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Kräutersteckbrief Weide

Deutscher Name

Weide

Lateinischer Name

Salix

Traditionelle Anwendung

Eingesetzt bei Fieber, Erkältungen und Rheuma.

Wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung(en)

Rinde: entzündungshemmend, harntreibend, schmerzstillend, blutverdünnend Kann eingesetzt werden bei Hufrehe oder fiebrigen Erkrankungen. Enthält Gerbstoffe und Glykoside, Salicylsäure (pflanzliches Aspirin), Flavonoide

Kontraindikationen

Kann Lahmheiten überdecken. Nicht bei vorliegen blutender Wunden (auch offene Magengeschwüre!)

Wann wird sie gesammelt?

Frühling

Welche Pflanzenteile werden verwendet?

Rinde zwei- bis dreijähriger Zweige v.a. von Silber-, Purpur- oder Bruchweide

Wie wird sie zubereitet

Tee, frisch oder getrocknet

Trivia

Kopfweiden in der Nähe von Ortschaften wurden für die Weidezweig-Gewinnung v.a. zum Korbflechten angesiedelt Gegabelte Weidenzweige wurden oft zum Suchen von Wasseradern oder Quellen („Wünschelrute“) verwendet Pionierpflanze, um feuchte/nasse Standorte zu besiedeln Vegetative Vermehrung: frisch abgebrochene Äste können auf feuchten Standorten Wurzeln und neue Triebe bilden, d.h. aus einem abgeschnittenen Weidentrieb kann man einen neuen Baum ziehen („lebende Zäune“, „lebende Unterstände“) Wichtige Nektarquelle für Bienen und einige Schmetterlinge

Sanoanimal Kräutertipp:

Bereits in der Antike wurde die Weide aufgrund ihrer schweißtreibenden, fiebersenkenden, entzündungshemmenden und schmerzstillenden Wirkung eingesetzt. Entsprechend hat man schon früh begonnen, die Wirkung wissenschaftlich zu untersuchen und es entsprechend viele wissenschaftliche Studien, vor allem am Menschen. Die entzündungshemmende (und damit schmerzstillende) Wirkung von Weidenrindenextrakt hängt nach In-vitro- und Tierstudien mit der Herunterregulierung einzelner Entzündungsmediatoren zusammen. Nicht nur das enthaltene Salicin, sondern auch andere Inhaltsstoffe wie Salicylate, Polyphenole und Flavonoide spielen in der therapeutischen Wirkung eine wichtige Rolle. Unerwünschte (Neben-)Wirkungen scheinen im Vergleich zu nicht-steroidalen Entzündungshemmern minimal zu sein, was auf die komplexe Wirkstoffkombination der natürlichen Weidenrinde im Vergleich zu synthetischen, reinen Wirkstoffen zurückgeführt wird.

Allein in Europa gibt es rund 300 verschiedene Weidearten, welche sich untereinander kreuzen und sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Die Weide ist eine sehr vielfältige Pflanze, welche nicht nur verfüttert werden kann, sondern früher auch im Alltag zum Körbe flechten und beim Häuserbau genutzt wurden, um unter anderem die Strohbündel an den Dächern zu befestigen. Aber auch beim Anbinden der Weinreben oder beim Binden der Schuhe kam die Weide zum Einsatz, denn ihre jungen Triebe sind flexibel, zäh und schnurgerade ohne verzweigungen. Da abgeschnittene Triebe – bei genügend Feuchtigkeit – schnell wieder Wurzeln bilden, wurden abgeschnittene Weidenruten in langen Reihen in den Boden gesteckt und oberirdisch miteinander verflochten. Auf diese Weise entstehen „lebende Zäune“, welche dazu geeignet sind, Tiere einzupferchen, ohne dass man alljährlich verrottete Holzteile austauschen muss. Allerdings muss man hier auf eine gute Futterversorgung achten, da dieser lebende Weidenzaun ansonsten vor allem von Pferden schnell angefressen wird.

Blätter einer Trauerweide im Sonnenuntergang
Weide kann unterstützend bei bei Fieber, Erkältungen und Rheuma eingesetzt werden
© Adobe Stock / iryna1

Der Weidenbaum kommt häufig an Flüssen und Bächen vor und ist an regelmäßige Überschwemmungen gut angepasst. Daher kann man Weiden auch auf Ausläufen dort pflanzen, wo nach Regen immer das Wasser stehen bleibt, nur sollten die Pflanzen vor allem anfangs so abgezäunt werden, dass Pferde sie nicht komplett „auffressen“ können und es muss natürlich auf ein ständiges Raufutterangebot geachtet werden, damit die Pferde nicht aus Hunger übermäßig an den Weiden fressen.

Bei Pferden und Kühen wurde Weidenrinde bereits früher bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt, um Fieber zu senken und Schmerzen zu lindern. Hierbei ist darauf zu achten, dass mögliche Lahmheiten durch die schmerzlindernde Wirkung überdeckt werden könnten.

Anwendungsbereich:

Die Weidenrinde kann entweder als Tee aufbereitet oder frisch verfüttert werden. Beim Tee können zwei bis drei Esslöffel mit einem Liter Wasser aufgekocht werden. Die schmerzlindernde Wirkung ist vor allem auf die enthaltene Salicylsäure zurückzuführen, sodass es sich sozusagen um pflanzliches Aspirin handelt. Der Pharmaindustrie gelang es im Jahr 1898, den Wirkstoff synthetisch herzustellen. Da sein Wirkungsgrad deutlich höher war als die Wirkung der Pflanze, verlor die Weide an medizinischer Bedeutung. Aber auch Gerbstoffe und Glykoside sind in der Pflanze enthalten, welche vermutlich eine Rolle darin spielen, dass bei Einnahme von Weiderindentee in der Regel deutlich weniger Nebenwirkungen auftreten als bei der Einnahme des reinen Wirkstoffs.

Durch die durchblutungsanregende sowie schmerz- und entzündungshemmende Wirkung im Hufbereich wird Weiderinde zusammen mit Mädesüß häufig bei akuter, aber auch bei subklinischer Hufrehe gefüttert. Es handelt sich hierbei um eine der potentesten Akut-Therapien bei Hufrehe. Die Kräuter können hierfür 1:1 gemischt werden, wobei am Tag 30-50 g, also etwa eine Hand voll, gefüttert werden können. Dennoch sollte bei einer vorliegenden Hufrehe immer ein Tierarzt und ein Therapeut mit zu Rate gezogen werden, da es sich bei der Hufrehe um eine überaus komplexe und potentiell tödliche Krankheit handeln kann. Darüber hinaus sollte man nach 2-3 Wochen zu einer anderen Kräutermischung wechseln.

Weiderinde und Mädesüß ergänzen sich, wodurch ihre Wirkung verstärkt wird. Mädesüß wirkt schnell schmerzlindernd, während Weiderinde langsam und länger wirkt. Die beiden Pflanzen stellen durch ihre vielen positiven Wirkungen einen wichtigen Bestandteil der natürlichen Schmerztherapie für Pferde dar und sollten jedem Pferdebesitzer ein Begriff sein. Außerdem therapieren sich Pferde sehr gerne selbst, wenn sie die Möglichkeit haben, an Weidenzweigen zu knabbern. Deshalb ruhig das nächste Mal, wenn der Sturm einen größeren Ast abbricht, diesen auf den Auslauf legen: Die meisten Pferden lassen dafür sogar das Heu stehen.

Quellen:

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