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Dass der Zuckergehalt im Raufutter ein kritischer Faktor in der Pferdefütterung ist, spricht sich unter Pferdehaltern und Stallbetreibern immer mehr herum. Aber woher weiß ich denn, wie viel Zucker in meinem Heu ist? Oder im Bewuchs meiner Weideflächen?

Gerade in der Anweidezeit ist das Risiko einer Hufrehe durch hohe Zuckergehalte im Gras, insbesondere bei unerkannter Insulinresistenz, nicht zu unterschätzen.

Um zu wissen, wie viel Zucker im Futter ist, nimmt man üblicherweise von dem fraglichen Futter Proben und schickt diese dann an eines der landwirtschaftlichen Untersuchungslabore, um sie analysieren zu lassen. Das dauert je nach Arbeitsaufkommen meist ein bis zwei Wochen, bis man das Ergebnis hat. In dieser Zeit kann sich aber der Zuckergehalt im Weidebewuchs schon wieder deutlich verändert haben, denn er schwankt nicht nur  mit dem Bewuchs, sondern auch im Verlauf des Tages, von Tag zu Tag und vor allem mit der Witterung.

Das heißt, zwei Wochen später kann der Zuckergehalt schon ganz anders aussehen als an dem Tag, an dem ich die Proben genommen habe. Auch wenn es um die Entscheidung geht, eine Heucharge zu kaufen, ist dieser Zeitraum oft zu lang, denn in der Zwischenzeit hat der Bauer das Heu dann oft schon anderweitig verkauft. 

Eine einfache Alternative zur Zuckerbestimmung im Heu

Elke Malenke hat eine ebenso geniale wie einfache Methode entwickelt, mithilfe eines handelsüblichen Refraktometers Zuckergehalte im Heu zu bestimmen. Die Anleitung haben wir euch so aufbereitet, dass jeder Pferdehalter oder Stallbetreiber das einfach selber machen kann.

Im Gras ist die Bestimmung des Zuckergehalts noch einfacher, da müsst ihr einfach nur das frische Gras abschneiden, wiegen, direkt auspressen und die Tropfen direkt auf das Refraktometer geben. Schon habt ihr eine ungefähre Idee, wie zuckerhaltig euer Weidebewuchs ist.

Natürlich sind in der Literatur angegebene Zuckergehalte immer auf Tockensubstanz bezogen. Beim Heu könnt ihr davon ausgehen, dass ihr mit eurer Messung ziemlich nah (evtl. 1-2 % abweichend vom im Labor gemessenen Wert) an den tatsächlichen Wert in Trockensubstanz rankommt. Das haben wir mit mehreren Tests unterschiedlicher Heuchargen nachgeprüft.

Beim Gras muss man jetzt mit anderen Mengen rechnen, weil es einen höheren Feuchtegehalt hat. Ihr könnt ungefähr davon ausgehen, dass 100 g frisches Gras zu 20-25 g Heu würde, wenn man es trocknet. Das bedeutet, dass ihr den gemessenen Zuckergehalt mal 4 oder mal 5 nehmen müsst (saftiges Gras x 5, trockeneres Gras x 4), um ungefähr auf den Wert in Trockensubstanz zu kommen. 

Ein Rechenbeispiel

100 g frisches, saftiges Gras von eurer Weide zeigen euch einen Zuckerwert von 8 %, das entspricht 80 g in einem Kilo von diesem frischen, saftigen Gras. Aus 1.000 g dieses Grases würden bei Trocknung ca. 200 g Heu. Ihr müsst also den gemessenen Wert (80 g) mal 5 nehmen: 80×5 = 400 g Zucker in 1 kg Heu. Damit habt ihr den ungefähren Wert auf Trockensubstanz umgerechnet, also 400 g Zuckerverbindungen in 1 kg Trockensubstanz. 

Die Literatur gibt an, dass Pferde bei 24h Weidegang 40-50kg Gras aufnehmen (was wiederum ungefähr 10kg Heu entsprechen würde). Bei 8% Zuckergehalt (=80 g/kg) Frischgras sprechen wir also von 3.200 – 4.000g Zucker, die dann in 24h aufgenommen werden. Es gibt Hinweise, dass nur etwa 25 % davon als Mono- und Disaccharide vorliegen, also als Einfach- oder Zweifachzucker, die im Dünndarm direkt als Zucker ins Blut aufgenommen werden.

Denn ein Teil des löslichen Zuckers liegt auch in nicht-dünndarmverdaulichen Verbindungen wie Fruktan vor, die zwar nicht supergesund sind, aber zumindest in den meisten Fällen keinen direkten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben. Gehen wir also davon aus, dass in unserem Rechenbeispiel etwa 25% der gemessenen Zuckerverbindungen als Ein- und Zweifachzucker vorliegen, würden wir also über rund 1kg Zuckeraufnahme in 24h sprechen. Also ein komplettes Paket Haushaltszucker, wie ihr das im Supermarkt zu kaufen bekommt.

Für Pferde wird üblicherweise empfohlen, dass Heu einen Zuckergehalt <10% haben sollte, bei stoffwechselkranken  bzw. -empfindlichen Pferden <6%. Wenn man also von einer Ration von 10kg Heu ausgeht, sollten nicht mehr als 1 kg bzw. 600 g davon Zucker sein. Mit unserem Rechenbeispiel sind wir da also schwer grenzwertig.

Insbesondere wenn man davon ausgeht, dass Pferde bei kürzerem Weidegang hastiger fressen und ihr Fressgeschwindigkeit dabei um das Vierfache steigern können. Statt also pro Stunde rund 2kg aufzunehmen (24h Weidegang), kann die Menge in einer Stunde auf 8kg Frischgras steigen, wenn man das Pferd nur für eine Stunde auf die Weide stellt.

Dann sprechen wir bei unserem Beispiel schon wieder über 640g Zuckerverbindungen. Auch wenn davon nur rund 160g (25%) direkt als Zucker ins Blut gehen, ist das eine erhebliche Portion in der kurzen Zeit.
Zum Vergleich: 1 Zuckerwürfel hat etwa 3g. Das wären also über 50 Zuckerwürfel in einer Stunde.

Relativ geringer Aufwand gibt Aufschluss über Zuckermenge

Es lohnt sich also, nicht nur sein Heu, sondern auch durchaus den Weidebewuchs mal auf seinen Zuckergehalt zu testen. Je niedriger, umso besser für die Pferde. Habe ich einen Bewuchs von Magergräsern und Kräutern, komme ich dann schnell auf Zuckergehalte von nur 2-3%. Das macht einen erheblichen Unterschied in den Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel im Vergleich zu einer Weide mit Hochzuckergräsern (in Deutschem Weidelgras kann man Zuckergehalte bis zu 36% finden!). 

Und auch beim nächsten Heukauf, der ja im Sommer wieder ansteht, kann man mit seinem Refraktometer in kurzer Zeit eine ungefähre Bestimmung des Zuckergehalts machen und dann entscheiden, ob man diese Charge kaufen möchte oder ob sie für den ohnehin schon tendenziell übergewichtigen und krankheitsgefährdeten Bestand nicht doch zu zuckerhaltig ist.

Schnelle und einfache Zuckerbestimmung im Heu – für Pferdehalter & Stallbetreiber, Methode: Elke Malenke

Heu
50 bis 100 g Heu werden benötig für eine Zuckerbestimmung. © Adobe Stock/by-studio

Benötigte Materialien

  • 50 bis 100 g Heu pro zu messender Probe
  • Digitale Küchenwaage mit einer Messgenauigkeit von +/- 1g
  • Gefrierbeutel (3L)
  • Weinrefraktometer mit 0 – 32 % Brix (Bezugsquelle z. B.: https://amzn.to/37oFArc)
  • Knoblauchpresse
  • Sauberer Teller oder Schale
  • Transferpipette (Pasteur-Pipette; meist beim Refraktometer dabei)

Vorbereitung

1. Heu aus verschiedenen Stellen des Ballens entnehmen und durchmischen. Die Waage mit dem leeren Gefrierbeutel auf Tara stellen, sodass das Gewicht des Gefrierbeutels vom Messwert abgezogen wird (alternativ das Gewicht des leeren Beutels notieren und später vom Messwert abziehen). 50–100 g der Heuprobe in den Gefrierbeutel geben, abwiegen.

Hinweis: Um einen Durchschnittswert für eine Wiese zu erhalten, sollten mehrere Ballen von verschiedenen Stellen der Wiese einzeln gemessen und am Ende ein Mittelwert gebildet werden.

2. Die gleiche Menge Leitungswasser zum Heu in den Gefrierbeutel geben. Also bei 50 g Heu entsprechend 50 g Wasser dazugeben. Bei der Zugabe möglichst das ganze Heu benetzen und anschließend den geschlossenen Beutel ein bisschen „durchkneten“. Dabei aufpassen, dass kein Wasser verloren geht oder der Beutel Schaden nimmt

3. Das Heu im Beutel verteilen, die Luft aus dem Beutel entweichen lassen und den Beutel verschließen. Anschließend eine Stunde mit z. B. einem Buch beschwert liegen lassen. Nach ca. 30 min den Beutel einmal wenden, ggf. nochmal etwas kneten und das Heu dann wieder im Beutel verteilen und beschweren. Alternativ kann der Beutel stattdessen gleich eingefroren werden und später gemessen werden. Er sollte zum Einfrieren allerdings ebenfalls beschwert werden, damit das Wasser das Heu gleichmäßig benetzt.

Messung

4. Nach einer Stunde (war das Heu eingefroren, muss es ca. 45 min auftauen) einen kleinen Teil des Heus in eine Knoblauchpresse geben und auf einen kleinen Teller auspressen.

Hinweis: Sollten nur 1–2 Tropfen auspressbar sein, können diese auch immer direkt auf das Refraktometer getropft werden. Wenn mehrere Tropfen auspressbar sind, werden diese auf einen kleinen Teller ausgepresst, mit einer Transferpipette (Pasteur-Pipette) gemischt und davon 2–3 Tropfen auf das Refraktometer gegeben.

5. Deckel des Refraktometers schließen und Zuckergehalt auf der Skala ablesen.

6. Schritte 4 und 5 mehrmals wiederholen und aus den Messwerten einen Mittelwert bilden. Zwischen den Messungen das Refraktometer und den Teller mit einem weichen Tuch abwischen, sodass keine Flüssigkeitsreste der letzten Probe mehr vorhanden sind. Ebenso darauf achten, dass in der Transferpipette keine Flüssigkeitsreste sind, ggf. zwischendurch mit Leitungswasser ausspülen und so gut wie möglich das Wasser entfernen.

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