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Sommerekzem, Heustaub & Co.

Jeden Sommer wieder kommt die Zeit, in der viele Pferde sich an Schweif und Mähne scheuern. Aber nicht nur das Sommerekzem, bei dem die Pferde gegen den Speichel der Culicoides-Mücke allergisch reagieren, stellt ein großes Problem dar, sondern auch Allergien, bei der die Auslöser das ganze Jahr über zu finden sind, wie Schimmelpilz im Heu („Heustauballergie“) oder Pollen.

Bei den genannten Allergien handelt es sich um eine sogenannte Typ I Allergie, d.h. irgendwann kam es zum Erstkontakt, der noch symptomlos war, und anschließend bildet der Körper sogenannte IgE-Antikörper. Diese erkennen in der Folge dann immer ein Eindringen dieser Allergene in den Körper und es kommt zu einer Aktivierung der Mastzellen und basophiler Granulozyten. Bei dieser Reaktion werden verschiedene chemische Botenstoffe wie Histamin ausgeschüttet, die eine Entzündungsreaktion fördern und in der Folge für Juckreiz, tränende Augen, Husten oder Nesselfieber sorgen, eben für die typischen Symptome einer Allergie.

Im Gegensatz zu den Pollenallergikern, bei denen die Weidesaison die schwierigere Jahreszeit ist, sind Pferde mit einer Allergie gegen Schimmelpilze aus dem Heu in der Weidesaison meist symptomfrei und leiden mehr im Winter. Jedoch steckt nicht bei allen Pferden, die husten, zwangsläufig auch eine Allergie dahinter.

RAO/COPD ist oft keine allergische Erkrankung

Häufig werden Pferde mit RAO (Recurrent Airway Syndrome) oder COPD (Chronische Obstruktive Bronchitis), wie die Erkrankung auch genannt wird, als Heustauballergiker bezeichnet. Diese Pferde reagieren auf den Staub im Heu mit gereizten Atemwegen, husten und teilweise Atemnot. In der Literatur sind Fälle beschrieben, bei denen IgE-Antikörper gegen Milben nachgewiesen werden konnten, auch Allergien gegen Schimmelpilzsporen sind gezeigt worden, nicht jedoch gegen Staub. Eine „Heustauballergie“ gibt es also nicht, die Pferde können lediglich gegen im Heu enthaltene Milben oder Schimmelpilze allergisch reagieren. Heustaub an sich kann aber einen (nicht allergischen) Reizhusten auslösen bei Pferden mit entzündeten Atemwegen.

Zu COPD können letztlich mehrere Faktoren führen, angefangen mit chronischen Vereiterungen der Nasennebenhöhlen über nicht artgerechte Haltung (beispielsweise geschlossene Stallhaltung mit schlechter Atemluft) bis hin zu Fütterungsfehlern wie schimmeligem Heu. Eine COPD kann demnach allergisch bedingt sein (Schimmelpilze, Milben, Pollen, Tierhaare…), muss aber nicht. Hier muss zunächst abgeklärt werden, was die Symptomatik genau auslöst, um dem Pferd zielgerichtet helfen zu können. Ein Tagebuch kann helfen, die möglichen Ursachen genauer einzugrenzen, wenn das Auftreten und die Stärke der Symptome beispielsweise verglichen werden mit Jahreszeit, Pollenflugkalender, Haltungsänderungen oder Futterqualität.

Nasennetze und angepasste Fütterung

Bei Pollenallergikern, die häufig mit Headshaking, Nasekratzen oder Nasenausfluss reagieren, haben sich oft Nasennetze bewährt. Zudem ist ein freier Zugang zum Stall tagsüber von Vorteil, damit sich die Pferde zurückziehen können. Im Stall sind sie häufig weniger Pollenflug ausgesetzt als auf Auslauf oder Weide.

Ganz anders bei Schimmelpilz-Allergikern: Diese profitieren eher vom Weidegang im Sommer und einer Vermeidung der Schimmelpilzexposition, wie z.B. durch Späneeinstreu und warmluftgetrocknetes Heu. Jeder auch nur leicht schimmelige Heuballen, der von gesunden Pferden noch „weggesteckt“ wird, kann hier den nächsten Allergieschub auslösen, der von Husten bis hin zu heftigen Atemnotepisoden reichen kann.

Für Sommerekzemer ist meist eine Ekzemerdecke angezeigt, sofern man nicht in den Küstenregionen oder solchen Höhenlagen wohnt, in der es die Allergie auslösenden Mücken nicht gibt. Bei Sommerekzemern sollte aber auch unbedingt auch das Vorliegen einer KPU abgeklärt und die Fütterung angepasst werden. Je zuckerreicher diese Pferde gefüttert werden, desto attraktiver sind sie für die Mücken. Hier kann man also über die Fütterung erheblichen Einfluss auf das Auftreten und die Stärke der Allergie nehmen.

Pferd mit Ekzemerdecke
©Adobe Stock/Petra Eckerl

Angeborene Allergie bei Pferden

Gerade bei Isländern wird oft diskutiert, ob deren Allergiebereitschaft gegenüber dem Speichel der Culicoides-Mücke nicht auch angeboren sein könnte und man deshalb eine bestimmte genetische Prädisposition innerhalb der Linien bzw. Abstammung erkennen könnte. Leider wurde aber bis heute kein eindeutiges „Sommerekzem-Gen“ gefunden.

Darüber hinaus spielen bei Allergien Umweltfaktoren eine genauso große Rolle wie die Genetik.

An der Entstehung von Allergien sind – soweit man das heute aus Untersuchungen an verschiedensten Tierarten weiß – meist mehrere Gene beteiligt, so dass eine Identifikation nicht so leicht ist und betroffene Tiere damit gar nicht einfach aus der Zucht ausgeschlossen werden können. Zudem spielt, wie oben schon erwähnt, bei Allergien auch die Epigenetik eine sehr große Rolle, denn nicht immer wenn z.B. eine bestimmte Mutation in einem Gen vorliegt, heißt das auch, dass das zu einer klinischen Symptomatik führen muss.

Selbst wenn es also eines Tages einen „Gentest“ auf Sommerekzem geben sollte, sagt dieser noch nicht 100% aus, ob das Pferd auch daran erkranken wird. Denn solche Gene sprechen erstmal nur für eine Prädisposition, also eine Veranlagung für eine bestimmte Krankheit oder Empfindlichkeit. Ob diese Krankheit dann ausbricht und damit klinisch relevant wird oder nicht, hängt unter anderem von den Lebensbedingungen wie Fütterung, Haltung, Medikamentengaben, Stresslevel etc. ab. Für das allergiegeplagte Pferd nutzt das also zunächst einmal wenig. Die genaue Ursache ist also deutlich hilfreicher, weil man dann weiß, welche Allergene man vermeiden sollte.

Allergie-Tests für Pferde

Mittlerweile gibt es mehrere Allergietests für Pferde. Bei meist verwendeten sogenannten ELISAs (Enzyme Linked Immuno Absorbance Assay) werden die IgE-Antikörper im Serum nachgewiesen. Allerdings sind diese noch nicht sensitiv genug, um eine verlässliche Aussage treffen zu können. Hier kann es zu falsch negativen, als auch zu falsch positiven Ergebnissen kommen. Das bedeutet, dass Stoffe als problematisches Allergen erkannt werden können, ohne dass das Pferd daraufhin Symptome zeigt (falsch-positiv) oder auch dass Stoffen nicht als Allergen erkannt werden, obwohl das Pferd darauf mit allergischen Symptomen reagiert (falsch-negativ).

Blutentnahme beim Pferd
©Charlymorlock / AdobeStock

Besser geeignet sind da schon Assays, die den Leukotrien-Gehalt der basophilen Granulozyten (CAST- cellular antigen stimulation test) oder den Histamingehalt (FIT- funktioneller in vitro Test) messen. Die größte Schwierigkeit ist aber auch hier immer, das genaue Allergen zu identifizieren.

Sollte das gelingen und die auslösenden Faktoren wären bekannt, dann wäre auch die Desensibilisierung über eine Immuntherapie beim Pferd erfolgreicher. Derzeit sind aber die Erfolge bei Desensibilisierung beim Pferd ausgesprochen überschaubar. Ein gutes Management des Allergikers hat meist mehr Auswirkungen auf die Lebensqualität als solche Behandlungen.

Immuntherapie beim Pferd

Derzeit wird die größte Hoffnung in der Behandlung von Allergien beim Pferd in die Immuntherapie gelegt. Hier steckt die Forschung aber noch in den Kinderschuhen. Die meisten Publikationen berichten von einer Verbesserung der Symptomatik in den ersten beiden Jahren, die dann aber wieder nachlässt. Zuverlässigere Tests, die das genaue Antigen identifizieren und eine darauf basierende, zielgerichtete Immuntherapie wären wünschenswert, sind aber (leider) noch Zukunftsmusik. Bis dahin bleibt nur, das Pferd über entsprechende Haltungs- und Fütterungsmaßnahmen so zu managen, dass es möglichst gut damit klar kommt.

Allergieprävention und Management

Je weniger Stress ein Pferd hat und je weniger Fütterungsfehler gemacht werden, desto geringer ist das Risiko, dass eine Allergie überhaupt erst entsteht. Ist der Darm nicht in Ordnung, steigt die Allergiebereitschaft deutlich, da etwa 70% des Immunsystems beim Pferd im Darm lokalisiert sind. Darmschleimhautentzündungen und das damit einhergehende „Leaky Gut Syndrom“ sorgen für eine Überlastung des in der Darmwand angesiedelten Immunsystems. Auch wenn das Pferd (noch) keine Symptome einer Allergie zeigt, kann man präventiv hier schon Futtermittel vermeiden, die die Entstehung fördern, wie z.B. Heulage.

Aber auch Stress kann zu chronischen Entzündungsreaktionen im Darm führen, nur ist dieser bei Pferden oft sehr schwer zu erkennen. Hier können zum Beispiel chronische Schmerzen oder unpassende Haltungsbedingungen der Auslöser sein. Nicht jedes Pferd ist für die Gruppenhaltung geeignet, vor allem alte oder rangniedrige Pferde stehen in großen Gruppen oder bei Herden mit häufigem Wechsel oft unter Dauerstress. Chronische Schmerzen, zum Beispiel durch Arthrosen, subklinische Hufrehe oder weil die Pferde beispielsweise den ganzen Tag auf hartem Boden im Auslauf stehen müssen, können ebenfalls problematisch sein. Sie sorgen langfristig nicht nur für Magengeschwüre sondern auch für Darmschleimhautentzündungen, die wiederum die Allergiebereitschaft erhöhen.

Selbstverständlich sind diese ganzen Faktoren auch gültig, wenn das Pferd bereits an einer Allergie leidet. Durch Stressminderung und Vermeidung von Fütterungsfehlern bzw. durch eine Stabilisierung des Darmes, kann die Allergiebereitschaft meist schon stark gesenkt und dem Pferd eine deutlichere Erleichterung verschafft werden.