Seitdem Getreide als Kraftfutter in Verruf geraten ist, werden immer mehr Futtermittel auf den Markt gebracht, die Strukturhäcksel enthalten oder weitgehend ausschließlich daraus bestehen. Man erkennt sie im Futter an den grünen Stängeln, die meist 1-4cm Länge haben. Dabei handelt es sich in der Regel um kleingehäckseltes Heu oder Luzernestängel.

Vom Nährwert sind diese Strukturhäcksel also vergleichbar mit Heu und nicht mit Kraftfutter – auch wenn man sie in den Trog gibt. 

Sie sollen laut Aussagen der Hersteller die natürliche Kau- und Verdauungsaktivität der Pferde fördern und gleichzeitig eine „gesunde“ und „kalorienarme“ Trogfütterung ermöglichen – denn was lieben wir Pferdemuttis mehr, als dem Liebling den Futtertrog zu füllen? Auch dann noch, wenn das Pferd aufgrund mangelnden Trainings oder seiner Leichtfuttrigkeit eigentlich überhaupt nichts zugefüttert bekommen sollte.

Allerdings gibt es wissenschaftliche Studien, die darauf hinweisen, dass die Verwendung von Strukturhäcksel in Pferdefutter möglicherweise problematisch sein kann für die Verdauung und die Gesundheit der Tiere.

Schon 1996 wurden die Auswirkungen von Faserlängen des Futters auf das Kauverhalten der Pferde untersucht.

Wir wissen aus solchen Untersuchungen, dass Pferde eine Mindestfaserlänge von 8cm benötigen, um Pflanzenfasern ordentlich kauen zu können.

Bei diesem Kauprozess entstehen dann Faserlängen von 1,6 – 5mm, die abgeschluckt werden und für eine optimale Verdauung sorgen. Kurzfasern, die zwischen 1-7cm liegen, sind hoch problematisch, da sie nicht adäquat zerkaut werden können. Sie werden als zu lange Fasern abgeschluckt, was man auch anhand zu langer Fasern im Kot der Tiere dann sehen kann, da sie schlecht verdaut wieder ausgeschieden werden. Auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt bringen sie allerhand durcheinander. 

Eine Studie aus dem Jahr 2010, durchgeführt von der Universität von Guelph in Kanada, untersuchte die Auswirkungen von Strukturhäcksel auf die Darmgesundheit von Pferden.

Die Ergebnisse zeigten, dass Pferde, die Strukturhäcksel erhielten, eine höhere Anzahl von pathogenen Bakterien im Darm aufwiesen im Vergleich zu Pferden, die kein Strukturhäcksel erhielten.

Diese Untersuchungen, die eigentlich schon lange bekannt sind, sollten alle Alarmglocken klingeln lassen. Denn wir wissen aus vielen anderen Untersuchungen, dass die Gesundheit des Dickdarm-Mikrobioms der Dreh- und Angelpunkt in der Gesundheit des Pferdes ist. Läuft es hier schief, kommt es also zu Dysbiosen (Ansiedelung pathogener oder „falscher“ Mikroorganismen), dann hat das oft weit reichende Auswirkungen auf den Stoffwechsel und die Gesundheit des Pferdes. Die Folgen von Dysbiosen reichen von Hufrehe über chronische Atemwegsprobleme bis Sommerekzem und sind daher nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013, durchgeführt von der Universität von Edinburgh in Schottland, untersuchte die Auswirkungen von Strukturhäcksel auf die Darmmotilität von Pferden.

Die Ergebnisse zeigten, dass Pferde, die Strukturhäcksel erhielten, eine verringerte Darmmotilität aufwiesen im Vergleich zu Pferden, die kein Strukturhäcksel erhielten. Eine solche reduzierte Peristaltik fördert ebenfalls das Entstehen von Dysbiosen.

Zusätzlich zu der „Überfüllung“ des Dickdarms mit Raufutter, welches nicht mehr ausreichend schnell vorwärts transportiert und ausgeschieden wird, kann es zu Aufgasungen kommen. Viele der Pferde mit kugelrunden Bäuchen (Modell „schwangerer Wallach“) haben eine reduzierte Peristaltik oder leiden unter Blähungen, was den dicken Bauch bewirkt. Sie werden häufig fälschlich als „dick“ eingeschätzt und dann oft auf radikale Diäten gesetzt, was zusätzliche Gesundheitsprobleme wie Magengeschwüre verursachen kann und zudem zu erheblichem Stress führt. Darüber hinaus sorgt auch eine gestörte Darmmotilität für Dysbiosen, was ebenfalls negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel und damit die Gesundheit des Pferdes hat. Bei solchen Pferden ist das Entstehen einer Entgiftungsstörung im Sinne einer Kryptopyrrolurie (KPU) fast vorprogrammiert. 

Und auch der Magen der Pferde wird durch Strukturhäcksel in Mitleidenschaft gezogen, wie eine Studie aus dem Jahr 2016, durchgeführt von der Universität von Liverpool in Großbritannien, zeigen konnte.

Hier konnte gezeigt werden, dass Stukturhäcksel im Futter einen negativen Effekt auf die Magengesundheit des Pferdes haben.

Insbesondere problematisch sind diese Futter bei Pferden, die aus anderen Gründen bereits Magenschleimhautentzündungen (Gastritis) oder Magengeschwüre (Equine Gastric Ulcers Syndrome, EGUS) entwickelt haben. Hier sorgen Strukturhäcksel für eine zusätzliche Reizung der entzündeten Bereiche, was ausgesprochen schmerzhaft für die Pferde ist.

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Zusammenfassend kann man also sagen, dass es überhaupt keine neuen Erkenntnisse sind, dass Strukturhäcksel in der Fütterung bei Pferden hoch problematisch sind. Pferde benötigen, neben einem gesunden Zahnapparat, langfasriges Raufutter wie Heu, das sie ordentlich kauen und einspeicheln können, damit die Verdauung optimal funktioniert. Klein gehäckseltes Heu in Form von Sturkturhäckseln, wie sie in den meisten „Freizeitpferdemüslis“ eingesetzt werden, können hingegen zum Entstehen von Verdauungsstörungen und Stoffwechselkrankheiten beitragen, die sich dann nicht nur im Verdauungsverhalten (Blähungen, Kotwasser), sondern auch an anderen Stellen symptomatisch äußern können, beispielsweise als Folgesymptome einer KPU. 

Wenn Pferde aufgrund ihrer schweren Arbeitsleistung Kraftfutter benötigen, sollte man hier entweder auf eiweißhaltige Futter wie Esparsette- oder Luzernepellets setzen oder, ggf. in Absprache mit einem Ernährungsberater, klassische Getreide wie Quetschgerste oder Hafer füttern.

Kleingehäckseltes Heu im Futtertrog ist nicht nur sinnlos, sondern kann auch die Gesundheit des Pferdes negativ beeinflussen.

Quellen:

  1. „Influence of forage particle size and physical form on equine chewing behavior and digesta kinetics“ von J.L. Firkins et al, Journal of Animal Science, 1996
  2. „Effect of dietary particle size and physical form on equine hindgut microbial populations and metabolites“ von J.A.B. Robinson et al, Journal of Animal Science, 2010)
  3.  „The effects of dietary physical form on equine colonic motility“ von A.J. Leaver et al, Equine Veterinary Journal, 2013
  4. „The effects of dietary physical form on equine gastric health“ von E.J. Milton et al, Equine Veterinary Journal, 2016
  5. „Effect of hay particle size on equine gastrointestinal transit and digestibility“ von J.A.B. Robinson et al, Journal of Animal Science, 2008
  6. „The effect of forage particle size on the behavior, digestibility, and gastric function of horses“ von E.A. Loy et al, Journal of Animal Science, 2002
  7. „The effects of forage particle size on the digestibility and chewing behavior of horses“ von J.L. Firkins et al, Journal of Animal Science, 1991
  8. „The effects of hay particle size on the digestibility and chewing behavior of horses“ von J.L. Firkins et al, Journal of Animal Science, 1990