährt haben sich hier Bitterkräuter ebenso wie Darm beruhigende Kräuter.
Geburt: Box oder Koppel?
Es ist ein bisschen eine Frage der Philosophie, ob man sein Pferd in der Box oder auf der Weide abfohlen lässt – sofern sich die Stute da vom Menschen überhaupt hineinreden lässt 😉 Fluchttiere haben die Möglichkeit, den Geburtszeitpunkt um mehrere Stunden herauszuzögern, wenn sie sich gestresst fühlen. Gerade das Übernachten des Besitzers vor der Box und übermäßige Sorge können hier für mehr Stress sorgen, als der Stute gut tut. Grundsätzlich ist es für das Fohlen egal, ob es im Stall oder auf der Weide zur Welt kommt – beides hat Vor- und Nachteile.
Auf der Weide besteht der Vorteil darin, dass die Stute genug Platz hat und es nicht zu Komplikationen durch eine Stallwand (Stute liegt sich fest, Fohlen kann nicht ganz rausrutschen) kommen kann. Außerdem sind die hygienischen Verhältnisse auf der Weide oft deutlich besser als im Stall. Dafür kann man im Stall – gerade wenn es das erste Fohlen ist – eine Kamera installieren und bei Bedarf schnell eingreifen, wenn es bei der Geburt zu Komplikationen kommt. Außerdem sind Stute und Fohlen vor dem Wetter geschützt, was vor allem bei frühen Geburten («Aprilwetter») manchmal ganz klar von Vorteil sein kann.
Man möchte ja nicht, dass das Fohlen direkt in ein heftiges Gewitter reingeboren wird oder in die erste Stunde in einer Schlammpfütze liegen muss. Stuten mit einer hohen Menschenbindung sind oft ganz froh, wenn ein Mensch zur Geburt in der Nähe ist, vor allem, wenn es das erste ist. Erfahrene Zuchtstuten sorgen hingegen meist dafür, dass das Fohlen dann kommt, wenn sich niemand im Stall befindet. Kurz gesagt: Die optimale Geburtsvorbereitung gibt es insofern nicht. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Bei Erstgeburten ist sicher die Überwachung per Kamera sinnvoll, aber das Einsperren der Stute schon Wochen vor dem Termin in einer Abfohlbox ist auf jeden Fall kontraproduktiv.
Auf keinen Fall sollte man das Pferd kurz vor der Geburt in eine Pferdeklinik bringen. Es ist eine sehr menschliche Denkweise, da wir unsere Kinder ja in der Regel auch im Krankenhaus bekommen… Ein Transport und Klinikaufenthalt ist nicht nur ein riesiger Stressfaktor für die Stute, sondern im Kliniken ist das Fohlen auch erheblich schlimmeren Keimen ausgesetzt als zu Hause – schließlich ist es ein Aufenthaltsort für kranke Pferde! Also besser «Hausgeburt» und der Tierarzt sollte ja ohnehin über den Abfohltermin informiert sein, sodass er bei Komplikationen schnell zur Stelle ist.
Prägen auf den Menschen: ja oder nein?
Es gibt viele Pferdebesitzer, die das Fohlen möglichst vom ersten Lebenshauch an auf sich prägen möchten. Am besten daneben sitzen, wenn es aus dem Mutterleib rutscht und es vom ersten Moment an abrubbeln, knuddeln und lieb haben. Auch wenn es ein menschlich sehr verständliches Verhalten ist, sollte man sich – im Sinne des Pferdes – hier zurück halten. Greift man direkt nach der Geburt schon zu stark ein, kann die Beziehung zwischen Mutterstute und Fohlen massiv gestört werden bis dahin, dass die Mutter das Fohlen nicht annimmt und man plötzlich mit einem «Waisenfohlen» da steht, das man Tag und Nacht alle 1,5 Stunden mit der Flasche füttern darf und nur noch auf den Menschen geprägt ist.
Auch wenn die Mutter das Fohlen annimmt, so hat doch der Mensch ein ganz anderes (Sozial-)Verhalten als Pferde. Zu frühe Interaktionen mit dem Fohlen sorgen dafür, dass das Pferd später keinen Respekt vor Menschen hat und man ein ausgesprochen unerträgliches Pferd bekommt. Denn kein Mensch kann ein Pferd so gut erziehen wie eine Pferdeherde. Wir beobachten das immer wieder bei Fohlen, die als Flaschenkinder in Menschenhand groß wurden und auch solchen, die als «Einzelkind» vom ersten Tag an viel Interaktion mit dem Menschen hatten: Sie sind völlig fehlgeprägt, haben oft Probleme mit dem Sozialverhalten in der Gruppe und tanzen den Menschen gnadenlos auf der Nase herum. Bei einem einige Wochen oder Monate alten Fohlen ist das noch niedlich, bei einem vierjährigen Junghengst dann schon nicht mehr.
Das Argument, dass das Fohlen gleich alles lernen soll – von Hufegeben bis Halterführigkeit – ist völlig absurd. Erstens sollte man das Aufhalftern bei Fohlen bleiben lassen, weil die Schädelknochen und das Genick noch gar nicht vollständig verknöchert sind. Hält man das Fohlen am Halfter fest oder bindet es sogar an, dann kann es zu bleibenden Schäden kommen bis hin zu schweren Ataxien oder Querschnittslähmung. Auch ein Jährling und sogar ältere Pferde lernen es noch problemlos, sich aufhalftern zu lassen. Ebenso kann man auch einem Dreijährigen beibringen, die Hufe zu geben. Es sind alles keine Dinge, die man vom ersten Tag an trainieren muss. Gerade im Alter von 3-4 Jahren sind Pferde unglaublich neugierig und lerneifrig. Es ist das perfekte Alter, um Ihnen alles mögliche – von Sinn bis Unsinn – beizubringen.
Die Fohlen lässt man bis zum Absetzen mit ca. 9 Monaten am besten komplett in Ruhe. Mit dem Absetzen kann man dann mal ein paar Sachen üben wie Halfter an- und gleich wieder ausziehen und Füße geben. Dann ab auf die Aufzuchtweide und die Pferde einfach ein paar Jahre «Kind» sein lassen. Ab 3-4 Jahren beginnt dann die «Schulzeit» und es ist noch genug Zeit, ihnen alles beizubringen, was der Mensch von ihnen verlangt. Fängt man zu früh mit Roundpen-Arbeit etc. an, dann sorgt das oft dafür, dass die Pferde schon jung «sauer» sind, unmotiviert werden oder «abschalten». Man kann dann zwar alle Übungen auf Knopfdruck abrufen, aber diese Pferde haben überhaupt keinen Spaß mit dem Menschen. Da sollte man sich selber fragen, ob man im Stall einen Partner stehen haben will oder eine Maschine.
Fohlen vom ersten Tag an raus auf die Koppeln
Gerade wenn die Fohlen sehr früh im Jahr kommen, ist oft die Sorge, dass sie sich erkälten oder im Matsch stecken bleiben. Also lieber ein paar Wochen in der Box lassen? Auf gar keinen Fall! Die Bewegung und die Bodenverhältnisse in den ersten Lebenswochen sorgen dafür, dass der Bewegungsapparat entsprechend angepasst wird. Hier ist es wichtig, dass das Fohlen sich viel frei Bewegen, laufen, rennen und herumspringen kann. Wechselnde und unterschiedliche Bodenqualitäten wie gepflasterter Hof, Sandweg zur Koppel, Wiesenboden, weicher Reitplatz- oder Hallenboden geben unterschiedliche Informationen an das Nervensystem, sodass Beinstellung und Hufqualität entsprechend angepasst werden.
Steht das Fohlen immer nur auf einem gepflasterten Auslauf, kann es zu einer zu flachen/weichen Fesselung (bessere Federung bei harten Böden) kommen. Steht es nur in der tiefen Einstreu und darf mal eine Stunde im tiefen Reithallenboden flitzen, dann kann es zu einer zu steilen Stellung (weniger Sehnenbelastung bei tiefen Böden) kommen. Daher sollten die Fohlenbeine unterschiedliche Böden kennen lernen, das sorgt für eine gute Stellung und optimale Hufqualität. Außerdem bleiben Fohlen, die überwiegend in der Box groß werden, in der Entwicklung ganz deutlich hinter denen zurück, die draußen leben.
Kommen sie dann in der Jungpferdeherde zusammen, so kann man immer die «Boxenhaft-Fohlen» schon von weitem erkennen: sie sind kümmerlicher, haben wenig Balance, wissen kaum, wie sie ihre Füße sortieren sollen, wenn vielleicht mal ein Stein oder ein Baumstamm im weg liegt und haben meist ein verkümmertes Sozialverhalten gleichaltrigen gegenüber. Sie sind schnell der «Prügelknabe» der Aufzuchtgruppe. Daher: raus, raus raus mit den Fohlen, sie müssen sich frei bewegen und vom ersten Tag an mit gleichaltrigen spielen dürfen. Dann hat man später ein Pferd, das weiss, wo sich seine vier Füße befinden und das seine Balance unter dem Reiter auch bei schwierigen Bodenverhältnissen mühelos ausgleichen kann.
Gesunde Fütterung / Darm Mutter = gesunder Start ins Leben
Ein Punkt, der viel zu sehr unterschätzt wird in der Zucht ist die Darmgesundheit der Mutterstuten. Wir gehen davon aus, dass schon alles in Ordnung sein wird, wenn die Mutter nicht ständig kolikt. Außerdem sind doch Darmprobleme dann das Problem der Mutter und nicht des Fohlens, oder? Falsch gedacht. Ein Pferd ist für das gesunde Überleben zwingend auf seine Darmflora angewiesen. Der Begriff beschreibt die Summe aller im Dickdarm lebender Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Protozoen…), die dafür sorgen, dass das Pferd sein Grundfutter überhaupt verdauen kann und darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Nährstoffversorgung z.B. mit Vitaminen, essentiellen Aminosäuren und Fettsäuren leisten.
Der (Dick-)Darm ist damit die Mutter der Gesundheit für das Pferd. Ein Fohlen wird mit einem weitgehend sterilen Darm geboren, d.h. hier wächst noch nichts. Durch das Fressen von frischen Kot der Mutterstute nimmt das Fohlen dann Darmsymbionten auf. Der Kot eines gesunden Pferdes besteht etwa zu 50% aus Mikroorganismen (in Trockenmasse), also genau der Darmflora, die das Pferd braucht, um das Grundfutter in der Region, in der es lebt, verdauen zu können. Ein von der Natur sehr schlau eingerichtetes System, durch das das Fohlen sich genau die richtigen Darm-Mikroorganismen aufbauen kann, um sein Grundfutter optimal verwerten zu können.
Das aber nur so lange funktioniert, wie das Fohlen auch eine Mutter mit einer gesunden Darmflora hat. Leider hat sich die Fütterung in unseren Breitengraden in den letzten Jahrzehnten hin entwickelt zu Futtermitteln und Fütterungsmanagement, die erheblich die Darmflora stören. Dazu gehören silierte Futtermittel (Heulage, Silage) ebenso wie viele fermentierte Futtermittel (mit Milchsäurebakterien, Bierhefen), Strukturhäcksel («getreidefreie» oder «Strukturmüslis» sowie Luzernehäcksel), die Gabe großer Mengen Pektine (z.B. Rübenschnitzel, auch entmelassiert, Apfeltrester, Karotten, Äpfel), großzügiger Kraftfuttergaben oder Ölzufütterung (Öle und Stärke sowie größere Mengen von Eiweißen sind toxisch für die Darmflora) sowie das Problem der meist zu geringen Raufuttergaben mit zu langen Fresspausen. Ein Pferd ist in erste Linie ein Faserverwerter.
Der leider auch bei vielen Fachleuten verbreitete Glaube, dass man in der Verdauung vom Menschen auf das Pferd schließen kann und daher leicht verdauliche Futtermittel (Stärke, Eiweiß, Fett) besser sind als schwer verdauliche (Cellulose) ist leider komplett falsch. Dem Dünndarm kommt beim Pferd eine Art «Entgiftungsfunktion» des Nahrungsbreis zu, um ihn auf die mikrobielle Verwertung im Dickdarm vozubereiten. Denn Pferde sind zwar sehr effektiv darin, solche Nährstoffe im Dünndarm dem Nahrungsbrei zu entziehen – aber die weiter führenden Verwertungsmechanismen für diese Nährstoffe sind beim Pferd eher schlecht ausgeprägt. Daher sollte man in der Fütterung – insbesondere bei Zuchtstuten – immer darauf achten, dass sie über 24h Zugang zu ordentlichem Raufutter, also im Weidegang im Sommer und möglichst ganzjährig Heu, haben.
Das ist die Grundlage für einen gesunden Dickdarm. Auch wenn die Stute Störungen im Fermentierungsprozess in ihrem Dickdarm noch gut kompensieren kann, sorgt eine solche Dysbiose aber dafür, dass das Fohlen von ersten Tag an große Mengen der falschen Mikroorganismen aufnimmt und diese sich in seinem Dickdarm ansiedeln. Die Besiedelung der ersten 4-5 Lebensmonate behält ein Pferd sein leben lang. Läuft es also hier schon schief, so hat man ein Fohlen, dass ein Leben lang Stoffwechselprobleme haben wird. Häufig sind diese Pferde schon in jungen Jahren auffällig mit Hufrehen, Ekzemen, auffallender Überempfindlichkeit gegen alles möglich sowie schlechtem Immunsystem. Es sind «Dauerpatienten» und daran kann auch die beste Therapie nicht wirklich etwas ändern.
Welches ist die optimale Fohlenfütterung?
Die Nährstoffversorgung über die Muttermilch ist für eine ungestörte Entwicklung des Fohlens immens wichtig, da es Beifutter noch nicht wirklich verwerten kann. Die Fütterung von den mittlerweile sehr weit verbreiteten «Fohlenmüslis» sollte sehr kritisch betrachtet werden. Sie bestehen in der Regel aus leicht verfügbaren Kohlenhydraten (geflockte Getreide, die vor allem aus teil-aufgeschlossener Stärke bestehen) sowie teilweise Milchpulver, das aus Kuhmilch gewonnen wird. Also in Summe Milchpulver mit Zucker.
Die schnellen Kohlenhydrate schon in diesem frühen Alter erhöhen das Risiko, dass das Pferd später sein Leben lang mit Übergewicht, Insulinresistenz und EMS zu kämpfen hat. Außerdem nehmen solche Fohlen sehr schnell an Gewicht zu, was sich negativ auf den Bewegungapparat auswirkt und das Auftreten von Gelenkschäden (OCD, «Chips», subchondrale Knochenzysten), sowie Wachstums- bzw. Mineralisierungsstörungen an den Knochen und auch Sehnen-/Bändernprobleme fördern kann. Ein Fohlen ist mit der Muttermilch sowie dem Heu und Weidegras, das es mitknabbert, ausreichend versorgt. Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente hat es sich schon vor der Geburt in ausreichenden Mengen über die Nabelschnur geholt und eingelagert, sodass es bis zum Beginn der eigenständigen Nährstoffverwertung mit ca. 4-5 Monaten auch damit ausreichend versorgt ist.
Das gelegentliche Rumlutschen am Salzleckstein ist in Ordnung, solange der nicht aus Langweile zu häufig frequentiert wird. Ab etwa dem 4. Monat sollte man außerdem anfangen, dem Fohlen regelmäßig ein gutes Mineralfutter anzubieten, sodass es hier ausreichend mit Mineralien und Spurenelementen versorgt ist. Außerdem brauchen auch Fohlen, die noch bei der Mutter bei Fuß laufen, schon teilweise erhebliche Mengen Wasser. Ein Fohlen kann bis zu 10L Wasser pro Tag trinken, daher sollte man darauf achten, dass es an die Tränke heran kommt. Ist diese zu hoch angebracht, dann sollte man einen Wasserkübel zur Verfügung stellen. Mit dieser Fütterung aus Muttermilch, Heu, Gras, Salzstein und Wasser sowie später Mineralfutter, ist ein Fohlen ausreichend mit allem versorgt. Hier muss man sich keine Sorge über «Mangelerscheinungen» machen.
Durchfall und andere «Kinderkrankheiten»
Fohlen werden mit einem weitgehend «blinden» Immunsystem geboren, das erstmal «sehen» lernen muss. Es muss also trainiert werden, fremde Keime wie Bakterien oder Viren zu erkennen und zu bekämpfen. Aus diesem Grund sind Fohlen – ebenso wie kleine Kinder – deutlich anfälliger für alle möglichen Krankheiten die durch den Stall gehen, von Atemwegsinfekt bis Wurmbefall. Das heisst jetzt nicht, dass man jedesmal beim ersten Huster sofort Antibiotika verbreichen sollte! Insbesondere Atemwegsinfekte, Wurminfekte, Durchfallerkrankungen und Druse gehören zum Aufwachsen dazu wie die Kinderkrankheiten beim Menschen auch.
Man muss dem Immunsystem ein gewisses Maß an Zeit geben, um seine «Widersacher» kennen zu lernen. Wird das Fohlen also krank: zeigt es Durchfall, Fieber, Husten, Abgeschlagenheit, Bewegungsunlust etc., dann sollte man das auf jeden Fall im Auge behalten und umgehend den Tierarzt darüber informieren. Aber es ist häufig nicht nützlich, sofort gegen alles Medikamente zu geben. Am besten mit dem Tierarzt darüber sprechen, was er für ein sinnvolles Vorgehen hält.
Bei Husten kann man z.B. auch mal für ein paar Tage Hustentee geben bzw. der Mutter Hustenkräuter füttern. Deren Wirkstoffe kommen auch über die Milch im Fohlen an und helfen ihm auf natürliche Weise bei der Selbstheilung. Auch bei einem milden Durchfall können Kräuter oder homöopathische Mittel als erste Unterstützung gegeben werden, damit sich der Darm wieder beruhigt. Wenn der Tierarzt entscheidet, dass das Fohlen die Krankheit nicht alleine bewältigen kann, dann sollten sinnvollerweise auch Medikamenten zum Einsatz kommen. Ein Pferd, das in seinen ersten Lebensjahren schon verschiedenste Krankheiten bewältigt hat, wird später deutlich robuster gegen Infekte sein und mit Erkrankungen leichter fertig.
Fazit
Es ist also eigentlich ganz einfach und gleichzeitig auch ein sehr komplexes Thema, ein Fohlen groß zu bekommen. Bei Fragen, Sorgen und Nöten begleiten wir gerne mit kompetenter Beratung die ersten Schritte ins neue Leben.
Mehr zum Thema: Ein Fohlen ist so gesund wie der Darm seiner Mutter oder Eiweiss in der Aufzuchtfütterung
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