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Mittlerweile hat es sich herumgesprochen: eine faserreiche Fütterung mit Gras und Heu hat erhebliche gesundheitliche Vorteile gegenüber einer kraftfutterbetonten Fütterung. Qualitativ gutes Heu ist aber nur eines von zwei Grundnahrungsmitteln, das andere führt ein eher stilles und bisweilen zu wenig beachtetes Dasein: das Wasser.

Warum ist Nitrat problematisch?

Nitrat an sich ist erst einmal weitgehend harmlos. Unter dem Begriff „Nitrat“ verbergen sich eigentlich Salze und Ester der Salpetersäure. Es ist im Boden ein Stickstoff-Lieferant, der dafür sorgt, dass Pflanzen ausreichend Eiweiß bilden können für ihr eigenes Wachstum. Nitratarme Böden sind entsprechend „Magerstandorte“, auf denen die Pflanzen klein und zäh bleiben, während auf nitratreichen Böden üppig grüner Bewuchs zu finden ist.

Problematisch wird Nitrat dann, wenn es in den Körper gelangt. Denn es wird vor allem im Darm zu Nitrit umgewandelt. Nitrit wird resorbiert und gelangt damit in den Blutstrom. Hier verändert es den roten Blutfarbstoff, das Hämoglobin. Dieses ist notwendig, um Sauerstoff von der Lunge zu den Geweben zu transportieren, denn alle Zellen im Körper benötigen Sauerstoff zum Überleben. Wird das Hämoglobin vom Nitrit verändert, entsteht Methämoglobin und das Gewebe „bekommt keine Luft mehr“, da Methämoglobin keinen Sauerstoff mehr bindet. Darüber hinaus kann Nitrit mit Aminen reagieren und so genannte Nitrosamine bilden. Diese stehen im Verdacht, krebserregend zu sein, was in Tierversuchen bereits nachgewiesen werden konnte.

Trinkwasser unterliegt in Deutschland strengen Kontrollen

In Deutschland unterliegt das Trinkwasser strengen Kontrollen, damit Schwellenwerte von toxischen Substanzen nicht überschritten werden. Hierzu gehört auch Nitrat, das höchstens bis 50mg pro Liter Trinkwasser enthalten sein darf. Es gibt aber einen Unterschied zwischen für Tiere geeignetem Tränkwasser und unserem Trinkwasser. Bei sogenanntem Tränkwasser darf nämlich die Nitratbelastung bis 200mg/L sein.

In vielen Ställen wird das Wasser jedoch gar nicht überwacht bzw. regelmäßig getestet. Wer seine Pferde mit normalem „Leitungs“-Trinkwasser versorgt, ist in der Regel auf der sicheren Seite. Es kommt aus der Versorgungsleitung, die auch das Wohnhaus des Stalls mit Frischwasser beliefert, also direkt aus dem nächstgelegenen Wasserwerk. Hier werden die Grenzwerte regelmäßig überwacht.

Nur bei sehr alten Hofstellen ist es angeraten, sich mal die Leitungssysteme anzuschauen. Denn über Jahrzehnte des An- und Umbauens ist auf vielen alten Höfen ein bunter Mix an Wasserleitungs-Material entstanden. So wurden früher häufig Eisen-, Blei oder Zinkrohre verwendet, die teilweise zu Rückständen im Wasser führen können. Deshalb setzt man heute in der Regel auf Kunststoff-Rohre, die sich dem Wasser gegenüber neutral verhalten. Solche Materialien sorgen zwar nicht für mehr Nitrat im Wasser, können aber die Qualität dennoch negativ beeinflussen, was dann negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Pferde haben kann.

Auch „Totenden“ können problematisch sein, also stillgelegte Abschnitte der Wasserleitungen, in denen Wasser steht statt zu fließen. Hier lauern insbesondere Mikroorganismen, die sich in solchen Abschnitten ungestört vermehren und dann das Tränkewasser kontaminieren können.

So können große Unterschiede in der Qualität zwischen dem Wasser, das vom Wasserwerk losgeschickt wird und dem, was dann am Ende aus dem Wasserhahn oder der Tränke kommt, entstehen.

Viel häufiger aber werden die Pferdetränken wegen des hohen Verbrauchs mit Brunnen und nicht mit dem teuren Stadtwerke-Wasser versorgt. Und wer das tut, sollte sein Wasser definitiv regelmäßig selbst testen, denn die Qualität kann starken Schwankungen unterliegen.

Regenwasser ist keine Alternative

Hier muss gleich noch gesagt werden, dass Regenwasser keine Alternative zur Wasserversorgung darstellt. Zum einen sind keine Mineralien enthalten, was auf Dauer auch auf die Gesundheit des Tieres geht und zu erheblichem Mineralstoffmangel bei Regenwasseraufnahme führen kann. Das könnte man ja mit einem guten Mineralfutter noch irgendwie ausbalancieren. Aber es werden unter Umständen auch, je nach Dachbedeckung, von dem das Wasser gesammelt wird, zusätzlich Giftstoffe durch Auswaschung eingetragen. Gerade die immer noch beliebte „Dachpappe“ ist hier problematisch, ebenso alte Eternit-Dächer. Dazu kommen Verunreinigungen der Dächer beispielsweise mit Vogelkot, die man eigentlich auch nicht in seiner Tränke sehen möchte. Deshalb lieber in einer Senke einen Teich anlegen, wo das Regenwasser von Dächern und Wegen hingeleitet wird zum Versickern und nicht in die Wasserbottiche, die zum Tränken verwendet werden.

Regen läuft über Wellblechdach in Regenrinne
Regenwasser stellt keine Alternative zur Wasserversorgung dar.
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Viele Tiere und Landwirtschaft = viel Nitrat im Wasser

Eines der größten modernen Probleme mit unserem Trinkwasser – sowohl dem aus Hofbrunnen als auch dem, was die Wasserwerke fördern, ist und bleibt Nitrat. Nitrat gelangt über die Düngung mit entsprechend nitrathaltigem Dünger in den Boden, infolgedessen ist genau in den Teilen Deutschlands die Nitratbelastung sehr hoch, in denen viel Landwirtschaft betrieben wird.

Zu den Nitratlieferanten zählen nicht nur die Kunstdünger, sondern auch Mist und Gülle, die auf die Felder und Wiesen gebracht werden. Ist zu wenig Nitrat im Boden, dann kümmern die Pflanzen und können nicht ausreichend Protein bilden, was beispielsweise vom Getreide benötigt wird, um qualitativ hochwertige Körner zu bilden. Wird aber zu viel gedüngt, können die Pflanzen das Nitrat nicht mehr aufnehmen und es gelangt ins Grundwasser oder auch – durch Regenfälle, die nicht ausreichend vom Boden aufgenommen werden – teilweise in Oberflächengewässer wie Bäche, Flüsse oder Seen.

Laut Umweltbundesamt werden an ca. 17% der Messstationen in Deutschland die Grenzwerte von 50mg/L Grundwasser regelmäßig überschritten, an den Messstationen mit viel landwirtschaftlicher Nutzung werden sogar bei 27% der Stationen die Grenzwerte überschritten.

Im Wasser, aber auch im Futter, ist Nitrat vorhanden

Ein 500kg schweres Pferd trinkt pro Tag zwischen 20 und 60 Liter, je nach Witterung und Arbeitsleistung des Pferdes. Aber selbst im minimalen Erhaltungsbedarf mit 20 Litern ist es ein erheblicher Unterschied, ob es pro Tag 1g (50mg/L) Nitrat zu sich nimmt oder 4g (200mg/L) Nitrat. Ein Gramm Nitrat klingt erstmal nicht viel. Aber es braucht von manchen Stoffen auch nicht viel, um im Körper Schaden anzurichten. Insbesondere Dysbiosen (Fehlgärungen) und Entzündungsprozesse im Verdauungstrakt stehen im Verdacht, zu einer vermehrten Umwandlung von Nitrat zu Nitrit beizutragen. Und solche Dysbiosen sind bei unseren Pferden leider sehr verbreitet.

Bei Pferden ist noch nicht gut untersucht, wieviel des aufgenommenen Nitrats zu Nitrit reduziert wird. Das giftigere Nitrit entsteht beim Pferd im Dickdarm. Es wird über die Darmwand in den Blutstrom transportiert und verursacht dort die Bildung von Methämoglobin, was eine deutlich niedrigere Bindungskapazität für Sauerstoff aufweist und zu Sauerstoffmangel in den Geweben führt. In Folge kann das Nitrat/Nitrit in akuten Vergiftungsfällen zu Koliken, Durchfall, vermehrtem Speicheln, Schweißausbrüchen, Braun- oder Blaufärbung der Schleimhäute, Krämpfen und anderen Symptomen führen. Bei einer (deutlich häufigeren) chronischen Vergiftung oder Überversorgung sieht man eher einen schleichenden Leistungsabfall des Pferdes.

Für Nitrat gibt es beim Pferd keine Referenzwerte. Laut Dietbert Arnold, Sachverständiger für Pferdezucht und Haltung, reagieren Pferde sehr sensibel auf Nitrat und bereits Werte von 25-50mg Nitrat/L Wasser können zu einer schleichenden Vergiftung führen. Über 50mg/L kann sogar eine akute Vergiftung ausgelöst werden. Insbesondere bei Sportpferden oder im Sommer, wenn durch Schweißverlust auch die Wasseraufnahme höher ausfällt als sonst. Es ist dann im wahrsten Sinne des Wortes der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Denn, wie sich jeder schon denken kann, ist gerade in den Gebieten, in denen das Grundwasser schon mit Nitrat überlastet ist, der Nitratgehalt in den Futterpflanzen ebenfalls hoch. Je mehr gedüngt wird, desto höher ist der Nitratgehalt in den Pflanzen, die auf diesen Flächen wachsen. Dabei schwankt der Nitratgehalt in Pflanzen nicht nur mit der Menge an Dünger, sondern auch je nachdem, welche Pflanzen auf den Flächen stehen. Um eine gute Heulage zu produzieren- die als Pferdefutter schon aufgrund ihres hohen Gehalts an Milchsäurebakterien nicht geeignet ist- muss der Nitratgehalt in der Pflanze hoch sein oder es wird über Siliermittel zusätzlich Nitrat zugefügt. Insbesondere die modernen Hochzuckergräser haben entsprechend eine hohe Nitrattoleranz – und damit meist auch einen sehr hohen Gehalt, deshalb tolerieren sie auch eine Überdüngung.

Solange von dieser Fläche Silage für die Kühe gewonnen wird, kann man das als Pferdehalter ja noch ignorieren. Aber sobald man eine solche Fläche für seine Pferde pachtet oder der Landwirt auf die Idee kommt, von dieser Fläche jetzt Heu zu gewinnen und an Pferdehalter zu verkaufen, wird es sehr schnell sehr problematisch. Auch Karotten und Zuckerrüben, die ebenfalls nicht oder nur in begrenztem Maße an Pferde verfüttert werden sollten, haben sehr hohe Nitratwerte.

Traktor düngt Weide
Insbesondere die modernen Hochzuckergräser haben entsprechend eine hohe Nitrattoleranz – und damit meist auch einen sehr hohen Gehalt, deshalb tolerieren sie auch eine Überdüngung.
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Regelmäßige Testung ist der beste Schutz

Auf die Nitratgehalte des Futters hat man nur dahingehend Einfluss, dass man mit seinem Heulieferanten darüber sprechen kann, wie man sich ein gutes Pferdeheu vorstellt. Glücklicherweise wird Pferdeheu meist ohnehin extensiver gewonnen als Rinderfutter, sodass man hier weniger mit Nitratproblemen konfrontiert ist als bei Heulage- oder Silagefütterung.

Viel wichtiger ist es aber, die Nitratgehalte im Tränkenwasser im Auge zu behalten. Gerade wer seine Pferde mit Brunnenwasser versorgt, sollte mindestens einmal pro Jahr eine Wasseranalyse durchführen lassen, eher häufiger. Analysiert man das Wasser nämlich irgendwann im Dezember, weil man da gerade mal Zeit dazu hat, kann es durchaus sein, dass die Qualität super ausfällt, denn die Landwirtschaft ruht zu dieser Zeit. Testet man aber im April, nachdem der Nachbarlandwirt zwei Wochen vorher grad ordentlich seine Flächen gedüngt hat, kann das schon ganz anders aussehen. Denn gerade bei Brunnen muss man immer beachten, dass die meisten nicht tief genug gebohrt sind, um wirkliches Grundwasser zu führen. Stattdessen greifen sie weiter oben gelegene Wasserschichten ab, in denen sich direkt die Einträge aus der Landwirtschaft wiederfinden – von Nitrat bis Coli-Bakterien.

Deshalb gilt: (Brunnen-)Wasser im Stall regelmäßig testen, um zu prüfen, ob Grenzwerte, vor allem im Bezug auf Nitrat, eingehalten werden und ob auch sonst die Qualität stimmt. Dabei ist es sinnvoll, am Anfang Proben in ein zertifiziertes Labor zu schicken, um eine komplette Analyse durchführen zu lassen und mal einen Überblick über die Gesamtqualität des Wasser zu bekommen.

Da die Nitratgehalte im Bodenwasser aber jahreszeitlich bedingt stark schwanken können, gibt es zur regelmäßigen Überprüfung einfache Teststäbchen, mit denen der ungefähre Nitratgehalt im Wasser bestimmt werden kann. Auch gibt es ganze Stäbchen-Testsets, um weitere wichtige Faktoren der Wasserqualität zu checken, neben Nitrat z.B. auch den pH Wert. So kann man bei regelmäßiger Testung über ein Jahr auch feststellen, ob die Qualität des Wassers einigermaßen konstant bleibt oder stark schwankt und man vielleicht die Pferde eher aus der Versorgungsleitung tränken, Wasserfilter an der Brunnenanlage installieren oder den Brunnen tiefer setzen lassen sollte.