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Wer ein zu dickes oder gar hufrehegefährdetes Pferd hat, muss öfter mal genauer hinschauen, was sein Vierbeiner da im Laufe des Tages so zu sich nimmt. Aber auch bei gesunden Pferden lohnt es sich immer, beim Heu genauer hinzuschauen, denn das ist letztendlich der Nährstofflieferant unserer Pferde schlechthin. Auf welche Werte es bei einer Heuanalyse genau ankommt und wieviel mein Pferd wovon benötigt, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.

Es sollte schön aussehen und gut riechen

Rein sensorisch sollte gutes Heu zunächst einmal schön grünlich aussehen und sich eher trocken und grob anfassen. Es sollte viele (harte) Stängel und nicht nur (weiche) Blätter beinhalten, gut duften und natürlich frei von Giftpflanzen sein. Wenn man so ein Büschel Heu dann auseinanderzieht, sollte es nicht stauben oder gar verklebt sein. Wenn der Schimmel als graue oder weiße Flecken in diesen verklebten Platten schon sichtbar ist, dann ist es besser, das Heu komplett zu entsorgen, statt seinem Pferd zu füttern. Schimmeliges Heu hat weitreichende negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel, daher sollte man hier auf gute Qualität achten. Soweit kann man das alles selber noch ganz gut beurteilen, aber was liefert das Heu genau an Nährstoffen?

Wissen, was drin ist

Wer wissen möchte, was genau in seinem Heu drinsteckt, kann dieses an ein Labor schicken, das Heuanalysen anbietet, z.B. LUFA Nord-West oder LKS Sachsen. Das Basispaket beinhaltet meist die wichtigsten Parameter, wie Trockensubstanz, Protein- oder auch Zuckergehalt. Wer zudem wissen möchte, wie es um die Mineralstoffe und Spurenelemente in seinem Heu bestellt ist, kann diese ebenfalls bestimmen lassen. Wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob das Heu so riecht, wie es riechen sollte, kann es außerdem noch mikrobiologisch, d.h. auf Bakterien und Pilze untersuchen lassen.

Frisches Heu auf der Wiese
Rein sensorisch sollte gutes Heu zunächst einmal schön grünlich aussehen und sich eher trocken und grob anfassen. © Adobe Stock/Mak

Zucker, Faser, Protein & Co

Zunächst einmal bekommt man mit der Heuanalyse eine Aussage, wie trocken das Heu ist. Optimal liegt der Wert bei über 85% Trockensubstanz (TS), also in 1kg Heu sind im Idealfall weniger als 15% Wasser enthalten. Dieser Wert ist wichtig, da alle nachfolgenden Messungen sich meistens auf diesen Wert beziehen. Habe ich also ein Heu mit 85% Trockensubstanz und 10 % Zuckergehalt pro Kilo TS, heißt das, dass in 1kg Heu, so wie ich es meinem Pferd füttere, 85g Zucker enthalten sind. Bekommt mein Pferd 10kg Heu pro Tag, bekommt es somit 850g Zucker über das Heu.

Kohlenhydrate: Zucker, Stärke, Faser

Meistens wird dieser Zucker als „water soluble carbohydrate“ (WSC), also wasserlöslicher Zucker bezeichnet. Dieser wird vom Pferd im Dünndarm aufgenommen und hat somit auch direkten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, während die „non-fiber carbohydrates“ (NFC), also die nicht-löslichen Kohlenhydrate, vom Mikrobiom im Dickdarm verwertet werden. Wie das genau funktioniert und welche Werte da gut für mein Pferd sind, kannst du in unserem Artikel über Faserverdaulichkeit [CF1] nachlesen. Bei den wasserlöslichen Kohlenhydraten muss man ggf. noch unterscheiden zwischen Stärke, Zucker und Fruktan. Stärke spielt in Heuproben eine untergeordnete Rolle, da sie nicht oder nur in geringsten Mengen vorhanden ist. Auch Fruktan kann man vernachlässigen, da zum Zeitpunkt der Heuernte die Werte auf ihrem geringesten Stand sind. Wichtig ist der Zuckergehalt, denn dieser spielt eine wesentliche Rolle für die Gesunderhaltung und das Gewichtsmanagement, vor allem bei leichtfuttrigen Pferden.

Beim wasserlöslichen Zucker sind 6-10% akzeptabel für regelmäßig bewegte Freizeitpferde. Ist ein Pferd leichtfuttrig und meist eh schon eher auf der übergewichtigen Seite, ist ein Heu mit <6% Zuckergehalt angeraten. Heu mit >10% Zuckergehalt kann bei vielen Pferden mit dazu beitragen, dass sie übergewichtig sind/werden und das Risiko für Insulinresistenz oder Hufrehe steigt.

Grundsätzlich gilt für Pferdeheu: je weniger Zucker, desto besser. Der Zuckergehalt im Heu ist maßgeblich verantwortlich für das Fressverhalten („Futtergier“), Übergewicht und Stoffwechselprobleme bei unseren Pferden. Daher sollte dieser immer besonders kritisch beobachtet werden. Einen einfachen Schnelltest für den Zuckergehalt in deinem Heu findest du HIER.

Protein – es kommt drauf an, wo es verdaut wird

Auch beim Protein (Eiweiß) gibt das Labor mehrere Werte an. Im Wesentlichen bekommt man zwei Werte, von denen der eine das gesamte Protein in meinem Heu darstellt, auch Rohprotein genannt. Im Idealfall liegt das zwischen 6 und 9%. Dazu wird dann noch das präcaecal verdauliche Protein angegeben, meist als pcv XP bezeichnet. Damit ist der Anteil vom Gesamteiweiß gemeint, der vom Pferd tatsächlich im Dünndarm verdaut und aufgenommen wird. Hingegen beschreibt der Begriff „verdauliches Protein“ die Summe des Proteins, die im Verlauf der gesamten Darmpassage verwertet wird, also sowohl den Anteil, den das Pferd im Dünndarm verdaut als auch den Anteil, den das Mikrobiom im Dickdarm verwertet, aber dem Pferd gar nicht zur Verfügung steht. Die Menge des präcaecal verdaulichen Proteins ist vor allem wichtig für nicht-artgerechte Futtermittel, wie sie häufig in Mischfuttern eingesetzt werden. Denn diese können dann zwar hohe Gesamteiweißwerte aufweisen (hoher RP Wert), aber ggf. von minderwertiger Qualität, sodass das Eiweiß für das Pferd nicht unbedingt verwertbar ist (niedriger pcv XP) Wert).

Der tägliche Bedarf an Rohprotein eines normalen Freizeitpferdes mit 500kg Lebendmasse liegt bei ca. 350g. Habe ich nun ein Heu mit 6% Proteingehalt (RP), berechnet auf die Trockensubstanz, sind das bei 10kg Heu, die mein Pferd pro Tag erhält, 510g Rohprotein (15% Restfeuchte im Heu). Selbst wenn davon nicht alles im Dünndarm verfügbar ist – siehe pcv XP – sollten die 6% noch ausreichend sein. Denn der Anteil an pcv XP in Heu und Gras ist vergleichsweise hoch und liegt üblicherweise bei 3,5-7% pcv XP, bezogen auf Trockensubstanz. Je artenreicher das Heu, desto höher der Anteil an pcv XP. Da die pcv XP Werte nur aufgrund einiger Annahmen berechnet werden und keine wirklichen Messdaten in den Heuanalysen vorliegen, ist eine genaue Berechnung des Proteingehalts in der Ration naturgemäß schwierig. Dennoch kann man davon ausgehen, dass bei artgerechter ad libitum Fütterung ein Pferd mit 500kg Körpergewicht zwischen 2-3% seines Gewichts an Heu fressen wird und damit zwischen 290g und 890g präcaecal verdaulichem Protein aufnehmen kann. Je weniger Nährstoffe im Heu enthalten sind, desto mehr frisst ein Pferd, sodass man sich über ein „zu wenig“ an Protein bei üblichen Proteinwerten im Heu für ein gesundes Pferd keine Gedanken machen muss.

Kommen allerdings noch weitere Faktoren wie z.B. Krankheit hinzu, muss gegebenenfalls Protein ergänzt werden. Auch Deckhengste, Zuchtstuten oder Jungpferde haben einen höheren Proteinbedarf. Darüber hinaus spielt die Qualität des Proteins noch eine große Rolle. Hier ist die Aminosäure Lysin meist der begrenzende Faktor. Bin ich also am unteren Wert bei meinem Proteingehalt, sollte eventuell Protein in Form von Esparsette oder Luzerne mit ihren hohen Gehalten an Lysin zugeführt werden oder auch direkt eine Mischung aus für das Pferd essentiellen Aminosäuren wie das Lymeth von OKAPI.

Liegen die Rohproteinwerte in meinem Heu über 9%, dann ist das Heu nur für Sportpferde im oberen Leistungsbereich geeignet. Bei Freizeitpferden und leichtfuttrigen Kandidaten führt ein Heu mit hohen Rohproteinwerten häufig zu Verfettung.

zwei Pferde fressen Heu
Im Idealfall liegt das Rohprotein zwischen 6 und 9%.© Alexia Khruscheva / Adobe Stock

Auch Heu enthält Fett

Hinter dem Begriff „Rohfett“ in der Analyse verbirgt sich die in der Pflanze gespeicherten Fette / Öle, welche meist als winzige Fetttröpfchen vor allem in den Fettspeichern der Pflanzenzellen, beispielsweise in den Samen, vorliegt. Der Rohfettgehalt schwankt stark mit dem Erntezeitpunkt und dem Pflanzenbestand und liegt in Heu üblicherweise zwischen 1 – 2,5%. Da Pferde auch unter experimentellen Bedingungen keinen Fettsäuremangel entwickeln, spielt dieser Wert eine untergeordnete Rolle.

„Rohasche“ hat nichts mit üblicher „Asche“ zu tun

In der „Rohasche“ sind dann noch alle Mineralien und Spurenelemente enthalten, die ebenfalls mitbestimmt werden können. Der Rohasche-Gehalt sagt zunächst nicht viel aus, da hier neben den Mineralien und Spurenelementen auch Sand- und Erdanhaftungen mit gemessen werden. Außerdem schlüsselt dieser Begriff nicht auf, welche Mineralien in welchen Mengen vorliegen, es ist nur die Summe. Wer es genau wissen will, kann die Mineralien und Spurenelemente analysieren lassen. Dabei liegen beispielsweise Eisen oder Calcium in der Regel in Mengen deutlich über dem Bedarf vor, andere wie Kupfer oder Phosphor können eher in geringen Mengen vorhanden sein. Mit einem ausgewogenen Mineralfutter kann man eventuellen Mineralstoffdefiziten gegensteuern.

Alle Werte zusammen liefern die verdauliche Energie

Die verdauliche Energie wird als DE (digestible energy) angegeben und meist zusätzlich noch die vom Pferd tatsächlich genutzte Energie als umsetzbare Energie ME (metabolisable energy). Wäre also in unserem Beispielheu die ME bei 7MJ/kg, dann würden 10kg Heu 70MJ Energie liefern. Damit wäre unser 500kg Freizeitpferd mehr als versorgt.

Nicht alles, was rechnerisch im Heu ist, kommt auch im Pferd an

Man muss bei Heuanalysen und der Berechnung einer Ration immer im Hinterkopf behalten, dass ein Vorhandensein von Nährstoffen, Mineralien oder Spurenelementen nicht zwangsläufig bedeutet, dass das Pferd auch genügend davon aufnehmen kann. Ist die Darmflora oder die Funktion der Darmschleimhaut des Pferdes gestört, kann sich trotz optimaler Ernährung ein Mangel entwickeln. Ist das Pferd rangniedrig und bekommt wegen Rangeleien an der Raufe überhaupt nicht die Menge an Heu, die ihm rechnerisch zustehen würde, können ebenfalls Mängel entstehen.

Zudem muss natürlich auch bedacht werden, dass Heu unterschiedlicher Herkunft auch unterschiedliche Nährstoffe enthält. Deshalb sollte aus jeder Heucharge, die über den Winter verfüttert wird, eine Probe gezogen und entweder separat eingeschickt oder mit den Proben aus allen Chargen gemischt und dann eingeschickt werden, um einen Mittelwert zu erhalten.

Mehr dazu in Geballtes Wissen # 25 Hab ich “gutes” Heu? oder in unserem Factsheet Raufutter: Heu