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„Der Darm ist die Mutter der Gesundheit“ lehrt uns die Chinesische Medizin. Dass an dieser Aussage  tatsächlich mehr dran ist, als man immer gedacht hat, kommt langsam auch in unserer Medizin an. Insbesondere der Dickdarm des Pferdes mit seinem komplexen Mikrobiom („Darmflora“) spielt nicht nur eine Rolle in der Futterverwertung, sondern nimmt auch direkten Einfluss auf die Gesundheit und das Immunsystem, die Entgiftungsfähigkeit, das Hormonsystem und sogar das Verhalten. Die Gesundheit des Mikrobioms geht damit Hand in Hand mit der Gesundheit des Pferdes. 

Damit das Dickdarm-Mikrobiom optimal seine Aufgaben erfüllen kann, müssen die richtigen Gegebenheiten (pH-Wert, Feuchtegehalt, Nährstoffe etc.) im Dickdarm gegeben sein. Kommt es hier zu Störungen, werden ggf. Fehlkeime positiv selektiert, welche das Milieu weiter stören, sodass die Verdauung durch die Darmsymbionten nicht mehr vollständig gegeben ist. Die Auswirkungen solcher Entwicklungen zeigen sich symptomatisch häufig erst nach Monaten oder Jahren und nicht immer in Darmstörungen. Viel öfter sieht man die Symptome in Stoffwechselkrankheiten von Hufrehe bis Sommerekzem.

Die Bedeutung des pH- Werts des Kots

Der Kot kann dabei frühzeitig Aufschluss geben, ob sich die Vorgänge in eine positive oder in eine negative Richtung entwickeln. Insbesondere der pH-Wert ist dabei ein Anzeiger für gute oder schlechte Entwicklung. Das natürliche Mikrobiom des Pferdes benötigt einen annähernd neutralen pH-Wert (6,8 – 7,2). Bewegt sich der pH-Wert im Kot in den basischen Bereich (>7), dann sind insgesamt zu wenige Mikroorganismen im Dickdarm vorhanden. Das kann beispielsweise auf einen mangelnden Zugang zum Heu hinweisen, insbesondere bei Fütterung über automatische Raufen oder chipgesteuerte Raufutterrationen oder wenn das Heu nur in Mahlzeiten angeboten wird mit längeren Fresspausen. 

Misst man einen sauren pH-Wert (<7), dann weist das auf das Vorhandensein säurebildender Mikroorganismen hin, die erheblich das Gleichgewicht im Dickdarm stören. Zu den Übeltätern gehören vor allem Milchsäurebakterien und Protozoen. Einen sauren pH-Wert im Kot findet man in Folge von Heulage- oder Silage-Fütterung, in regenreichen Sommern bei großzügigem Weidegang, wenn in größeren Mengen Karotten, Apfeltrester, Äpfel oder Rübenschnitzel (auch entmelassiert) gefüttert werden oder wenn die Pferde stärkehaltiges Kraftfutter bekommen. Auch pro- oder präbiotische Futtermittel können einen sauren pH-Wert verursachen, da sie meist nicht geeignet sind, den Dickdarm positiv zu beeeinflussen. 

Überprüfung des Geruchs

Ob der pH-Wert im annähernd normalen Bereich ist, kann man meist schon an den frisch abgesetzten Äppeln riechen. Der Geruch von gesundem Pferdekot ist meist angenehm, leicht würzig. Riecht der Kot säuerlich oder beißend (z.B. nach Ammoniak), weist dies auf Fehlgärungsprozesse hin. Gerade bei proteinreicher Fütterung kommt es häufig zu Kot, der nach Ammoniak riecht. Das kann man auch bei Pferden in Boxenhaltung überprüfen, indem man sich einen Moment in die nicht-gemistete Box setzt. Bekommt man nach kurzer Zeit Atemnot, dann spricht das dafür, dass zu viel Ammoniak in der Atemluft ist und dringend die Proteinmenge bzw. -qualität in der Ration überprüft werden sollte.

Einfache pH-Wert Bestimmung

Den pH Wert im Kot kann man recht einfach bestimmen.

Hierzu benötigt man: Eine Kartoffelpresse (sieht aus, wie eine überdimensionierte Knoblauchpresse), ein pH-Meter mit Batterie aus dem Aquariumbedarf sowie einen Becher (wie er z.B. für das Sammeln von Urinproben verwendet wird, der Durchmesser muss groß genug sein, dass das pH-Meter bequem hineinpasst, aber nicht so weit, dass man zu viel Flüssigkeit zum Messen benötigt).

Die Durchführung ist wie folgt:

  • Das pH-Meter mit den beigefügten Eichflüssigkeiten vor der ersten Benutzung und regelmäßig zwischen den Nutzungen eichen
  • Frisch abgesetzten Kot in die Kartoffelpresse füllen

Pferdekot in einer Kartoffelpresse
Frisch abgesetzer Kot wird mit einer Kartoffelpresse ausgedrückt. © Christine Obi-Lengweiler

  • Mit Hilfe der Karoffelpresse die Flüssigkeit aus dem Kot in den Becher pressen, die benötigte Menge hängt vom Feuchtegehalt der Äppel ab
Pferdekot auspressen
Die Flüssigkeit wird in einem sauberen Gefäss aufgefangen. © Christine Obi-Lengweiler

  • Das geeichte pH-Meter in die Flüssigkeit tauchen und den pH Wert ablesen
pH-Messer musst die Säure
pH-Meter in die Flüssigkeit tauchen und pH-Wert ablesen. © Christine Obi-Lengweiler

Was heisst das jetzt?

Liegt der pH Wert nicht im normalen Bereich 6,8 – 7,2, dann muss man sich Gedanken über die möglichen Ursachen machen. Einen basischen pH-Wert kann man in der Regel relativ einfach wieder normalisieren, indem man dem Mikrobiom mehr „Futter“ in Form von Heu anbietet, denn die kleinen Mitbewohner benötigen Cellulose als Nahrungsgrundlage. Die Mikroorganismen können sich dann wieder vermehren und der pH-Wert, wie auch die Darmgesundheit, normalisieren sich. 
Problematischer ist ein zu saurer pH-Wert. Liegt der gemessen Wert im Bereich 6,5 – 6,8, dann bekommt man meist ganz gut über die Optimierung der Fütterung (mehr Heu, dafür Weide, Obst, Gemüse und Kraftfutter streichen) zusammen mit einer Darmsanierung hin. Rutscht der pH-Wert aber unter 6,5 oder stellt man bei regelmäßigen Messungen über mehrere Wochen oder Monate fest, dass er immer weiter sinkt, obwohl man doch schon so gut wie möglich füttert, dann sind Fehlgärungsprozesse in Gang, die das Pferd offensichtlich selber nicht mehr richtig reguliert bekommt. 


In solchen Fällen sollte man sich professionelle Hilfe suchen und zwar möglichst, bevor das Pferd ausgewachsene Gesundheitsprobleme wie Hufrehe, chronischen Husten oder Ekzem entwickelt.

Mehr dazu: Heulage macht krank- Was sagen die Fakten? oder Geballtes Wissen #16 Heulagefütterung und die langfristigen Folgen für die Gesundheit