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Wenn das Heu nicht so aussieht, riecht und sich anfühlt wie erwartet, gehen die Reaktionen von Pferdebesitzern wie auch Stallbetreibern sehr weit auseinander. Da gibt es diejenigen, die das Heu gleich auf den Misthaufen tragen, weil es staubig ist oder nicht so frisch und duftig nach Kräutern riecht, wie sie das gerne hätten. Das andere Extrem sind diejenigen, die das Heu noch in die Raufe geben, wenn einem schon die grauschwarz verklebten Platten ins Auge springen. Die Wahrheit ist – wie so oft – etwas komplexer.

Schimmel im Heu ist ein no-go!

Jedem sollte klar sein, dass verdorbenes Heu nicht für Pferde geeignet ist. Es kann Fehlgärungsprozesse im Dickdarm auslösen, zu Koliken, Hufrehe oder chronischen Atemwegsproblemen führen und bei Zuchtstuten Abort auslösen. Das wird vor allem verursacht durch die Giftstoffe, welche die Verderb-anzeigenden Mikroorganismen wie Schimmelpilze in den Ballen abgeben, allen voran die Mykotoxine. Dazu produzieren viele Schimmelpilze auch antibiotisch wirkende Substanzen, die erheblich die Vielfältigkeit und Balance des Dickdarm-Mikrobioms beeinflussen können. Werden Schimmelsporen regelmäßig eingeatmet, kann es bei Pferden auch zu allergischen Reaktionen der Atemwegsschleimhäute kommen und damit zu chronischem Husten. Diejenigen, die ein Auge auf die Heuqualität haben, tun also durchaus gut daran, wenn ihnen die Gesundheit ihres Pferdes am Herzen liegt.
Aber woran erkennt man Schimmelbefall im Heu?

Heufütterung im Offenstall
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Die Geruchsprobe

Viele Pferdeleute haben die Erwartung, dass ihr Heu immer duftig nach Kräutern riecht und eben diesen typischen „Heugeruch“ hat. Das, was die meisten Pferdebesitzer mit „Heu“ in Verbindung bringen, geht aus vom Gewöhnlichen Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) hervor. Aufgrund seines hohen Cumarin-Gehalts verströmt es eben diesen typischen Geruch. Wächst kein Ruchgras auf der Heuwiese, dann wird auch das beste Heu nicht danach riechen.

Um seine Nase zu trainieren, wie Heu riechen kann, ist es hilfreich, möglichst oft an verschiedensten Heusorten zu schnüffeln. Dann stellt man fest, dass jede Heucharge ganz unterschiedlich riecht. Das reicht von „riecht nach nichts“ bis „Kräutertee“ und manchmal kann das Heu durch die Lagerung über einem Kuh- oder Schafstall auch ganz andere Gerüche annehmen. Wichtig ist, dass es keinen muffigen Geruch hat, denn der weist auf Schimmelbefall hin. Riecht das Heu fermentiert, ein wenig wie frischer Tabak, dann war es meist zu fest gepresst und es haben ungesunde Fermentierungsprozesse von Bakterien oder Hefen stattgefunden, auch solches Heu ist nicht für die Fütterung geeignet. Riecht es säuerlich, dann handelt es sich entweder um (trockene) Heulage oder das Heu wurde beim Pressen mit Konservierungsmitteln behandelt, die leider sehr schlecht verträglich für Pferde sind.

Steckt man die Nase tief in eine größere Handvoll Heu, das frisch vom Ballen kommt und es riecht muffig, fermentiert, säuerlich oder sonst irgendwie unangenehm, dann sollte man dieses Heu sicherheitshalber nicht verfüttern, sondern erstmal im Labor untersuchen lassen.

Die Schüttelprobe

Ob das Heu staubt oder nicht, sieht man meist nur, wenn man den Ballen öffnet und es aufschüttelt. Wird der Ballen komplett mit einem Netz darüber in die Raufe gestellt, merkt man das oft erst viel zu spät. Stopft man aber Heunetze, füllt täglich die Raufen mit losem Heu oder schüttelt lockeres Heu in der Box auf, dann merkt man schnell, wenn es staubiger als normal ist. Nun muss Staub nicht immer gleich Schimmel sein.

Ob es sich bei dem aufwirbelnden Staub um Schimmelsporen handelt oder um Erde, kann man ohne eine weitere Untersuchung gar nicht sagen. Insbesondere wenn das Heu von Feuchtwiesen gewonnen wird, ist es oft staubig, ohne schimmelig zu sein. Denn um Feuchtwiesen befahren zu können, muss über längere Zeit extreme Trockenheit herrschen, sonst versinken die Landmaschinen. Der Boden solcher Feuchtwiesen besteht meist aus sehr feinem, organischem Material, das von den Maschinen durch die Trockenheit leicht hochgewirbelt werden kann und so im Heuballen landet. Da kann man sich noch so viel Mühe geben bei der Heuproduktion – solches Heu wird immer staubig sein, es kann aber dennoch eine top Qualität haben.

Auch wenn die Maschinen zu tief eingestellt waren, ist das Heu nachher oft staubig, da Wurzelballen und Erdklumpen mit in den Ballen gepresst werden. Staub alleine sagt also erstmal noch nichts darüber aus, ob das Heu schimmelig ist oder ob es sich um Erde handelt, dafür braucht man dann die Geruchsprobe und eventuell auch eine Laboruntersuchung, um sicherzugehen.

Pferdeweide mit kurzem Gras
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Die Sichtprobe

Viele gehen davon aus, dass das Heu gut ist, solange man keinen Schimmel sehen kann. Leider ist Schimmel aber mikroskopisch klein und daher für unser Auge gar nicht ohne Weiteres sichtbar. Dennoch kennt jeder den typischen, verschimmelten Heuballen mit seinen zusammengepressten, grauschwarzen Platten – ob am Ballenrand oder mitten im Ballen.

Das kann beispielsweise passieren, wenn der Ballen direkt auf dem Boden gelagert wurde, ohne dass darunter Luft zirkulieren konnte. In dem Fall kann Feuchtigkeit aus dem Boden in den Ballen ziehen und diese Plattenbildung begünstigen, das nennt man dann „Lagerschimmel“, weil er durch falsche Lagerung entstanden ist. Auch Heu, das mit einem zu hohen Restfeuchtegehalt gepresst wurde, weist oft solche grauen Platten auf, die dann meist mitten im Ballen zum Vorschein kommen. In dem Fall ist es „Ernteschimmel“, weil er auf fehlerhafte Erntebedingungen zurückzuführen ist.

In vielen Ställen ist es gängige Praxis, diese verklebten, grauen Stellen zu entfernen und den Rest zu füttern. Oft hört man sogar „ach, das ist kein Problem, dann entfernen wir die äußeren zwei Lagen, dann ist das Heu ja gut“. Das ist so, als ob man beim Brot den Schimmelfleck wegschneidet und den Rest isst, weil ja dort kein Schimmel sichtbar ist. Die grauen Platten im Heu sind sozusagen die Blüte des Schimmels, wie die grünlich-grauen Pelzflecken auf unserem Brot. Das eigentlich Schimmelmyzel können wir hingegen mit dem Auge gar nicht sehen. Es durchzieht meist schon den ganzen Ballen (wie auch das Brot), wenn wir eine solche „Blütestelle“ sehen. Deshalb gehören Ballen mit grauen Platten definitiv komplett auf den Misthaufen, da braucht man nicht mal mehr eine Geruchs- oder Schüttelprobe zu machen.

Wenn man nicht sicher ist, ob das Heu gut oder vielleicht doch schimmelig ist, kann man eine Probe einschicken an eines der landwirtschaftlichen Untersuchungslabore wie die LUFA oder die LKS Sachsen. Eine Untersuchung auf „Mikrobiologischen Verderb“ gibt dann Sicherheit, ob man das Heu guten Gewissens seinem Liebling füttern kann oder eher nicht.