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Das Speichelsyndrom, auch Slobber Syndrom genannt, tritt auf, wenn Pferde große Mengen Klee fressen, der mit dem Pilz Rhizoctonia leguminicola kontaminiert ist. Dieser Pilz produziert das Mykotoxin Slaframin, das eine verstärkte Speichelproduktion (Hypersalivation) verursacht.
Wichtig ist dabei zu betonen: Das Problem entsteht nicht durch den Klee selbst, sondern nur, wenn dieser mit dem Pilz infiziert ist. Die Aufnahme des Pilzes kann zu starkem Speichelfluss und weiteren Symptomen führen, ist jedoch in der Regel nicht lebensbedrohlich. Dennoch sollten Pferdehalter gut informiert sein, um ihre Tiere bestmöglich zu schützen.

Ursachen des Speichelsyndroms

Der Pilz Rhizoctonia leguminicola befällt vor allem Rotklee (Trifolium pratense), Bastard- oder Schwedenklee (Trifolium hybridum) und seltener Weißklee (Trifolium repens), sowie andere Leguminosen wie Luzerne.
Erkennbar ist der Pilzbefall an kleinen schwarzen Punkten – ähnlich den Flecken von Marienkäfern – die sich auf den Blättern des Klees ausbreiten.
Feuchte Bedingungen fördern das Pilzwachstum und die Slaframin-Produktion. Besonders in regenreichen Monaten im Frühling, Spätsommer und Herbst tritt das Speichelsyndrom häufiger auf, da die feuchten Wiesen das Wachstum des Pilzes begünstigen. In regenreichen Jahren kann das Risiko sogar über Monate hinweg bestehen, weshalb regelmäßige Kontrollen der Weiden erforderlich sind.

Symptome einer Slaframin-Vergiftung

Die auffälligsten Anzeichen einer Slaframin-Vergiftung sind:

  • Starker Speichelfluss: Die Pferde speicheln stark – oft mehrere Liter am Tag.
  • Mildes Unwohlsein: Die Pferde wirken oft müder und weniger aktiv.
  • Appetitlosigkeit: Einige Pferde fressen weniger oder gar nicht.
  • Verdauungsprobleme: In schweren Fällen kann es zu Durchfall kommen.

In seltenen Fällen kann es bei stark kontaminierten Weiden oder empfindlichen Pferden auch zu schwereren Symptomen wie Muskelzittern oder Koliken kommen.
Die Krankheit verläuft in den meisten Fällen jedoch mild und verschwindet, wenn das Pferd keinen kontaminierten Klee mehr frisst. Werden keine Maßnahmen ergriffen, können die Symptome jedoch unangenehm und langwierig sein.

Maßnahmen für Pferdehalter

Um das Wohl der Pferde zu sichern, gibt es einige präventive und kurative Maßnahmen, die Pferdehalter ergreifen können:

  • Weidekontrolle: Regelmäßig die Weiden auf schwarze Punkte auf dem Klee oder andere Anzeichen von Pilzbefall überprüfen, besonders in regenreichen Monaten. Auch die allgemeine Weidepflege, wie das Mulchen und die Bodenpflege (z. B. Drainage), um feuchte Bedingungen zu reduzieren, ist entscheidend.
  • Weidewechsel oder -ruhe: Bei Verdacht auf Slaframin-Befall sollten die Pferde sofort von der betroffenen Weide genommen und auf eine trockene, kleefreie Weide umgestellt werden. Auch eine Ruhepause der Weide, bis das Risiko abgeklungen ist, kann hilfreich sein.
  • Heu als Futteralternative: In feuchten Jahreszeiten oder bei Verdacht auf Slaframin-Kontamination ist Heu eine sichere Futteralternative. Im Spätsommer bzw. Herbst – insbesondere bei feuchter Wetterlage –  sollten Pferde rechtzeitig abgeweidet werden.
  • Kleeanteil minimieren: In Gegenden mit hohem Pilzrisiko kann es sinnvoll sein, den Kleeanteil aktiv zu reduzieren. Regelmäßiges Mulchen oder Ausstriegeln des Klees im Frühjahr und Herbst, kombiniert mit dem Nachsäen von widerstandsfähigen Grasarten, hilft, den Pilzbefall zu minimieren.
  • Tierärztliche Beratung: Bei starkem Speichelfluss sollte immer ein Tierarzt hinzugezogen werden, um schwerere Gesundheitsprobleme auszuschließen. Meist ist zwar keine medikamentöse Behandlung nötig, da die Symptome nach Entfernen der Pilzexposition abklingen, doch ein Tierarzt kann dies am besten beurteilen.
  • Wasserversorgung sicherstellen: Aufgrund des hohen Flüssigkeitsverlusts durch den übermäßigen Speichelfluss sollte auf eine ausreichende Wasserversorgung geachtet werden. Frisches Wasser sollte jederzeit verfügbar sein, um Dehydrierung zu verhindern.
Pferd auf der Kleeweide
Aufgrund seiner Nährwerte ist Klee in größeren Mengen generell eher ungeeignet für Pferde. Besonders aufpassen sollte man bei regenreichem Wetter, da dann die Gefahr besteht, dass der Klee mit einem Pilz kontaminiert ist. © Adobe Stock / Phil Cardamone

Ein Fallbeispiel

Vor einigen Jahren kam in einem Betrieb am Bodensee die scheinbar einfachen Frage auf: Gibt es auf der Weide giftige Pflanzen, die den Pferden schaden könnten, oder können sie bedenkenlos auf diese gestellt werden? Bei der Untersuchung der Weide fiel auf, dass es sich um eine überständige Herbstweide handelte. Die Gräser standen bereits in der Blüte, einige Horstbildner waren verpilzt, und die Blätter zeigten Anzeichen von Verfall. Auch Leguminosen wie Winterwicke und verschiedene Kleearten waren auf der Weide zu finden.

Der Ratschlag lautete zunächst, die Schoten der Winterwicke zu entfernen, um eine mögliche Beeinträchtigung des Methionin-Stoffwechsels der Pferde zu vermeiden. Dabei wurde jedoch übersehen, dass sich auf den Rot- und Bastardkleearten kleine schwarze Punkte befanden, ein typisches Anzeichen für einen Pilzbefall.

Drei Tage später meldete sich die Betriebsleiterin mit der Nachricht, dass alle Pferde erkrankt seien. Der Tierarzt, der bereits vor Ort war, hatte die Vermutung geäußert, dass die Wicke giftig sein könnte, und verabreichte Cortison. Wissenschaftliche Beiträge, die zur Winterwicke herangezogen wurden, zeigten jedoch ein anderes Symptombild als das, das die Pferde aufwiesen.

Die Lösung des Rätsels kam schließlich durch eine Anfrage des Tierarztes an die ETH Zürich: Es handelte sich um eine Slaframin-Vergiftung, auch bekannt als Speichelkrankheit.

Da das Krankheitsbild noch relativ unbekannt ist, kommen solche Missverständnisse und Fehldiagnosen häufig vor. Deshalb können die Symptome der Erkrankung leicht mit anderen Vergiftungen verwechselt werden.


Fazit

Slobber Syndrom oder auch Speichelsyndrom ist in regenreichen Jahren eine relativ häufige, meist jedoch harmlose Erkrankung bei Pferden, verursacht durch den Pilz Rhizoctonia leguminicola und das von ihm produzierte Mykotoxin Slaframin.

Ein aktives Weidemanagement, regelmäßige Kontrollen der Weiden auf Pilzbefall sowie die rechtzeitige Umstellung auf Heu können helfen, die Gesundheit der Pferde zu schützen.
Bei feuchtem Klima und hoher Pilzgefahr ist Vorsicht das oberste Gebot.
Zudem ist es ratsam, sich über neue Forschungsergebnisse zu informieren, da dieses Krankheitsbild noch relativ neu und vielen Tierärzten und Pferdehaltern unbekannt ist.

Helmut Muß