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Jeden Sommer kommen mit dem wärmeren Wetter auch gleichzeitig die fiesen kleinen Krabbeltiere. Von lästigen Fliegen bis stechenden Mücken werden die Pferde geplagt und reagieren genervt bis panisch.
Bei vielen kommen irgendwann allergische Reaktionen gegen den Mückenspeichel dazu, was dann Sommerekzem auslöst und oft nur noch durch das Eindecken mit Ekzemerdecken unter Kontrolle gehalten werden kann. Auch wenn es optisch erstmal hilft: Unter Ekzemerdecken kann es an heißen Sommertagen zu schrecklichem Hitzestau kommen, da die Pferde nicht mehr durch Schwitzen ihre Temperatur vernünftig runterkühlen können, was massiven Stress für das Herz-Kreislauf-System bedeutet.

Keine Wirkung ohne Nebenwirkung

Dass Fliegensprays nicht immer besonders gesundheitsfreundlich sind, hat sich auch schon rumgesprochen, vor allem wenn sie den Wirkstoff Permethrin enthalten. Natürliche ätherische Öle helfen meist nur zeitlich sehr begrenzt, da sie spätesten mit dem Schwitzen des Pferdes schnell verfliegen und die Wirkung dahin ist.

Daher sind viele Pferdehalter auf der Suche nach einem „Schutz von Innen“, also einem „Wunderfuttermittel“, welches das Pferd möglichst 24/7 vor Insektenbefall schützt.
Knoblauch erfreut sich vor diesem Hintergrund seit Jahren größter Beliebtheit. Aber wirkt er tatsächlich? Und welche Nebenwirkungen bringt er mit sich? Denn auch bei pflanzlichen Produkten gilt grundsätzlich: keine Wirkung ohne Nebenwirkung.

Knoblauch ist eine traditionelle Gewürz- und Heilpflanze

Jeder kennt Knoblauch natürlich aus der Küche und man möchte seinen aromatisch-scharfen Geschmack in vielen Gerichten nicht missen. Dabei wird Knoblauch aber auch schon seit Jahrhunderten als Heilpflanze eingesetzt. Seine Wirkstoffe haben nachweislich unter anderem entzündungshemmende, antimikrobielle, blutzucker- und blutdrucksenkende Eigenschaften. Entsprechend breit ist das Einsatzgebiet – von Entzündungen im Zahnbereich bis zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die als Folge von erhöhtem Blutdruck entstehen. Bei Wiederkäuern und auch  bei Pferden ist eine Wirkung gegen Darmparasiten, vor allem Strongyliden, nachgewiesen, weshalb Knoblauch auch häufig in antiparasitären Kräutermischungen enthalten ist.

Frischer Knoblauch vor einem Hintergrund auch Holz
Knoblauch ist eine vielseitige Heilpflanze, jedoch sollte er nicht in großen Mengen verfüttert werden, da dies Nebenwirkungen mit sich bringen kann.
© Adobe Stock / trotzolga

Knoblauch im Futter wirkt leider nicht gegen Insekten

Obwohl sich in Social Media und Reiterstübchen hartnäckig das Gerücht hält, dass gefütterter Knoblauch ein hervorragendes Insektenrepellent sei, wird dies jedoch – im Gegensatz zu seinen vielen anderen nachgewiesenen Eigenschaften – nicht durch wissenschaftlichen Studien gestützt. Es gibt nur relativ wenige Untersuchungen, welche mit oral aufgenommenem Knoblauch arbeiten und  nicht mit von außen aufgesprühtem Knoblauchöl, welches – wie alle ätherischen Öle – relativ schnell verfliegt und daher keinen zuverlässigen 24h Schutz bietet. Eine Untersuchung beim Menschen, die Knoblauchpräparate zu Essen bekamen und anschließen gezielt Mücken ausgesetzt wurden, konnte keinerlei Unterschied zwischen der Versuchs- und der Plazebo-Gruppe feststellen. Beide wurden gleich oft gestochen und die gleiche Blutmenge von den Mücken aufgenommen. Nicht einmal die Folgen des Mückenstichs, was Größe und Juckreiz anging, unterschied sich. Was erträgt man nicht alles für die wissenschaftliche Erkenntnis! Untersuchungen an Rindern im Bezug auf stechende Fliegen konnten ebenfalls keinerlei Unterschied zwischen Versuchs- und Placebo-Gruppe feststellen. Man muss also festhalten, dass ein kleiner Effekt des Knoblauchs vielleicht auf Fliegen im Gesicht besteht, wenn die Pferde den Knoblauch gerade gefressen haben und eine entsprechende „Knobifahne“ aus dem Maul kommt, bis die ätherischen Öle verflogen sind. Aber einen Schutz gegen stechende Insekten bietet das Füttern von Knoblauch leider überhaupt nicht.

Knoblauchfütterung beim Pferd ist ein Gesundheitsrisiko!

Während ein Schutz gegen Fliegen oder Mücken nicht nachgewiesen werden konnte, ist schon seit über 20 Jahren die negative Wirkung von Knoblauch auf die Blutwerte des Pferdes bekannt. Füttert man Knoblauch in Mengen, dass die Pferde beginnen, den Geruch über die Haut auszudünsten, provoziert man eine Anämie, was sich negativ nicht nur auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch auf alle Stoffwechselprozesse im Körper auswirkt, die auf Sauerstoff angewiesen sind. Damit kann die Knoblauchfütterung erhebliche negative Effekte auf den Gesamtstoffwechsel haben, insbesondere wenn sie über längere Zeiträume praktiziert wird, beispielsweise den ganzen Sommer. Daher ist von einer Knoblauchfütterung als Insektenrepellent dringend abzuraten: keine erwünschte Wirkung, aber heftige Nebenwirkung.

Was hilft wirklich gegen stechende Insekten?

Alle blutsaugenden Insekten haben verschiedene Rezeptoren, um ihre potenzielle Beute zu identifizieren. Für eine Mücke ist es dabei wichtig, ein Tier auszuwählen, das mit der Blutmahlzeit möglichst viele Nährstoffe liefert. Deshalb ist tatsächlich etwas dran, wenn der Volksmund sagt, dass diejenigen mit dem „süßen Blut“ besonders gern gestochen werden. Hohe Blutzuckerspiegel sorgen für einen ausgesprochen attraktiven Geruch, der stechende Insekten wie ein Magnet anzieht. Hier kann man als Pferdebesitzer schon ansetzen, indem man offene Zucker (z.B. Getreide, Melasse) und „versteckte“ Zucker (z.B. Apfeltrester, Rübenschnitzel, Obst, Gemüse etc.) in der Fütterung vermeidet. Auch der säuerliche Geruch des Pferdes, der mit der Fütterung von Heulage einhergeht, wirkt auf Insekten attraktiv.  Füttert man neben einer stärke- und zuckerarmen Ernährung dann noch kurweise bittere Kräutermischungen zu, dann verändert man den Geruch des Pferdes nochmal hin zu unattraktiv  für die fliegenden Plagegeister. 

So kann man auf der Weide beobachten, dass Pferde, die artgerecht ausschließlich mit Heu, etwas Weidegras und Mineralfutter ernährt werden und abends eine Handvoll Bitterkräuter im Trog haben, deutlich weniger Fliegenbefall aufweisen als Pferde, die den Winter über Heulage bekommen haben oder solche, die am Abend ihr süßes Müsli oder Mash bekommen. 

Fazit: 

Man kann mit Fütterung gegen Insektenbefall vorgehen, aber im Vordergrund steht hier eine artgerechte Grundversorgung. Knoblauchhaltige Futtermittel helfen leider nicht, die Mücken- und Fliegenplage zu vertreiben, sondern sorgen eher für Anämie mit allen gesundheitlichen Folgeproblemen.

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Team Sanoanimal