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Kotfressen (Koprophagie) kommt sowohl bei Boxen- als auch Offenstallpferden und bei allen Rassen und Altergruppen vor.

Bei Fohlen ist das Verhalten noch normal. Durch das Fressen des mütterlichen Kots nimmt das Fohlen wichtige von der Mutter ausgeschiedene Mikroorganismen auf, die sich im Dickdarm des Fohlens ansiedeln und dort sein Mikrobiom (Darmflora) aufbauen. Nur bei einer Mutter mit einem gesunden Darm-Mikrobiom ist das Fohlen also in der Lage, selbst auch eine gesunde Darmflora aufzubauen.

Die Mikroorganismen, die in den ersten 4-5 Lebensmonaten aufgenommen werden, siedeln sich zwischen den Darmzotten und in den oberflächlichen Schichten der Darmschleimhaut an. Sie werden vom Immunsystem als „Freund“ erkannt und daher nicht bekämpft.

Diese früh aufgenommene Darmflora bleibt dem Pferd dann ein Leben lang erhalten, während es im Lumen, also im Nahrungsbrei, in Abhängigkeit von der Fütterung starke Veränderungen geben kann. Bei Fohlen hört das Verhalten des Kotfressens meist zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat nach und nach auf, so wie die eigene Darmflora sich stabilisiert und vermehrt und damit ein stabiles Mikrobiom bildet. 

Es gibt jedoch auch erwachsene Pferde, die man beim Kot fressen beobachten kann. Oder man sieht in der Box oder auf dem Auslauf, dass die Haufen alle zerwühlt sind (nicht von Spatzen, die machen das auch gerne!) und die Hälfte weggefressen ist.

Kotfressen hat ernstzunehmende Gründe

Während Vögel den Kot gerne verteilen, um z.B. an ausgeschiedene Haferkörner heranzukommen, ist die Kotmenge bei Koprophagie tatsächlich reduziert, sodass man deutlich weniger abzumisten hat, als das im Normalfall sein sollte (pro Pferd kann man bei Offenstallhaltung im Schnitt von 1/2 normalen Mistkarre pro Tag ausgehen, bei Boxen kommt die Mistmenge stark auf die Einstreu an). Teilweise kann man Pferde auch beobachten, wie sie gezielt auf den Kothaufen eines anderen Pferde zugehen und anfangen, ihn zu fressen oder sich nach dem Äppeln umdrehen und ihren eigenen Kot auffressen. 

Kotfressen ist kein Verhalten, das man mit einem Achselzucken abtun sollte, denn es hat meist handfeste Gründe – von sich aus macht ein gesundes, erwachsenes Pferd das ebenso wenig wie ein Mensch.

Neben der Aufnahme von Sand (Risiko für Sandkoliken) steigt durch das Verhalten auch die Gefahr von Wurmbefall für das koprophage Pferd. Daher sollte man immer versuchen, das Verhalten abzustellen oder zumindest stark zu reduzieren.

Um herauszufinden, was die mögliche Ursache ist, lohnt es sich, das Verhalten genauer zu beobachten, ggf. mit Kameras im Stall, die man mittlerweile zu bezahlbaren Preisen bekommt: Frisst nur ein einzelnes Pferd den Kot anderer oder sind es mehrere oder alle Pferde? Wird nur der Kot von einem oder wenigen bestimmten Pferden gefressen, oder wahllos der Kot von allen Pferden? 

Pferde fressen Heu auf der Weide
Raufutter auf der Weide ©Adobe Stock/Alexia Khruscheva

Denn das Kotfressen kann verschiedene Gründe haben:

Hunger

a) Die Pferde haben Hunger, weil zu wenig Raufutter gegeben wird bzw. die Raufutterpausen zu lang sind. In dem Fall sind viele oder alle Pferde koprophag und es wird wahllos der Kot von allen Pferden gefressen. Außerdem wird teilweise auch Erdboden mitgefressen, an Holz genagt (Zahnpfähle, Holzraufen), anderen Pferden die Mähne abgenagt oder die Pferde legen sich auf die Karpalgelenke und versuchen, unter dem Zaun durch auch noch an den letzten Unkraut-Halm heranzukommen. Sind die Pferde nicht dabei, irgendetwas zu fressen, stehen sie meist apathisch in der Gegend herum, mit Schmerzgesicht, weil die Magengeschwüre durch die Raufutterpausen Schmerzen verursachen.

Das Verhalten kann man sehr leicht abstellen, indem man den Pferden Heu rund um die Uhr anbietet, beispielsweise in aufgehängten Netzen oder als netzüberspannte Raufe auf dem Auslauf.

Es sollte auch in dem Fall darauf geachtet werden, dass alle Pferde an das Futter kommen. Ein 3kg Netz für 10 Pferde aufzuhängen ist hier keine Lösung, sondern sorgt nur für umso mehr Stress und Aggression. Mehrere Fress-Stationen bei Gruppenhaltung kann hier eine Option sein. Eine zweite Raufe oder zusätzliche Slowfeeder sollten angeboten werden. 

Gestörte Darmflora

b) Das oder die betroffenen Pferde haben eine gestörte Darmflora. In dem Fall sind es nur einzelne und immer wieder dieselben Pferde und sie fressen auch nur den Kot von einem oder wenigen, ausgewählten Pferden. Betroffen sind meist die Pferde mit ständigen Darmproblemen (Blähungen, Kotwasser, milde Koliken, Durchfälle) und gefressen wird in der Regel der Kot von den darmgesündesten Pferden im Stall.

Besonders oft beobachtet man das Verhalten bei Pferden, die schon als Fohlen nicht die Möglichkeit hatten, sich ein gesundes Darmmilieu aufzubauen, weil die Mutter unter Dysbiosen (Fehlgärungen im Dickdarm) litt. Solche Pferde legen das koprophage Verhalten oft nicht ab, sondern behalten es bei, weil sie offenbar merken, dass es ihnen damit besser geht. Besonders häufig zeigen sie das Kotfressen dann auch in Zeiten, wo der Darm besonders belastet ist, z.B. nach Wurmkur, bei Stallwechsel bzw. wenn ein neues Pferd in die Gruppe integriert wird oder in der Anweidezeit.

Es lohnt sich, solche Pferde regelmäßig mit Darmsanierungsmaßnahmen zu unterstützen, insbesondere in belastenden Zeiten. Ganz abstellen kann man das Verhalten in dem Fall oft nicht, weil es sich meist um Pferde handelt, die aufgrund falscher Besiedelung in der Fohlenzeit einfach ein falsches Mikrobiom in der Darmschleimhaut angesiedelt haben und daher nicht ganz stabil werden in ihrem Mikromilieu.

Aber über unterstützende Darmsanierungsmaßnahmen kann man zumindest heftigere Entgleisungen oft abfangen und das Kotfressen auf ein Minimum reduzieren.

Mineralstoffmangel

c) Mangel an Mineralien, Spurenelementen und/oder Mikroelementen. Auch hier sind nur einzelne oder bestimmte Pferde betroffen und überwiegend wird der Kot von bestimmten Pferden gefressen.

Die meisten Mineralstoffe liegen im Futter in anorganischer Ionen-Form vor. Der natürliche „Sortiermechanismus“ in der Darmwand sorgt dafür, dass nicht benötigte Mineralien größtenteils im Nahrungsbrei bleiben und dann mit dem Kot ausgeschieden werden, um eine Überversorgung und damit Stoffwechselbelastung zu vermeiden.

Pferd hat Kopf im Heu
Heuanalyse für Pferde ©vprotastchik / AdobeStock

Gleicht man die natürlichen Schwankungen bzw. teilweise auch durch Boden oder Bewuchs bedingten Mineralmängel im Grundfutter nicht regelmäßig durch die Gabe eines ordentlichen Mineralfutters aus, kann es zu Mangelerscheinungen beim betroffenen Pferd kommen. Über das Fressen des Kots von gut mit Mineralien versorgten Pferden versuchen diese dann oft, sich das zu holen, was ihrem Stoffwechsel fehlt.

In dem Fall kann man das Verhalten ganz einfach abstellen, indem man dem betroffenen Pferd regelmäßig ein ordentliches Mineralfutter gibt (z.B. das Mineral Pur G von OKAPI) und auch mal Seealgen anbietet. Denn in Mineralfuttern sind nur die gängigen Mineralien und Spurenelemente enthalten (und erlaubt). Hat das Pferd aber einen Mangel an sogenannten Mikroelementen, also Mineralien, die der Körper nur in winzigsten Spuren benötigt, dann kann es diese nicht aus dem Mineralfutter aufnehmen und ist auf eine andere Quelle angewiesen. Seealgen sind hier eine gute Alternative.

Für die Therapie ist also immer wichtig, die Ursache zu finden. Für eine gestörte Darmflora aufgrund einer Mutterstute mit Dysbiosen kann keiner was (außer vielleicht der Züchter). Aber Futtermangel und fehlende Mineralfuttergaben kann und sollte man dringend abstellen.

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Team Sanoanimal