Lesedauer 11 Minuten

Wer kennt das nicht: das Pferd ist lahm und keiner weiß, warum. Da ist dann guter Rat meist teuer, denn vor der Therapie steht erstmal die Diagnostik, was überhaupt das Problem ist. Dabei stellt sich dann die Frage, mit welchem Verfahren man dem Pferd überhaupt helfen kann oder welche Art der Diagnostik angezeigt ist.

Die Möglichkeiten sind vielfältig, aber auch nicht immer ganz günstig. Bei einer notwendigen Narkose ist die Diagnostik dann auch für das Pferd nicht immer ohne Risiko. Um sinnvoll entscheiden zu können, welche Verfahren man durchführen lässt oder auch nicht, ist es hilfreich, wenn man als Pferdebesitzer einschätzen kann, welchen diagnostischen Wert die einzelnen Methoden haben und wie auch die Preisklasse ist. Denn wir würden zwar alles für unseren Liebling geben, wenn man aber tausende Euro für ein Verfahren ausgibt, das einem in der Ursachensuche letztlich dann doch nicht weiter hilft, ärgert man sich zu recht.

Hier daher ein Überblick über die derzeit gängigen Diagnostik-Methoden. Nicht alle werden von jedem Tierarzt angeboten. Für einige braucht man einen Spezialisten, der über die Geräte und die Erfahrung der Interpretation verfügt. Andere können nur in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden, was dann noch Transport des Pferdes und ggf. Aufenthalt in der Klinik als Kostenfaktoren nach sich zieht.

Röntgen und Ultraschall – die mobile Lösung für den schnellen Blick

Röntgenaufnahme der Vorderbeine eines Pferdes
Die Untersuchung im Stall kann den Stress und die Kosten minimieren. © Adobe Stock/antoine-photographe

Die gängigsten Methoden sind hier das Röntgen und der Ultraschall oder Sonographie. Hier hat der Tierarzt meist mobile Geräte dabei, mit denen man zunächst versuchen kann, die Ursache der Lahmheit oder einer Schwellung zu erkennen. Diese Kleingeräte sind in der Regel nicht so leistungsstark, wie feste Geräte in einer Tierklinik, dafür kann die Untersuchung im eigenen Stall durchgeführt werden, was Stress und Kosten für Pferd und Besitzer minimiert.

Beim Röntgen wird radioaktive Strahlung durch den Körper geschickt und von Gewebe, Knochen und Organen unterschiedlich absorbiert. Die Reststrahlung trifft dann gegenüber auf einen Röntgenfilm, der dadurch unterschiedlich stark belichtet wird. Das Ergebnis ist ein zweidimensionales schwarz-weiß Bild des untersuchten Körperteiles. Knochen absorbiert dabei deutlich mehr Strahlung als Weichgewebe (Knorpel, Sehnen, Bänder, Muskeln etc.). Während letztere nur als Schemen auf dem Röntgenbild zu sehen sind, können Knochenstrukturen in vielen Details dargestellt werden. Röntgen wird daher in der Regel zur Untersuchung von Knochen beim Pferd einsetzt. Dazu gehören Frakturen (Brüche), Fissuren (Haarrisse) Veränderungen der Dichte (z.B. das Strahlbein bei Hufrollentzündung oder subchondrale Knochenzysten) sowie die Lage (z.B. des Hufbeines nach einer Hufrehe oder von abgesprengten Fragmenten nach Frakturen).

Beim Ultraschall, auch Sonographie genannt, werden statt Röntgenstrahlen gerichtete Schallwellen durch das zu untersuchen Gewebe geschickt. Diese werden von verschiedenen Geweben aufgrund ihres unterschiedlichen Wassergehalts unterschiedlich reflektiert und die Reflexion vom Ultraschallkopf wieder aufgefangen und als schwarz-weiss-Bild dargestellt. Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, einen Sehnenschaden oder Vernarbungen von Gewebe zu erkennen. Der mobile Tierarzt wird Ultraschall vor allem bei Sehnen- und Bänderschäden einsetzen sowie für gynäkologische Untersuchungen. Bei großen Geräten, wie sie zum Teil in Klinken stehen, können sogar innere Organe wie Lunge oder Herz angeschaut werden. Benötigt man also einen Herzultraschall für ein Sportpferd, muss man mit dem Pferd in eine darauf spezialisierte Klinik fahren.

Ultraschall und Röntgen sind also in der Regel im Stall durch einen mobilen Tierarzt durchzuführen, der entsprechende Geräte dabei hat. Röntgen setzt man bei Verdacht auf Knochen-Schäden ein, Ultraschall bei Verdacht auf Weichgewebe-Schäden. Die Kosten variieren (nach Anzahl der Aufnahmen, Schwierigkeitsgrad der Interpretation und anderen Faktoren), sind aber in der Regel überschaubar, sodass man diese Untersuchungen auch auf Verdacht durchführt, wenn die normale Anamnese kein klares Ergebnis liefert.

Röntgen setzt man bei Verdacht auf Knochen-Schäden ein, Ultraschall bei Verdacht auf Weichgewebe-Schäden. © Adobe Stock/Terri Cage

Computertomographie (CT) – das 3D Röntgen

Sollte die Röntgenuntersuchung keine klare Diagnose ergeben, obwohl der starke Verdacht einer Knochenschädigung besteht, gibt es die Möglichkeit, das Pferd computertomographisch zu untersuchen. Vom Prinzip her entspricht es dem Röntgen, denn auch hier werden Röntgenstrahlen durch das zu untersuchende Gewebe geschickt. Im Gegensatz zum Röntgen ist das Ergebnis jedoch nicht zweidimensional. Beim CT werden mehrere Bilder in unterschiedlichen Ebenen aufgenommen, die dann am Computer zu einer dreidimensionalen Darstellung zusammengefügt werden. Das ermöglicht eine wesentlich genauere Darstellung und Interpretation der untersuchten Strukturen.

Bei Pferden ist diese Methode bislang nur für die Beine und den Kopf/Halsbereich möglich, es gibt (noch) keine Computertomographen, die groß genug wären, ein komplettes Pferd zu untersuchen. Die Untersuchung kann stehend oder liegend erfolgen. Stehend ist keine tiefe Sedation notwendig, nur eine leichte, wie sie auch für die Zahnbehandlung vorgenommen wird. Ein CT wird immer dann notwendig, wenn das konventionelle Röntgen keine eindeutige Diagnose brachte, z.B. bei kleinen Fissuren am Knochen, die im herkömmlichen Röntgen nicht gesehen werden. Eine übersehene Fissur kann bei weiterer Belastung zu einer Fraktur werden und je nach Lage kann es dann sein, dass diese nicht mehr zu therapieren ist. Der Nachteil der Computertomographie ist der dafür notwendige Transport in eine Klinik, die Sedierung sowie die nicht unerheblichen Kosten, denn man muss um die 800 Euro für die Untersuchung rechnen.

Magnetresonanztomographie (MRT) – der Goldstandard

Wenn weder mit dem CT noch mit Ultraschall etwas festgestellt werden konnte, gibt es noch die Möglichkeit ein MRT (Magnetresonanztomographie oder auch Kernspintomographie) erstellen zu lassen. Auch hier ist es wiederum nur möglich, die Beine und den Kopf/Halsbereich anzuschauen, denn es gibt (noch) keine MRT Geräte, die groß genug wären für ein komplettes Pferd. Welche Bereiche am Pferd man damit anschauen kann und ob das Pferd stehend oder liegend untersucht wird, hängt sowohl beim CT als auch beim MRT vom jeweiligen Gerät ab, hier sollte man vorab mit der Klinik der Wahl klären, welche Untersuchungen sie durchführen können.

Beim MRT wird ein dreidimensionales Bild aller Gewebe mittels Magnetfeldern und Radiowellen hergestellt, es ist damit sozusagen eine Kombination aus CT und Ultraschall. Das erlaubt eine wirklich hohe Aussagekraft, da einerseits alle Gewebe einbezogen werden und andererseits die Qualität der Bilder hervorragend ist. Hier können fast sämtliche Strukturen des Körpers dargestellt werden, also Sehnen, Knochen und das umliegende Gewebe. Das ermöglicht vor allem eine genaue Diagnose der Weichteile in Bereichen, wo sich mehrere Strukturen überlagern und damit der Ultraschall kein klares Ergebnis liefert. Allerdings verfügen nur sehr wenige Tierkliniken über so ein Gerät. Dazu kommt natürlich wieder der Transport in die Klinik, die Sedierung und die Kosten, die mit rund 1.200 Euro zu Buche schlagen.

Szintigraphie – zur Feststellung von Entzündungen

Nicht immer ist die Lahmheit klar lokalisierbar. Viele haben das schon erlebt: Das Pferd läuft irgendwie nicht rund, scheint auf allen Beinen zu ticken oder die Lahmheit wandert hin und her und man kriegt die Ursache einfach nicht zu fassen. Das kann auftreten, wenn die Ursache für das Bewegungsverhalten im Rumpfbereich liegt oder wenn mehrere Strukturen im Bewegungsapparat betroffen sind. Bei solchen „diffusen“ Problemen im Bewegungsapparat wird bei Pferden gerne die Szintigraphie eingesetzt. Während die Sonographie für die Untersuchung konkreter, abgegrenzter Gewebebereiche ideal ist, erlaubt die Szintigraphie die Untersuchung des ganzen Pferdes, um „Problemursachen“ einzugrenzen.  

Für diese Untersuchungsmethode wird den Pferden eine mit radioaktiven Substanzen versehene Infusion intravenös verabreicht. Diese radioaktiven Substanzen reichern sich besonders in Körperteilen an, die von entzündlichen Prozessen betroffen sind. Die radioaktive Strahlung wird anschließend aufgenommen und die Bereiche, wo sich Entzündungen befinden, werden als dunkle Flecke in der Darstellung sichtbar.

Die Szintigraphie wird vor allem für Probleme an Knochen eingesetzt, aber auch Bänder, Gelenke und Sehnen können untersucht werden. Denn egal welches Gewebe entzündet ist: es kommt immer zu einer Anreicherung der Radioaktivität in diesem Bereich. Auch für diese Art der Untersuchung ist eine leichte Sedierung notwendig, die Untersuchung erfolgt aber im Stehen, was das Risiko im Vergleich zu einer richtigen Narkose deutlich senkt. Zudem muss das Pferd, aufgrund der Strahlung der verabreichen radioaktiven Substanzen, ein bis drei Tage in Quarantäne, also in der Klinik, bleiben.

Da hier die Anreicherung der Radioaktivität mit einer sogenannten Gammakamera abgescannt wird, können die Anreicherungen im gesamten Pferdekörper dargestellt werden. Das hat den Vorteil, dass auch Strukturen, die mit anderen Untersuchungsmethoden nicht dargestellt werden können, hier auffällig werden. Das kann vor allem hilfreich sein, wenn es um Lahmheiten „von oben“ geht, wo man nicht genau weiß, ob es aus dem Ileosakralgelenk, dem Becken, dem Knie oder der Lendenwirbelsäule kommt. Der Nachteil ist, dass aufgrund der engen Nachbarschaft von Strukturen häufig keine exakte Diagnose gestellt werden kann, also die Unterscheidung, ob in dem Bereich die Sehne, das Band, die Gelenkkapsel, der Muskel, der Knochen oder eine beliebige Kombination derselben betroffen ist. Im nächsten Schritt ist also meist eine weiterführende Diagnostik notwendig, um das noch genauer auszudifferenzieren. Dazu kommen natürlich wieder Transport, Klinikaufenthalt und die Kosten für die Methode, bei denen man mit rund 800 Euro rechnen sollte.

Thermographie – Diagnostik über Infrarotstrahlung

Ganz ähnlich wie die Szintigraphie wird die die Thermografie eingesetzt. Auch hier wird der Körper abgescannt, allerdings nur mit einer Wärmebildkamera nach Infrarotstrahlung. Damit wird vom Pferd abgestrahlte Wärme gemessen und es können sehr gut Durchblutungsstörungen, Entzündungen, aber auch überlastete Strukturen aufgedeckt werden. Somit eignet sich die Thermographie, genauso wie Röntgen oder Ultraschall für eine erste Abklärung der Problematik und kann im Falle von überlasteten Strukturen sogar präventiv, also zur Vermeidung einer Verletzung, eingesetzt werden, wenn man überlastete Strukturen im Vorfeld schont.

Der Vorteil der Thermographie gegenüber der Szintigraphie ist, dass dem Pferd keine radioaktiven Substanzen verabreicht müssen. Die meisten Thermographen sind auch mobil unterwegs und kommen für die Untersuchung in den Stall. Hier müssen allerdings einige Gegebenheiten stimmen. So darf das Pferd vorher nicht in der Sonne gestanden haben, der Aufnahmeort muss möglichst frei von Zugluft sein etc., sonst sind keine zuverlässigen Aussagen möglich. Auch hier kann keine genaue Lokalisation des betroffenen Gewebes vorgenommen werden, entsprechend sind meist weitere diagnostische Abklärungen, beispielsweise mittels Röntgen oder Ultraschall notwendig. Aber die Methode grenzt zumindest den Körperbereich ein, in dem es Entzündungsprozesse gibt, die wahrscheinlich die Ursache für die sichtbare Lahmheit sind. Die Thermographie wird meist noch nicht-Tierärzten ausgeführt, daher variieren die Preise noch mehr als bei tierärztlichen Leistungen. Für einen ordentlich ausgebildeten Thermographen und eine komplette Thermographie des Pferdes inkl. eine fachlich fundierten Auswertung sollte man aber mit 200 Euro Minimum rechnen.

Was wann und bei welchen Problemen?

Erstmal macht der Tierarzt eine klassische Diagnostik im Stall. © Adobe Stock/Terri Cage

Geht ein Pferd lahm, wird der Tierarzt erstmal die klassische Diagnostik vornehmen, die daraus besteht, das Pferd in Bewegung anzuschauen, um den betroffenen Bereich einzugrenzen: links, rechts, vorne, hinten, Stand- oder Hangbeinlahmheit? Dann steht ihm die Adspektion (Anschauen), Palpation (Abtasten) und die Beugeprobe als nächste Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Kommt die Lahmheit aus dem Huf, kann man auch noch mit Hilfe der Hufzange abtasten, ob eher die Zehe (Verdacht auf Hufrehe) oder der Bereich der Hufrolle betroffen ist. Je erfahrener der Tierarzt, desto treffsicherer ist hier meist schon die Aussage. Oft ergibt sich aus diesen Untersuchungen ein Anfangsverdacht, wenn beispielsweise eine Schwellung vorliegt oder das Pferd bestimmte Schonhaltungen annimmt oder an einer Stelle empfindlich reagiert. Je nach Lokalisation wird man dann entscheiden über den nächsten Schritt, also Ultraschall oder Röntgen, die im Stall durchgeführt werden können.

Kann man die Lahmheit nicht einem Bein klar zuordnen oder muss man davon ausgehen, dass die Ursache nicht im unteren (distalen) Abschnitt der Gliedmaße liegt, sondern irgendwo im körpernahen Bereich (z.B. Knie) oder vielleicht aus der Wirbelsäule kommt, dann kann man mit einer Thermographie eine erste Einschätzung vornehmen. Je nach Ergebnis wird man dann weiter entscheiden, ob das Pferd zur weiteren Untersuchung in eine Klinik muss, um dort per Szintigraphie, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder Arthroskopie (Gelenksspiegelung) die Ursache zu lokalisieren.

Nur eine saubere Diagnose ermöglicht im nächsten Schritt auch eine zielgerichtete Therapie. Sparen an der Diagnostik ist Sparen am falschen Ende. Denn „auf Verdacht“ therapiert kann – wenn man grob daneben liegt mit der Diagnose – mehr Schaden anrichten und am Ende teurer werden, als wenn man von vornherein sauber diagnostiziert hätte.

Mehr dazu in unserer Ringvorlesung Lahmheiten oder auf unserer Themenseite Lahmheiten