Seit ein paar Jahren gerät in den Ländern außerhalb von Deutschland der Überschuss an Eisen im Pferdefutter immer mehr in den Fokus besorgter Pferdehalter.
Die Überladung des Stoffwechsels mit dem im Futter übermäßig vorhandenen Eisen wird verantwortlich gemacht für vielerlei körperliche Symptome wie mangelhafte Immunabwehr, Stoffwechselprobleme und Entwicklungsstörungen bei Jungpferden.
Als Hauptsymptom für die Eisenüberladung aber gilt schlechtes Hufhorn.
In der Folge versuchen immer mehr Pferdebesitzer ihre Pferde mit Futter, das möglichst niedrige Eisengehalte aufweist bzw. mit möglichst eisenfreien Mineralfuttern oder Zusatzfuttermitteln, zu ernähren.
Deshalb schauen wir uns dieses Spurenelement, das natürlicherweise in allen grünen Pflanzen in großen Mengen vorkommt, mal etwas genauer an.
Eisen ist ein essenzielles Spurenelement
Bei Eisen handelt es sich um ein essenzielles Spurenelement, das im mg Bereich vom Körper pro Tag gebraucht wird, bei einer Überladung oder Überversorgung aber tatsächlich schwerwiegende körperliche Symptome hervorrufen kann.
Die Eisenaufnahme aus dem Futter über die Darmwand wird deshalb über ein Hormon namens Hepcidin sehr streng kontrolliert.
Eisen ist im Körper vor allem für den Transport bzw. die Speicherung von Sauerstoff im Blut und im Muskel zuständig, und zwar in Form von Hämoglobin und Myoglobin. Leber, Milz und Muskeln – also die Organe, die unter anderem Blut speichern und bei Bedarf dem Körper zur Verfügung stellen können – stellen entsprechend drei Viertel des gesamten Eisenpools eines Pferdes dar. Ein beträchtlicher Anteil des Eisens ist in den Makrophagen in der Leber und Milz vorhanden, wodurch es zu einem bedeutenden Element des Immunsystems des Pferdes wird.
Eisen spielt darüber hinaus in einigen Enzymen eine Rolle und ist somit für verschiedene Stoffwechselvorgänge im Körper eines Pferdes verantwortlich. Als Lactoferrin hat es beispielsweise eine bakterizide Wirkung, was wiederum die Verbindung zur Immunabwehr aufzeigt.
Nur 10% des in der Nahrung vorkommenden Eisens werden resorbiert
Die Aufnahme von Eisen erfolgt grundsätzlich im Dünndarm. Hier wird Fe3+ zunächst zu Fe2+ reduziert, bevor es über den Eisentransporter beziehungsweise den Metalltransporter 1 DMT-1 in die Enterozyten, also die Wandzellen des Dünndarms, transportiert wird. Dort landet es zunächst im labilen Eisenpool, der einen Zwischenspeicher darstellt. Bei Bedarf wird dann Eisen über den Transporter Ferroportin aus den Enterozyten in das Blut übernommen.
Geregelt wird die Aufnahme von Eisen aus dem labilen Eisenpool der Enterozyten über das Hormon Hepcidin, das in der Leber gebildet wird. Die Leber ist deshalb prädestiniert, die Eisenaufnahme zu steuern, da sie einer der größten Eisenspeicher im Körper ist und damit als erstes die Information bekommt, wenn die Eisenspeicher sich leeren. Bei genügend Eisen im Körper wird mehr Hepcidin gebildet, und die Eisenaufnahme wird gestoppt.
Ist Eisen im Mangel im Körper wird die Hepcidin Produktion in der Leber heruntergefahren und die Aufnahme von Eisen aus den Enterozyten über Ferroportin gefördert. Im Blut wird das Eisen an Transferrin gebunden transportiert und steht jetzt bereit für die Aufnahme in die Zellen, beispielsweise die Hepatozyten der Leber.
Nur 10% des im Futter enthaltenen Eisens wird vom Pferd überhaupt resorbiert. Das ist deshalb sinnvoll, da grüne Pflanzen große Mengen an Eisen enthalten. Es wird von ihnen benötigt, um den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll aufzubauen, der seinerseits die Pflanze in die Lage versetzt, Sonnenlicht in chemische Energie (Zucker) umzuwandeln, was als Photosynthese bezeichnet wird. Pferde nehmen also bei einer natürlichen Ernährung deutlich mehr Eisen aus ihrem Grundfutter auf, als ihr eigener Körper benötigt. Deshalb haben sich im lauf der Evolution Mechanismen etabliert, die eine Überladung des Stoffwechsels mit diesem Spurenelement verhindern.
Pferde benötigen, je nach nach Alter und Nutzung des Pferdes, zwischen 400 und 500 Milligramm Eisen pro Tag. Die empfohlene Zufuhr liegt entsprechend bei 40 Milligramm Eisen pro Kilo Futter-Trockensubstanz.
Pferde können hohe Eisengehalte im Futter gut regulieren
Wenn wir uns die Werte im Grundfutter anschauen, dann sehen wir, dass die Eisengehalte stark schwanken und oft diese 400mg pro Tag bei weitem überschreiten. Pferde sind aber seit je her daran gewohnt mit den hohen Eisengehalten in der Nahrung klarzukommen. Die Aufnahme des Eisens wird so streng reguliert, dass ein Überschuss an Eisen aus dem Futter unter normalen Bedingungen nicht vorkommt, sofern das Pferd gesund ist.
Problematisch kann es jedoch werden, wenn Eisen vom Menschen, zum Beispiel als Eisenchelat (also in organischer Form) zugefüttert wird. Denn solche organischen Spurenelemente umgehen die natürlichen Regelmechanismen für die Mineralstoffaufnahme. Entsprechend wird Eisenchelat nicht über den normalen Weg aufgenommen, den das in Pflanzen vorkommende Fe3+ bzw. Fe2+ nimmt. Stattdessen wird es über den Aminosäuretransporter im Darm aufgenommen, so dass eine höhere Hepcidin-Ausschüttung praktisch ins Leere läuft, denn der Aminosäuretransporter reagiert nicht auf Hepcidin.
Überschüssig aufgenommenes (organisches) Eisen kann nicht wieder ausgeschieden werden!
Der Körper kann überschüssig aufgenommenes Eisen – im Gegensatz zu anderen Spurenelementen wie Zink oder Kupfer – nicht wieder über die Niere oder den Darm aus dem Körper entfernen. Einmal aufgenommen, wird es in der Leber eingelagert oder für die entsprechenden Stoffwechselprozesse benutzt. Diese Einlagerung in der Leber führt bei Fütterung von organischem Eisen (Eisenchelat) irgendwann durch den ständigem Eisenüberschuß zu einer Leberentzündung. Reagiert man hier nicht, folgen irgendwann Leberversagen und der Tod des Pferdes.
Bei so einer regelrechten Vergiftung mit Eisen kann dem Pferd nur noch mit dem sofortigen Absetzen des Futters, welches organisches Eisenchelat enthält, sowie der Gabe von Eisenchelatoren durch den Tierarzt geholfen werden. Solche Eisenchelatoren sind in der Lage, das Eisen im Blut abzubinden. Diese Ereignisse sind aber extrem selten und in der Regel über die Zufuhr von organischem Eisen aus Mineral- oder Zusatzfuttermitteln verursacht. Aber auch Brunnenwasser hat in Gegenden, in denen viel Eisen im Boden vorkommt, oftmals sehr hohe Eisengehalte, nicht zuletzt in Folge der Düngung umgebender landwirtschaftlicher Flächen.
Machmal werden auch gezielt Eisenpräparate den Pferden gegeben, da diese laut Blutbild unter einer Anämie (Blutarmut) leiden. Hier wäre es jedoch ratsam zunächst einmal die Ursache für die Anämie zu finden und einen tatsächlichen Eisenmangel von einer geringen Anzahl an Erythrozyten und/oder niedrigen Hämoglobinwerten abzugrenzen, die auch andere Ursachen als einen Eisenmangel haben können.
Darüber hinaus können auch chronische und akute Entzündungen zu niedrigen Eisenwerten im Blutbild führen. Hier versucht der Körper oft, durch einen selbst-induzierten Eisenmangel die Entzündung zu beseitigen, was eine Anämie zur Folge hat. Behandelt man die Entzündung, erledigt sich auch die Anämie von selbst. Hier wäre also eine Eisensubstitution eher kontraproduktiv.
Schlechte Hornqualität ist keine Folge von Eisenüberladung
Die weit verbreitete Vermutung, dass überschüssiges Eisen in der Nahrung bei Pferden zu schlechten Hufhornqualitäten führt, ist sicher eine verdrehte Auslegung der Kausalketten. Bei metabolischem Syndrom und bei Insulinresistenz sind oft die Ferritin-Werte im Blut erhöht. Diese Erhöhung resultiert aber aus einem entgleisten Stoffwechsel und nicht aus einer übermäßigen Eisenzufuhr. Deshalb führt auch hier der Weg nicht über eine reduzierte Eisenaufnahme bzw. reduzierte Mengen an Eisen im Futter, sondern über eine artgerechte Ernährung und vermehrte Bewegung hin zu einem gesunden Pferd.
Bekommt man die Insulinresistenz oder das metabolische Syndrom mit den passenden therapeutischen Maßnahmen in den Griff, kommen auch die Ferritinwerte wieder auf ein normales Level – ganz unabhängig von den Eisenwerten im Futter (sofern kein Futter mit organischem Eisenchelat gegeben wird).
Lediglich bei vermehrter Aufnahme von Häm-Eisen, das nur in Fleischprodukten enthalten ist, konnte gezeigt werden, das ein höheres Risiko für einen Typ-II Diabetes besteht, was natürlich für Pferde als reine Pflanzenfresser keinerlei Relevanz hat.
Schlechte Hufhornqualität kann viele Ursachen haben, die aber alle nichts mit der Eisenaufnahme über das Futter zu tun haben. Dazu gehören neben den Folgeerkrankungen des metabolischen Syndroms und der Insulinresistenz auch die Fütterung von organischem Selen (Selenocystein, Selenomethionin, Selenhefe) oder ein Mangel an Schwefel, der wiederum in vielen Fällen mit Fehlgärungen (Dysbiosen) im Dickdarm, Darmschleimhautentzündungen oder Entgiftungsstörungen im Sinne einer Kryptopyrrolurie (KPU) zusammenhängt.
Auch Zinkmangel trägt zu schlechter Hornqualität bei, ebenso wie unsachgemäße Bearbeitung, ungünstige Bodenbedingungen (z.B. ständige Feuchtigkeit oder zu lange andauernde Trockenheit) oder Bewegungsmangel. Ein Eisenüberschuss, wie er durch die Fütterung von organischem Eisen aus Mineral- oder Zusatzfuttermitteln provoziert werden kann, führt primär zu Leberversagen, aber nicht zu schlechtem Hufhorn.
Normale Ernährung führt zu keinem Eisenüberschuss
Wenn also das Pferd ganz normal mit Heu oder Gras ernährt wird (das man im Zweifel ebenfalls auf den Eisengehalt untersuchen lassen kann, sich aber nicht über die gegebenenfalls hohen Werte wundern sollte), Leitungswasser oder Brunnenwasser einwandfreier Qualität bekommt und ein Mineralfutter mit einer anorganischen Eisenquelle erhält, ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Brunnenwasser sollte sowieso in regelmäßigen Abständen auf Qualität und Mineraliengehalt überprüft werden – Leitungswasser aus dem öffentlichen Versorgungssystem wird in den meisten Ländern automatisch von den Wasserversorgern überwacht.
Fazit
Eisenchelat, also organisch gebundenes Eisen, hat in der Pferdeernährung generell nichts verloren, aufgrund der nicht vorhandenen Fähigkeit, Eisen wieder aus dem Körper zu entfernen. Die Regulation der Eisenwerte in Blut und Geweben findet beim Pferd über die streng regulierte Aufnahme statt und nicht über eine vermehrte oder reduzierte Abgabe, daher darf man die Aufnahmeregulation auf keinen Fall austricksen durch die Gabe von organischen Varianten.
Und wenn das Pferd viele mineralisierte Zusatzfuttermittel bekommt, lohnt es sich vielleicht, generell einmal zusammenzurechnen, was und wie viel denn jeden Tag ins Pferd kommt. Oft genug stellt man dann fest, dass ganz andere Mineralien im Überschuss oder im Mangel oder in nicht gut verträglichen Formen (v.a. organische Verbindungen) enthalten sind, welche den Stoffwechsel durcheinander bringen und sichtbare Symptome verursachen können.
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