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Kräutersteckbrief

Deutscher Name

(Acker-) Schachtelhalm, auch Zinnkraut genannt. Verwandte: Sumpf-, Teich-, Winter- und Riesenschachtelhalm.

Lateinischer Name

Equisetum Arvense

Traditionelle Anwendung

Schachtelhalm wird in der Volksmedizin gegen Nieren- und Blasenbeschwerden sowie bei Lymphstau / Wasseransammlungen verwendet. Auch bei Rippenfellentzündung beim Menschen sowie chronischer Nasenschleimhautentzündung kann er angewendet werden. Weitere Einsätze findet die Pflanze zur Stabilisierung des Bindegewebes (z.B. bei Cellulite) oder äußerlich zum Auswaschen von schlecht heilenden Wunden.

Wirkt antioxidativ, antimikrobiell, entzündungshemmend, schmerzstillend, antidiabetisch, harntreibend / diuretisch, beugt der Entstehung von Harngrieß / Harnsteinen vor, schützt die Leberzellen, relaxierende Wirkung auf die glatte Muskulatur (v.a. Blutgefäße, Verdauungstrakt), fördert die Wundheilung, beugt Blutplättchenaggregation und Thrombosen vor, fördert die Knochenregeneration, erhöht die kognitive Leistungsfähigkeit, wirkt gegen einige Krebsarten. Enthält Kieselsäure, Phytosterole, Phenole, Tannine, Saponine, Flavonoide, Triterpene, ätherische Öle und relativ viel Kalium. Besonders bekannt für einen hohen Gehalt an Silikaten (5-10% SiO2), vor allem Kieselsäuren.

Kontraindikationen

Achtung: Der harmlose und gesunde Ackerschachtelhalm kann leicht verwechselt werden mit giftigen Sumpfschachtelhalm, welcher selbst in getrocknetem Zustand im Heu noch Vergiftungen hervorrufen und zu Ataxien, Krämpfen und sogar bis zum Tod führen kann. Bei bekannten Herz- und Nierenerkrankungen sollte Ackerschachtelhalm nur mit Bedacht eingesetzt werden, da durch den diuretischen Effekt vermehrt Kalium ausgespült werden kann. Da Ackerschachtelhalm in geringen Mengen Nikotin enthält, sollte er vorsichtshalber nicht an tragende oder laktierende Stuten verfüttert werden.

Wann wird gesammelt

(Acker-) SchachteSprossen werden von Mai bis Juni gesammelt – dann sind noch die löslichen Vorstufen der Kieselsäure enthalten.

Welche Pflanzenteile werden verwendet

Der oberirdische Teil, ganze Pflanze

Wie wird sie zubereitet

Frisch oder getrocknet, als ganze Pflanze gefüttert oder als Tee aufgegossen. Zum Spülen von schlecht heilenden Wunden wird der Ackerschachtelhalm vorher als Tee zubereitet

Trivia

Kommt in ganz Europa, Asien und Nordamerika in den warmen Zonen bis weitreichend in die Arktis vor. Schachtelhalme gehören zu den ältesten Pflanzenarten, die im Karbon die Größe von Bäumen hatten und ganze Wälder gebildet haben. Schachtelhalme blühen nicht und bilden keine Samen, sie vermehren sich stattdessen über Sporen, genauso wie Farne (die ebenfalls zu den Urzeitgewächsen gehören). Wurde aufgrund des hohen Gehalts an Kieselsäure früher zum Schrubben von Töpfen und zum Polieren von Zinngeschirr und Holz verwendet. Im Garten wirkt das Einsprühen mit Ackerschachtelhalm-Tee als natürliches Pflanzenschutzmittel gegen Mehltaubefall bei Gurken, Tomaten, Rosen und Wein. Kann sich über Rhizome extrem schnell und hartnäckig an seinem Standort ausbreiten.

Historischer Kontext und Kuriositäten

Die Schachtelhalme gehören zu den ältesten Pflanzen auf unserem Planeten. Bereits vor 300 – 400 Millionen Jahren dominierten Sie die Wälder der Karbonzeit. Ein großer Teil unserer heutigen Kohlevorkommen ist also eigentlich versteinerter Schachtelhalm, denn damals erreichten diese Pflanzen eine Größe von ca. 30 Metern. Dagegen ist der uns als „Ackerschachtelhalm” bekannte Nachfahre mit einem halben Meter maximaler Höhe eher ein Winzling.

Allgemeine Informationen zum Schachtelhalm

Ihren Namen erlangte die Pflanze aufgrund ihres Aussehens, da die Stängel einzelne, halmförmige Seitentriebe besitzen, welche ineinander geschachtelt sind. Aufgrund ihres Standortes erhielt sie den Namensteil „Acker“, wobei sie als Zeigerpflanze für einen schlecht durchlüfteten und stark verdichteten (Acker-)Boden gilt.

Ihr lateinischer Name Equisetum arvenis bildet sich aus den Worten equus (Pferd) sowie seta (Borste, Haar), was zusammen so etwas wie „Pferdeschwanz“ bedeutet und wieder auf die Form der Pflanze zurückgeht. Der Artname arvenis bedeutet „Acker“ und bezieht sich auch hier auf den Standort.

Zinnkraut als Küchenhelfer

Einige kennen den Ackerschachtelhalm auch unter der Bezeichnung „Zinnkraut“. Diesen Namen erhielt die Pflanze, da sie wegen ihrer körnigen Struktur als Poliermittel für Zinngeschirr verwendet wurde, das vor allem den Wohlstand des Bürgertums und reicher Bauern zeigen sollte, die nicht das einfache Holz- oder Keramikgeschirr der armen Leute verwenden wollten, sich aber Silbergeschirr dann doch nicht leisten konnten. Mit dem Zinnkraut konnte das Zinngeschirr so auf Hochglanz poliert werden, dass es fast wie Silbergeschirr aussah. Diese Fähigkeit verdankt der Ackerschachtelhalm der enthaltenen Kieselsäure und ihren Salzen, mit denen die Pflanze ihre Zellwandstrukturen festigt. Sie sind auch der Grund für die spröde Struktur der Pflanze.

Therapeutische Anwendung von Ackerschachtelhalm

Wie so viele andere unserer Heilpflanzen, ist auch der Ackerschachtelhalm schon sehr früh aufgrund seiner medizinischen Wirkungen vom Menschen verwendet worden. Bereits in der Antike wurde er als Mittel zur Blutstillung eingesetzt. Dann geriet er offenbar ziemlich in Vergessenheit und erst im 19. Jahrhundert fand die Pflanze erneut in die Heilkunde zurück. Sie wurde ab dann von Pfarrer Kneipp zur Behandlung von Rheuma und Gicht sowie zur besseren Wundheilung empfohlen.

Und auch heute noch wird Ackerschachtelhalm zur durchspülenden Therapie bei Harnwegs- und Nierenerkrankungen eingesetzt, da die enthaltenen Flavonoide und der hohe Kaliumgehalt eine ausschwemmende Wirkung haben. Bei eingeschränkter Herz- sowie Nierentätigkeit sollte jedoch auf die Therapie mit der Pflanze verzichtet werden. Der hohe Gehalt an Kieselsäuren unterstützt außerdem die Regeneration und Festigung des Bindegewebes.

Der Ackerschachtelhalm findet in der Tierheilkunde vielseitige Anwendung, wobei die Anwendungsbereiche von der äußerlichen Behandlung bei Wunden und Augenerkrankungen bis hin zur inneren Verabreichung bei Harnwegsinfekten oder Ödemen reichen.

Sumpfschachtelhalm – der giftige Bruder

Es ist jedoch Vorsicht geboten! Denn der gesunde Ackerschachtelhalm kann allzu leicht mit dem giftigen Sumpfschachtelhalm verwechselt werden. Deshalb ist vom Sammeln in der Natur abzuraten, denn nur der Standort allein verrät nichts darüber, ob es sich um Acker- oder Sumpfschachtelhalm handelt; so kann der Ackerschachtelhalm auch an sumpfigen Bachufern vorkommen oder der Sumpfschachtelhalm sich bis auf trockene Wiesen ausbreiten. Unterscheiden kann man beide Arten an der Länge der Stängelscheiden im Verhältnis zu den Seitentrieben.

Stil eines schachtelhalms mit schwarzen Linien
Ein einfacher Trick zur Identifizierung von Sumpf- und Ackerschachtelhalm ist der Reißtest. Die Arten können an der Länge der Stängelscheiden im Verhältnis zu den Seitentrieben erkannt werden. Auch das erfordert Erfahrung. Ist man sich nicht sicher, dann sollte man die Finger von den Pflanzen lassen. ©️ Adobe Stock / Rüdiger Jahnke

Beim Ackerschachtelhalm sind die Stängelscheiden kürzer als das erste Glied der dazugehörigen Seitentriebe, während es beim Sumpfschachtelhalm genau andersrum ist. Es braucht etwas Erfahrung, um die Arten dann sicher auseinander halten zu können. Ist man sich nicht sicher, dann sollte man die Finger von den Pflanzen lassen. Denn sammelt man den falschen Schachtelhalm, dann ist dieser auch im getrockneten Zustand noch stark giftig und kann bis zum Tod des Pferdes führen. Deshalb ist es meist sinnvoller, auf im Fachhandel gekauften Ackerschachtelhalm zurückzugreifen, wenn man sich nicht 100% sicher sein kann, diese beiden sehr ähnlichen Arten auseinander halten zu können.

Schachtelhalmvergiftung

Der Sumpfschachtelhalm (Equisetum palustre) führt zur sogenannten Schachtelhalmvergiftung, die beim Pferd mit Ataxien und Krämpfen einhergeht und bis zum Tod des Tieres führen kann. Bei Pferden wurden außerdem Unterkühlungen im Bereich von Hufen, Ohren und Schnauze beobachtet. Auch fortschreitender Gewichtsverlust kann eine Folge sein, vor allem bei chronischer, subklinischer Vergiftung mit Sumpfschachtelhalm.

Dies wurde unter anderem im Jahr 1952 durch Forenbacher an 50 Pferden mit spontaner und zwölf Pferden mit einer experimentell ausgelösten Vergiftung untersucht. Durch die im Sumpfschachtelhalm enthaltenen Thiaminasen wird Vitamin B1 (Thiamin) zerstört und es kommt zu Mangelerscheinungen. Um den Vitaminmangel zu belegen, wurde das Vitamin bei vergifteten Pferden zugefüttert und die Symptome wurden verhindert bzw. der Verlauf der Erkrankung unterbrochen.

Sumpfschachtelhalm stört den Energiestoffwechsel

Die B-Vitamine sind eine große Gruppe sehr unterschiedlicher Vitamine, die meist im Verbund aktiv sind. Ohne die B-Vitamine laufen im Pferdekörper fast keine biochemischen Prozesse ab. Entsprechend wichtig ist auch das als Thiamin bezeichnete Vitamin B1, vor allem für den Energiestoffwechsel der Zellen. Deshalb haben Sportpferde auch einen deutlich höheren Bedarf als Freizeitpferde, da sie mehr Energie verbrauchen. Thiamin wird vom Mikrobiom des Pferdes vor allem im Blinddarm produziert und vom Pferd resorbiert.

Entsprechend ist ein gesundes Pferd eigentlich immer ausreichend mit Vitamin B1 versorgt und eine Zufütterung überflüssig. Die Ausnahme sind Pferde, die Heu gefressen haben, das Adlerfarn oder Sumpfschachtelhalm enthielt. Durch diese entsteht ein akuter Thiaminmangel und man muss tierärztlich versuchen, diese durch hochdosierte Gaben von Vitamin B1 aufzuhalten, bis der natürliche Entgiftungsstoffwechsel der Pferde die Thiaminasen der Giftpflanzen abgebaut und ausgeschieden haben.

Hier heißt es also Augen offenhalten, was auf den Wiesen wächst und was ich in meinem Heu finde. Während der Ackerschachtelhalm eine nützliche Pflanze ist, die selbst in großen Mengen keine toxische Wirkung entfaltet, gehört Sumpfschachtelhalm weder in den Trog noch in die Raufe und auch auf den Weiden möchte man ihn nicht sehen.

Anwendung von Ackerschachtelhalm beim Pferd

Gefüttert wirkt der Schachtelhalm beim Pferd vor allem harntreibend und damit entgiftend sowie entzündungshemmend und eignet sich insbesondere für stark lymphatische Pferde oder solche, die zu angelaufenen Beinen neigen, da deren Bindegewebe von den Kieselsäuren profitiert. Für ein ausgewachsenes Pferd gibt man 25 – 50g pro Tag, trocken zum Futter, in einer Mischung mit anderen Kräutern oder als Tee (1-2 EL mit 1 L Wasser aufgießen und 30min ziehen lassen oder über Nacht als Kaltauszug). Ponys erhalten je nach Größe weniger. Den Tee kann man – abgekühlt – auch sehr gut zum Spülen von Wunden verwenden, da er blutstillend und adstringierend wirkt sowie den Hautstoffwechsel anregt, was die Wundheilung fördert.

Quellen

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Weitere Kräutertipps gibt es hier: Sanoanimal Kräutertipps in der Pferdefütterung