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Was man bei der Haltung und Fütterung eines BLM Mustangs beachten sollte

Immer mehr Menschen träumen davon, sich einen Mustang zuzulegen. Die bei uns gebräuchlichen Pferderassen sind heute oft entweder schon von der Züchtung her nicht mehr wirklich für Freizeitreiter geeignet oder sie wurden bereits in der Aufzucht falsch gefüttert oder behandelt, sodass sich der vermeintlich unverdorbene Dreijährige allzu oft als „Dauerbaustelle“ im Bezug auf Bewegungsapparat, Stoffwechsel und Verhalten entpuppt. Der Mustang verspricht hingegen robuste Gesundheit, klaren Kopf und Leistungsbereitschaft. Ist das so? Und wichtiger: Bleibt das so?

Die meisten von uns haben bei dem Begriff „Mustang“ sofort eine romantisierte Vorstellung im Kopf von echten Wildpferden (nicht so etwas halb-zahmes wie unsere heimischen Dülmener), die frei über die ewige Weite der Prärie galoppieren. Diese Vorstellung hat relativ wenig mit der amerikanischen Realität zu tun. Mustangs sind keine Wildpferde im wissenschaftlichen Sinn, sondern verwilderte Hauspferde. Im Gegensatz zu echten Wildequiden wie Zebras, Wildeseln („Burros“) oder Przewalski-Pferden wurden ihre Vorfahren also schon über Jahrtausende und hunderte Generationen danach für die Zucht ausgewählt, wie kooperativ sie in ihrer Zusammenarbeit mit dem Menschen waren. Aggressive oder arbeitsunwillige Tiere wurden ohne weitere Umschweife getötet und diese Eigenschaften so vom Menschen aus der Genetik der Pferde langsam aber sicher entfernt. Übrig blieben diejenigen, die in der Lage waren, die Körpersprache des Menschen gut zu interpretieren und ihm willig dienten.

Die Nachfahren dieser bereits einmal domestizierten Pferde sind die heutigen Mustangs. Deshalb muss man sich auch nicht weiter wundern, wie schnell sich ein Mustang „zähmen“ lässt. Sie sind anfangs oft etwas skeptisch dem Menschen gegenüber, aber recht schnell aufgeschlossen und freundlich, wenn sie feststellen, dass man ihnen nichts böses tut, sondern vielleicht sogar ein Leckerchen in der Tasche hat. Vor allem die in den USA heute noch üblichen Domestizierungsmethoden sorgen für eine schnelle Gewöhnung an den zweibeinigen Partner: Der Mustang, der seine Herde und einen freien Horizont gewöhnt ist, wird alleine in eine Box gesperrt mit dem Menschen als einzigem sozialen Ansprechpartner, von dem er auch sein Futter und Wasser erhält. Da Wildpferde ausgesprochen soziale Tiere sind, hungern sie regelrecht nach Sozialkontakt und werden schnell mit dem Menschen interagieren, vor allem wenn man Anfassen gegen Wasser oder Futter „tauscht“.

Auch wenn Amerika die ursprüngliche Heimat der Equiden war, so starben sie dort vermutlich im Lauf der Evolution aus und wurde erst etwa 8.000 Jahre später im 15. Jahrhundert aus Europa wieder eingeführt. Die ersten Pferde, die wieder amerikanischen Boden betraten, waren die Arbeitspferde aus Spanien, bald gefolgt von Arabern und Berbern. Diese ursprünglichen Populationen haben sich nur in wenigen, abgeschirmten Gebieten weitgehend rein erhalten, wie die Cerbats oder wurden gezielt geschützt vor äußeren Einflüssen und genetischer Vermischung wie die Spanish Mustangs und einige andere ursprüngliche Mustang-Tribes. Mustang ist also nicht gleich Mustang – es gibt ganz unterschiedliche Typen. Einer davon ist der BLM Mustang, mit dem alle in den USA eingefangenen Wildpferde bezeichnet werden, die vom „Bureau of Land Management“ (BLM) betreut werden

Genetische Untersuchungen an heutigen BLM Mustangs zeigen hingegen, dass man in ihnen Gene von so ziemlich jeder Pferderasse findet, die jemals in die USA importiert wurden, vom Vollblut bis zum Kaltblut. Insbesondere Wirtschaftskrisen haben in den USA, zuletzt 2008, immer wieder dazu geführt, dass Pferdebesitzer, die sich den Unterhalt ihres Lieblings nicht mehr leisten konnten, diesen in die Freiheit entlassen haben. Auch ausrangierte Sportpferde, Ponys von herausgewachsenen Kindern etc. werden nach wie vor immer wieder in die Wildnis gefahren und dort einfach laufen gelassen. Solche freigelassenen Hauspferde schließen sich in der Regel Mustang-Herden an oder bildeten neue Herden, um dann beim nächsten „Round-up“ von BLM teilweise wieder eingefangen zu werden (z.B. https://www.wildhoofbeats.com/blog/wild-horses-the-good-the-bad-and-the-ugly-in-wyoming-roundups-part-2). Ein BLM Mustang ist also immer ein Überraschungspaket, bei dem man weder genau weiß, welche Rassen er genetisch in sich trägt, noch wie kooperativ er mit dem Menschen ist – je nach seinen persönlichen positiven oder negativen Erfahrungen mit Menschen und wie lange „verwildert“ eventuell seine Vorfahren waren. Bevor BLM Mustangs aus den USA hinaus exportiert werden dürfen, mussten sie ein Jahr lang in Gefangenschaft in den USA verbleiben, üblicherweise in den BLM facilities (z.B. https://wheblog.wordpress.com/2013/06/22/guest-blog-youth-speak-for-horses-in-holding/). Man bekommt also ein Pferd, das zumindest nicht mehr direkt aus der Wildnis stammt, das seiner Herdenstruktur entrissen wurde und mehr oder weniger an Kontakt mit Menschen und menschengemachtes Futter gewöhnt ist.

Trotz allem verhalten sich BLM Mustangs in ihrer Körpersprache, ebenso wie im Bezug auf ihre Bedürfnisse an Haltung und Fütterung, etwas anders als unsere Hauspferde. Daher sollte man vor allem bei Haltung und Fütterung auf einige wichtige Punkte achten.

Haltung

  • Offene Ställe
    Wildpferde sind an einen weit sichtbaren Horizont gewöhnt. Sie in geschlossene Boxen oder auch in geschlossene Offenställe zu sperren, sorgt für erheblichen Stress, was sich negativ auf Verhalten und Gesundheit auswirkt. Nur Raubtiere leben in Höhlen, Fluchttiere auf weiter Ebene. Ihr Überlebensvorteil sind nicht vier Wände, sondern ihre Schnelligkeit und das frühzeitige Erkennen von Gefahr. Mustangs kommen auch mit widrigem Wetter zurecht. Sie benötigen lediglich Windschutzmöglichkeiten, also kleine Wäldchen oder Windschutzhecken oder wenigstens Stellwände, hinter denen sie vor dem Wind geschützt stehen können. Kälte und Regen können sie hingegen problemlos auch ohne Stall aushalten. Die Stellwände sollten hoch genug sein, dass sie über den Widerrist reichen, aber niedrig genug, dass die Pferde bei erhobenem Kopf drüber schauen können. Bietet man Offenställe an, sollten diese mindestens an der kompletten langen Seite, besser an der ganzen langen und einer kurzen Seite offen sein. Außerdem sollten die Wände so gestaltet sein wie die Windschutzwände: der obere Teil sollte offen sein, sodass die Pferde mit erhobenem Kopf die komplette Rundumsicht haben. Geschlossene Ställe, insbesondere noch solche, bei denen dann auch noch Lamellen vor den Eingängen hängen, werde in der Regel nicht akzeptiert. Eher stehen sie vor, neben oder hinter dem Stall im Windschatten.
  • Freilauf
    Wildpferde sind es gewöhnt, bis zu 16 Stunden am Tag auf der Suche nach Nahrung und Wasser unterwegs zu sein. Darauf ist ihr ganzer Organismus angepasst. Je weniger freie Bewegungsmöglichkeiten sie haben, umso größer wird ihr innerer Stress und desto mehr Stoffwechsel- und Verdauungsprobleme entstehen mittelfristig. Die Haltung in weitläufigen Offenställen ist daher eine sinnvolle Unterbringung. Boxenhaltung oder kleine Paddocks sollten unbedingt vermieden werden. Bewegungsanreize über mehrere Fress-Stellen und weiter entfernten Wasserstellen („Paddock Trail“) sorgen für noch mehr Bewegung und damit Gesundherhaltung des Mustangs.
  • Herdenanschluss
    Die Herde ist in der freien Wildbahn einer der wichtigsten Aspekte, um zu überleben. Während andere aufpassen, kann ein Pferd schlafen und wird so nicht von Fressfeinden überrascht. Außerdem sehen viele Augen mehr als zwei – auch während des Grasens wird ein Mustang in seiner Herde nicht so leicht von Fressfeinden überrascht, weil immer einige „Wachdienst“ schieben, während die anderen entspannt fressen können. Einen Mustang ohne Sozialkontakte zu halten sorgt also für massiven Stress, denn in der freien Wildbahn wäre ein solches Pferd sehr schnell Opfer eines Jägers. Mustangs zeigen in der Regel ein sehr sauberes Sozialverhalten und gliedern sich ohne größere Probleme in Herden ein. Lediglich mit „vermenschlichten“ Pferden, die über kein natürliches Verhaltensrepertoire mehr verfügen, kann es zu Konflikten kommen. Je ursprünglicher die Herdenmitglieder von ihrer Rasse, Haltung und dem Umgang mit dem Menschen her sind, umso harmonischer die Gruppe. Eine Haltung separiert von anderen Pferden sorgt zwar schneller dafür, dass der Mustang sich dem Menschen anschließt und von ihm konditionieren lässt, dafür steht das Pferd aber die 23 Stunden, die der Mensch nicht da ist, unter ständigem Stress, was auf Dauer krank macht.
Pferde schlafen
Die Herde ist in der freien Wildbahn einer der wichtigsten Aspekte, um zu überleben. © stocksberger / Adobe Stock

Fütterung von Mustangs

Mageres Heu satt

Einer der Gründe, warum Mustangs vom Menschen noch nicht komplett ausgerottet wurden, ist die Tatsache, dass sie in Regionen überleben können, die zu mager sind für die Rinderhaltung. Das bedeutet übersetzt, dass Mustangs absolute Raufutterverwerter sind. Alle Pferde haben in der Evolution Mechanismen entwickelt, aus Pflanzenfaser hoch effektiv Energie zu gewinnen und praktisch jeden Teil der Pflanze für sich nutzbar zu machen. Ein ständiger Zugang zu qualitativ einwandfreiem, magerem Heu ist daher essentiell auch und vor allem für Mustangs. Das Heu sollte Zuckerwerte <6% aufweisen, maximal sollte Heu mit 10% Zuckergehalt angeboten werden. Wildpferde verfügen nicht über eine ausreichende Anzahl von Zuckertransportmolekülen in ihrer Darmwand, um mit größeren Zuckermengen zurecht zu kommen, daher sind höhere Werte als ausgesprochen kritisch für die Gesundheit zu sehen. Auch im Bezug auf Eiweiß und Fettgehalte sollte das Heu moderat sein, dafür sehr hohe Strukturwerte aufweisen. Je später gemäht und je artenreicher die Wiese, desto eher ist das Heu für Mustangs geeignet. Das Heu muss über 24 Stunden zur freien Verfügung stehen. Eine Fütterung in Mahlzeiten, wie sie noch immer in vielen Ställen üblich ist, sorgt für Stress bei Mustangs, da sie an eine ständige Raufutterzufuhr gewöhnt sind. Bei mangelndem Futterangebot würde die Herde weiter ziehen. Steht dort aber ein Zaun und das Pferd kann nicht seine Bedürfnis nach Aufsuchen neuer Weidegründe gerecht werden, sorgt das für erheblichen Stress und damit wieder langfristig für gesundheitliche Einschränkungen. Mustangs schätzen das Angebot ihres Raufutters aus Slowfeedern wie Heunetzen, Heusäcken, Heukisten etc., da es ihrem Verhalten nach „Abrupfen“ des Raufutters entgegen kommt, vor allem wenn mehrere Slowfeeder über den Auslauf verteilt sind. Bietet man Mustangs Heu lose und im Slowfeeder an, wird in den meisten Fällen der Slowfeeder bevorzugt. Bietet man mageres und nahrhaftes Heu parallel an, wird in der Regel das magere, nährstoffarme Heu bevorzugt. Stehen mehrere Slowfeeder zur Verfügung, so wechseln die Pferde regelmäßig zwischen den Fress-Stellen. Man kann die Fütterung noch optimieren, wenn die verschiedenen Slowfeeder mit unterschiedlichen Heu-Sorten gefüllt sind. Damit kann sich jeder Mustang sein individuelles Nährstoff-Faser-Verhältnis optimal einstellen.
Heu sollte rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Weidegang sollte hingegen stets mit Vorsicht angeboten werden, da unsere Weiden nichts mit den mageren Steppen zu tun haben, von denen die Mustangs stammen. In Maßen knabbern auf überständigen Weiden oder zeitlich limitiert auf begrenzten Flächen ist in Ordnung, der unkontrollierte Zugang zu fetten, grünen Wiesen sollte aber unterbunden werden. In solchen Fällen sollte man besser über die kontrollierte Zufütterung von frisch gemähtem Grün zum mageren Heu die Vitaminversorgung sicher stellen. Zu viel reichhaltiges Weidegras führt zu Dysbiosen (Fehlgärungen) im Dickdarm und legt damit den Grundstein für Stoffwechselerkrankungen. Der hohe Nährstoffgehalt kann dabei von den Mustangs überhaupt nicht sinnvoll verwertet werden. Man sollte immer daran denken, dass der Mustang aus Halbwüsten stammt und nicht von deutschen Kuhwiesen.

Zwei Pferde fressen Heu
Man sollte immer daran denken, dass der Mustang aus Halbwüsten stammt und nicht von deutschen Kuhwiesen. © Alexia Khruscheva / Adobe Stock

Äste, Zweige, Stroh

Wildpferde haben einen deutlich höheren Bedarf an Holzfaser (Lignin), der über das Angebot von Ästen und Zweigen ungiftiger Bäume und Büsche gedeckt werden kann. Dazu gehören Obstbäume, Birken, Weiden, Haselnussäste, Buchenäste, Linde, und teilweise wird auch Pappel gerne geknabbert. Gelegentlich darf es auch mal ein Fichtenzweig sein. Giftpflanzenteile sollten hier natürlich wie bei allen anderen Pferden vermieden werden, ebenso sind Wildpferde keine Verwerter von Küchenabfällen! Auch das Knabbern an Büschen während eines Waldspaziergangs wird gerne angenommen. Neben der Versorgung mit Lignin ist auch die Tätigkeit des Knabberns an den Ästen ein wichtiger Aspekt für eine gesunde Psyche, denn es kommt dem natürlichen Futtersuch- und Fressverhalten näher als das Angebot großer, loser Heuhaufen. Parallel zu Ästen kann zwischendurch Stroh angeboten werden, sofern es von hygienisch einwandfreier Qualität und frei von Spritzmitteln ist. Optimal ist Heu von Biobauern, Haferstroh wird besonders gerne genommen. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass es gut durchgedroschen ist und keine Getreiderückstände im Stroh sind.

Keine Heulage

Pferde vertragen grundsätzlich keine silierten Produkte, da sie zu viele Milchsäurebakterien in den Dickdarm eintragen. Das sorgt für Dysbiosen, die später Stoffwechselkrankheiten auslösen können. Für Mustangs gilt: Lieber ein schlechtes Heu als eine gute Heulage!

Heulageballen
Für Mustangs gilt: Lieber ein schlechtes Heu als eine gute Heulage! © Westwind / Adobe Stock

Kein Kraftfutter

Wildpferde nehmen in ihrer natürlichen Ernährung kein Getreide auf. Ihr Verdauungstrakt ist daher nicht auf die Verwertung größerer Mengen Stärke ausgelegt, dem Hauptbestandteil von Kraftfutter. Die in freier Wildbahn hier und da aufgenommenen Pflanzen- und Gräsersamen enthalten zwar Stärke, aber die über den Tag aufgenommene Menge ist deutlich geringer als das, was wir üblicherweise in die Futtertröge geben – und damit ist auch die für den Menschen oft so wichtige psychologische „Handvoll“ gemeint. Mustangs sind extrem effiziente Faserverwerter und können alle für die Arbeit mit dem Menschen notwendige Energie aus dem Heu gewinnen. Eine Zufütterung von Kraftfutter ist daher nicht nur unnötig, sondern sogar schädlich. Denn Wildpferde produzieren weder genügend Verdauungsenzyme für die Aufspaltung größerer Stärkemengen, noch verfügen sie über genügend Zuckertransporter in der Darmwand, um den Zucker aus dem Nahrungsbrei in den Blutstrom aufzunehmen. Auch sind sie nicht darauf ausgelegt, größere Schwankungen im Blutzuckerspiegel auszugleichen. Aus diesem Grund sollte auf die Gabe von Kraftfutter, egal ob in Form von Müsli, Pellets oder reinem Getreide grundsätzlich verzichtet werden. Es nutzt nicht, sondern schadet einem Mustang.

Kein Öl

Wildpferde nehmen mit ihrer Nahrung nur winzigste Mengen an Fetten, vor allem aus den Keimlingen von Samen auf. Der Dünndarm ist daher nicht auf die Verwertung größerer Mengen an Fetten ausgelegt. Diese können bei Mustangs nicht ausreichend emulgiert und verdaut werden. Im Nahrungsbrei verbleibende Fette sind toxisch für die Darmflora, sodass damit die Verwertung des wichtigen Raufutters herabgesetzt wird. Da Pferde von Natur aus Faserverwerter sind und Öle ohnehin nur als letzte Notlösung, beispielsweise in Hungerzeiten, für die Energiegewinnung eingesetzt werden, ist es vollkommen unsinnig, Öle in die Rationsberechnung des Energiehaushalts einzubeziehen. Statt dessen stört die Zufütterung von Ölen massiv den Verdauungsvorgang. Mustangs in Gefangenschaft nehmen ausreichend Fette über das Raufutter auf, das bei uns üblicherweise 1 – 2,5% Rohölgehalt aufweist. In dieser Form sind die Fette auch für die Pferde verdaulich und vollkommen ausreichend, um den Bedarf zu decken.

Öl in Flaschen und Leinsamen
Wildpferde nehmen mit ihrer Nahrung nur winzigste Mengen an Fetten, vor allem aus den Keimlingen von Samen auf. © emmi/Adobe Stock

Kein zusätzliches Eiweiß

Insbesondere BLM Mustangs sehen bei artgerechter Ernährung für unsere Wahrnehmung oft „kantig“ oder „rippig“ aus. Das geht in aller Regel zurück auf einen relativ hohen Vollblutanteil, den viele BLM Mustangs aufweisen. Damit unterscheiden sich BLM Mustangs auch klar von anderen Wildpferden wie den Przewalski-Pferden, die durch ihr Urpony-Erbe eher zu einem rundlichen (wenn auch nicht fetten!) Körperbau neigen. Unsere Hauspferde sind in sehr vielen Fällen mittelgradig bis stark übergewichtig, was dazu führt, dass verfettete Pferde von uns mittlerweile als „normal“ wahrgenommen werden und ein normalgewichtiges Pferd oft als „zu dünn“. Durch hohe Eiweißgehalte in der Fütterung wird dann oft versucht, den Pferden Muskulatur „anzufüttern“. Muskulatur wird aber nur soweit aufgebaut, wie sie für Arbeitsleistung benötigt wird. Man kann davon ausgehen, dass Wildpferde zwischen 30 und 60km täglich auf der Suche nach Nahrung und Wasser zurücklegen, dabei teilweise tragend sind oder ein Fohlen bei Fuß haben und sich gegen Fressfeinde zur Wehr setzen müssen. Diese enorme Leistung wird ausschließlich durch Aufnahme von Raufutter bewerkstelligt und es wird nicht mehr Gewicht herum geschleppt als absolut notwendig. In unseren Haltungsbedingungen laufen Pferde meist eher zwischen 3 und 10km pro Tag, bei erhöhter Arbeitsleistung eines Freizeitpferdes können es auch mal 15km werden. Diese geringe Laufleistung erfolgt bei gleichzeitig sehr reichhaltigem Grundfutter. Hier wird schnell klar dass Mustangs in Gefangenschaft weniger Energie verbrauchen als in Freiheit, bei gleichzeitig höherer Energiezufuhr schon bei reiner Heufütterung. Nehmen sie dennoch nicht zu hin zu der von den meisten Reitern erwünschten „Warmblutfigur“, dann hat das mit ihrem genetischen Erbe zu tun: Jedes überflüssige Kilo, das bewegt werden muss, kostet wertvolle Energie und belastet die Gelenke. Eine Zufütterung von Eiweiß ist hier nicht nur sinnlos, sondern kontraproduktiv. Denn überzählig aufgenommenes Eiweiß muss abgebaut werden. Das belastet die Nieren, die den dabei entstehenden Harnstoff ausscheiden müssen und auf eine eiweißreiche Ernährung gar nicht ausgelegt sind. Außerdem fördert eine übermäßige Eiweißfütterung die Einlagerung von Fett, was optisch zunächst so aussieht, als sei das Pferd stärker bemuskelt. Denn Pferde lagern Fett zunächst in der Muskulatur ein und nicht als Fettpölsterchen an Hals oder Kruppe (diese entstehen erst bei einem entgleisten Fettstoffwechsel im Sinne eines Equinen Metabolischen Syndroms, EMS). Die Gewichtszunahme durch Eiweißfütterung ist also einem Fettdepot-Aufbau innerhalb der Muskulatur geschuldet und hat nichts zu tun mit dem Aufbau einer leistungsfähigen Muskulatur oder gar Kondition. Sieht man sich Pferde im großen Distanzsport an, so sieht man schnell, dass diese „Rennmaschinen“ kein Kilo mehr auf den Rippen haben als notwendig, denn jedes überflüssige Gewicht belastet sorgt für früheren Verschleiß und erhöhten Energieverbrauch beim Laufen. Mustangs sind von Hause aus an eine eiweißarme Ernährung angepasst und kommen mit den in unserem Heu enthaltenen Eiweißmengen problemlos aus, auch wenn sie regelmäßig gearbeitet werden.

Mineralfutter in Maßen

Wildpferde suchen gezielt nach Blättern, graben Wurzeln aus oder fressen an bestimmten Stellen Erdboden, um unter anderem ihren Mineralbedarf zu decken. Bei unseren Haltungsbedingungen ist das leider nicht immer möglich, da Ausläufe und Koppeln in der Regel nicht den Bewuchs und Boden bieten, den ein Pferd sich in freier Wildbahn aussuchen würde. Da die meisten Heu-Chargen unausgeglichen sind im Mineralgehalt, sollte ein normales Mineralfutter mit anorganischen Mineralstoffen (Oxiden und Sulfaten) regelmäßig und kurweise angeboten werden. Während dieser Kuren füllt das Pferd die Speicher aller Mineralstoffe auf, um dann in den Zeiten ohne Mineralgabe diese wieder aufzubrauchen. Durch eine solche Fütterungspraktik stellt man ungefähr das Angebot an Mineralien nach, wie es Wildpferde auch in der Natur vorfinden. Denn hier kommt niemand täglich rum und bietet die exakte Tagesration an Mineralstoffen an. Statt dessen werden in Zeiten des Überflusses die Speicher gefüllt, in Zeiten des Mangels die Speicher geleert, um dann im nächsten Überfluss wieder gefüllt zu werden. Eine Zufütterung von Vitaminen ist bei Mustangs nicht notwendig, sofern sie ein qualitativ einwandfreies Heu bekommen und hier und da etwas frisches Grünfutter knabbern können. Wichtiger ist es, ihre Darmflora gesund zu erhalten, denn diese liefert nicht nur Energie, sondern auch Vitamine und viele andere wichtige Nährstoffe für’s Pferd. Es sollten Mineralfutter unbedingt vermieden werden, die Zucker (Dextrose, Saccharose, Rübenschnitzel, Apfeltrester…), Mühlennachprodukte (Weizenkleie, Weizengrießkleie oder andere Getreidebestandteile), Bierhefe (sorgt für Dysbiosen im Dickdarm) oder organisches Selen (wird im Proteom des Pferdes eingebaut und führt zeitverzögert zu teilweise erheblichen Überversorgungen und subtoxischen Vergiftungen) enthalten. Solche Mineralfutter mögen zwar ein ausgewogenes Mineralverhältnis bieten, aber die Trägerstoffe bzw. die Form des Minerals schaden dem Stoffwechsel am Ende mehr als das Mineralfutter letztlich nützt.

Mustangs zu halten und zu füttern ist demnach ganz einfach: Heu, Stroh und Äste rund um die Uhr, dazu einen Natur-Salzleckstein und regelmäßig kurweise ein ordentliches Mineralfutter sowie Zugang zu Wasser aus Kübeln oder Wannen (in der Natur stehen keine Selbsttränken! Mustangs wissen also nicht, wie man die bedient und dadurch saufen viel zu wenig, auch wenn sie es gelernt haben). Kein Kraftfutter und keine sonstige Ergänzungsfuttermittel, auf all das kann der Mustang gut und gerne verzichten. Im Gegenteil führt eine zu gut gemeinte Fütterung langfristig zu Stoffwechselkrankheiten. In der Haltung brauchen Mustangs für schlechtes Wetter Windschutzmöglichkeiten hinter Bäumen, Hecken oder halbhohen Wänden und eine funktionierende Sozialstruktur. Dann hat man ein Pferd, das ohne Verhaltensstörungen oder Zivilisationskrankheiten zu entwickeln seinen Menschen lange gesund und leistungsfähig begleitet.

Mehr zum Thema: Video: Die Ernährung der Wildpferde

Team Sanoanimal