Die Nahrungsgrundlage für Pferde
Die Basis gesunder Pferdefütterung
Heu ist die Raufuttergrundlage für Pferde und kann durch nichts ersetzt werden
Heu für die Pferdefütterung Das Heu für Pferde muss stängelig und damit hart sein. Dieses pferdegeeignete Heu erhält man nur nach einem spät erfolgenden (ab Juni) ersten Schnitt. Übertriebene Düngung der zu heuenden Flächen insbesondere im Frühjahr und damit die Verdrängung der für Pferde besonders wertvollen, stengeligen Grassorten zugunsten der proteinreichen, blattreichen Sorten hat allerdings das Heu, das hierzulande üblicherweise verfüttert wird, in seiner Zusammensetzung und in seinem Energiegehalt deutlich verändert.
Gerade Löwenzahn
auf Heuwiesen ist ein Stickstoff-Anzeiger, ebenso wie Blattgras- und Kleearten. Heuwiesen werden oft so früh gemäht, dass die Kräuter noch nicht ausgesamt haben, sodass sich dadurch blattreiche Gräser und Klee gegen Wiesenkräuter durchsetzen können und das Heu sortenärmer wird. Damit steigen Protein- und Zuckergehalt.
Qualitätsrisiken bei Pferdeheu
Der richtige Schnittzeitpunkt
Der Futterwert von Heu ist, neben der botanischen Zusammensetzung, vor allem vom Schnittzeitpunkt und der Konservierungsart abhängig. Jede Konservierung führt zu Nährwertverlust. Dieser liegt bei Heu bei etwa 20 – 50 % gegenüber dem Frischgrün. Zu später Schnitt oder schlechte Trocknung haben einen Anstieg des Rohfasergehaltes zur Folge und ein Absinken der restlichen Nährstoffgehalte. Der günstigste Schnittzeitpunkt ist zu Beginn der Blüte der hauptbestandsbildenden Gräser, daher empfiehlt es sich, nicht zu früh zu mähen. Nach der Blüte ist der Rohfaseranteil höher, Protein- und Energiegehalt sinken und die Verdaulichkeit nimmt ab.
Wenig Bröckelverluste bei Blättern
Der Hauptanteil der Nährstoffe, etwa 2/3, befindet sich in Blättern, Blüten und Samen der Pflanzen. Daher ist bei der Heuernte darauf zu achten, dass die Pflanzen schonend behandelt werden, da gerade die Blätter leicht zerbröseln und dadurch zur Fütterung nicht mehr als Nährstofflieferanten zur Verfügung stehen. Die Mähgeräte sollten also entsprechend eingestellt werden, um die Bröckelverluste so gering wie möglich zu halten.
Keine Giftpflanzen im Heu!
Sumpfschachtelhalm, Graukresse, Herbstzeitlose, Adonisröschen und Kreuzkraut sowie Adlerfarn haben auf Heuwiesen nichts zu suchen, sie sind auch in getrocknetem Zustand für Pferde giftig. Hahnenfuß hingegen verliert seine Giftigkeit während der Trocknung des Heus in den ersten 8 Wochen nach der Ernte in der so genannten „Abschwitzphase“.
Geringe Verunreinigung
Verschmutzungen des Heus durch Steine oder Erde müssen unbedingt vermieden werden. Gerade Verunreinigung durch Erde, vor allem durch mitgepresste Wurzelballen, stauben beim Fressen und können Hustenreiz auslösen. Beim Mähen, Zetten und Schwaden sind die Geräte so einzustellen, dass keine Grasnarbenverletzungen entstehen. Das Heu sollte eingebracht werden, wenn über 85 % Trocknung erreicht sind. Zu beachten und unbedingt einzuhalten ist die 8 – 12-wöchige „Schwitzphase“ beim Heu. In dieser Zeit nehmen die Aromastoffe und die Verdaulichkeit sowie die Bakteriendichte zu und Gifte aus z. B. Hahnenfuß bauen sich ab. Das Ablagern des Heus schützt Pferde vor dem Auftreten von Magen- und Darmstörungen und auch vor möglicher Hufrehe. Keimruhe tritt erst ein, wenn ca. 10 – 15 % Wassergehalt erreicht sind. Das Heu muss in dieser Zeit locker gelagert werden, sodass es „schwitzen“ kann, darauf ist auch beim Stapeln der Ballen zu achten.
Vorsicht bei Schimmel!
Muffiger Geruch, starke Staubbildung und zusammengepresste Platten im Heu deuten auf Schimmelbefall hin, ebenso wie weißliche Stellen. Schlechtes und schimmeliges Heu fördert die Entstehung von allergischen Reaktionen und chronischen Atemwegserkrankungen, hemmt den Appetit und verlangsamt den Verdauungsprozess, was zu entsprechenden Problemen wie Koliken führen kann. Verschimmeltes Heu kann außerdem zu Aborten bei tragenden Stuten führen.
Geringer Kleeanteil
Ein hoher Kleeanteil im Heu führt zu großen UrinAbgaben, nach Ammoniak riechendem Kot und teilweise nach Urin riechenden Pferden. Gutes Pferdeheu sollte stängelig sein und vielfältige Pflanzensorten enthalten. Je blattreicher und stängelärmer das Heu, desto höher ist sein Eiweiß- und Zuckergehalt, und desto niedriger sein Rohfasergehalt. Solches Heu ist nicht für Pferde geeignet.
Vor- und Nachteile von „eingeregnetem“ Heu
Heu, das während der Trocknungsphase durch Tau oder Regen nass wird, verliert insbesondere leicht lösliche Kohlenhydrate und Mineralstoffe. Der Verlust dieser Kohlenhydrate und Mineralstoffe ist umso höher, je trockener das Heu zu dem Zeitpunkt bereits war. Diesen Umstand kann man sich therapeutisch zunutze machen, wenn z. B. Ponys wie Isländer zu reichhaltiges Heu bekommen und daher verfetten oder zu Hufrehe, Sommerekzem etc. neigen. Hier kann eingeregnetes Heu, das nach dem Einregnen sauber getrocknet wurde, eine sehr gute Raufutterquelle sein, die viel Faser und wenig Zucker liefert. Allerdings muss man in diesem Fall den Mineralbedarf durch die Zufütterung eines geeigneten Mineralfutters ausgleichen.
Keine Trocknung durch Heißluft
Trocknung durch Heißluft verringert den Nährwert des Heus; Vitamine und teilweise Proteine werden verändert und sind oft nicht mehr für das Pferd verwertbar, ferner begünstigen sie die Entstehung von Allergien. Bei scharfer Trocknung riecht das Trockengut angebrannt und wird ungern gefressen. Trocknung mit entfeuchteter, warmer Luft kann hingegen hervorragende, schimmelfreie Heuqualität liefern, vor allem in regenreichen Sommern.
Wie erkennt man gutes Heu? Heu für Pferde sollte von frischem Geruch und grüner Farbe sein und intensiv nach Kräutertee riechen
Heu richtig füttern
Immer reichlich Heu bereitstellen
Lässt man Pferde frei Heu fressen, nehmen sie im Schnitt 19 – 29 g je kg Körpergewicht auf. Die Menge korreliert mit dem Rohfaseranteil: Je höher der Rohfaseranteil, desto geringer der Nährwert, desto mehr Heu fressen die Pferde. Als Faustregel gilt, dass man 1,5 – 3 kg je 100 kg Körpergewicht anbieten sollte; optimal ist die Fütterung ad libitum (bis zur Sättigung). Dabei nehmen manche Pferde bis zu 16 kg Heu auf, abhängig von Heuqualität und Arbeitsanforderung. Mangelhafte Heufütterung ist eine häufige Ursache für das wiederkehrende Auftreten von Koliken. Heu hat durch seinen Ballaststoffanteil eine darmregulierende Wirkung und wirkt ausgleichend auf die Darmflora, sodass genügend B-Vitamine und Vitamin K produziert werden können und der Mineralstoffhaushalt ausgeglichen ist.
Leerezeiten über 4 Stunden vermeiden
Leerezeiten, also Zeiten ohne Heufütterung, die einen Zeitraum von 4 Stunden überschreiten, fördern das Entstehen von Magengeschwüren und lassen Teile der Darmflora absterben.
Heunetze einsetzen
Die Fütterung aus engmaschigen Heunetzen verlängert die Aufnahmezeit und verhindert, dass die Pferde große Heuportionen unter die Einstreu mischen und vollmisten. Achtung bei Heunetzen, wenn die Pferde beschlagen sind: Einige Pferde neigen in ihrer Gier anfangs dazu, zu scharren und können dann mit den Schenkeln des Eisens im Heunetz hängen bleiben. Daher sollten beschlagene Pferde anfangs nur unter Aufsicht aus dem Heunetz fressen, bis sie sich an diese dosierte Aufnahme gewöhnt haben. Heunetze sollten tief aufgehängt werden, damit die Pferde in einer natürlichen Fresshaltung daraus fressen. Auch für Rundraufen gibt es mittlerweile Heunetze, die über den Ballen gezogen werden – eine gute Option für Offenstallgruppen.
Heucobs und Grascobs nur bei Zahnproblemen
Heucobs / Grascobs sind für alte Pferde, die kein Heu kauen können und Zahnprobleme haben, eine gute Raufutterquelle, solange die Cobs gründlich eingeweicht werden. Für gesunde Pferde sind Heucobs weniger geeignet, da sie zu wenig kauen müssen und damit Zahnabnutzung und Speichelbildung sowie Beschäftigung nicht in ausreichendem Maß gegeben sind.
Strukturfutter meiden
Strukturanteil im Kraftfutter, wie er mittlerweile in vielen Müslis angeboten wird, ist kontraproduktiv, weil dieser – ebenso wie Kraftfutter generell – viel zu wenig gekaut wird. Die Struktur hat eine Faserlänge von 1 – 2 cm, welche zu einer Verlangsamung der Darmpassage führt, sodass das Futter bis zu einer Woche im Dickdarm gärt. Zusammen mit dem hohen Melasse-Anteil und der damit einhergehenden Bakterien- und Pilzbelastung dieser Struktur-Kraftfutter führt das zu Fehlgärungen und einer erheblichen Stoffwechselbelastung. Strukturbeimengung im Kraftfutter ersetzt kein Heu!
Laubheu und Schilfheu
Laubheu ist eine gute Ergänzung zur Heufütterung, insbesondere im Winter. Laub enthält sehr viele Mineralien in bioverfügbarer Form, sodass Mängel im Heu damit ausgeglichen werden können. Es ist allerdings sehr schwierig, Laubheu zu bekommen. Laub wird von den meisten Bauern als Verunreinigung des Heus gesehen und daher vermieden. Schilfheu wird von vielen Pferdehaltern nicht gern genommen, weil es von den Pferden nicht so gern gefressen wird. Dabei ist es eine sehr gesunde Raufutterquelle für Pferde, da es extrem eiweiß- und zuckerarm ist. Es muss lange und gründlich gekaut werden und sorgt für optimalen Zahnabrieb.
Tipp: Lagerung mit Heuvlies
Viele Bauern und Stallbetreiber führen an, dass sie keine Lagerkapazitäten für Heu haben und daher auf die in Folie eingewickelte Heulage zurückgreifen, die sie draußen auf der Wiese lagern können. Hier lässt sich mit sogenanntem Heuvlies einfach Abhilfe schaffen. Es handelt sich hierbei um einen Vlies-Stoff, der über das gestapelte Heu gezogen wird. Durch die First-Stapelung des Heus werden schräge Kanten erreicht, sodass Wasser größtenteils abläuft. Sollte doch einmal Wasser durch das Vlies eindringen, kann es in den folgenden trockenen Tagen wieder verdunsten.
Kondenswasser und einhergehende Schimmelbildung, wie man es bei Lagerung von Heu unter Plane beobachten kann, tritt bei der Lagerung unter Heuvlies nicht auf. Eine doppelte Lage Paletten unter dem Heu schafft einen Luftraum, sodass die Ballen auch von unten nicht schimmeln können. Heuvlies ermöglicht also die schimmelfreie Lagerung von Heu draußen und ist eine preiswerte Alternative zum Bau einer Scheune oder Aufstellen eines wetterfesten Heu-Zelts.
Eingeregnetes Heu, Laubheu und Schilfheu sind insbesondere für Robustpferde mit ihrer hohen Empfindlichkeit gegen Eiweiß und Zucker eine ideale Raufutterquelle.
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