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Leider kennen das nur zu viele Pferdehalter – sobald die Weiden geschlossen werden, geht es wieder los mit dem Kotwasser. Im Frühjahr dann umgekehrt: sobald das Pferd auf die Weide kommt, ist das Kotwasser auf magische Weise verschwunden. Kotwasser kann sehr viele Ursachen haben, daher muss man sich jeden Einzelfall genau anschauen.

Wenn die Pferde im Sommer mit ausgedehntem Weidegang kein Kotwasser zeigen, sobald sie auf dem Paddock stehen, aber sofort wieder loslegen, dann sollte man vor allem drei Punkte adressieren: Raufutter, Magengeschwüre, Haltungsstress – wobei es durchaus Überschneidungen geben kann.

Pferde sind von Natur aus Dauerfresser und müssen ständig Zugang zu magerem Raufutter haben. In unserer Haltung ist das im Sommer die Weide und im Winter die Heufütterung, da die meisten Ställe nicht genügend Weideflächen haben, um die Pferde ganzjährig draußen zu lassen.

Das Heuangebot muss so sein, dass jedes Pferd zu jeder Zeit Zugang zum Raufutter hat. Das bedeutet ausreichend viele Raufen oder Heunetze anzubieten, möglichst auch verteilt über den Auslauf oder Paddock Trail, sodass die Gruppe sich (wie auf der Weide) auseinander ziehen kann und so Futterneid /-stress vermieden wird.

Gerade rangniedrige und ältere Pferde profitieren sehr davon, wenn es mehrere Heustationen in großem Abstand gibt, weil sie dann zu ranghöheren oder unsozialen Pferden Abstand halten und in Ruhe fressen können (Reduktion von Haltungsstress).

Zugang zum Futter artgerecht organisieren

Zu wenige Raufutterplätze, die dann noch nahe beisammen liegen, bedeuten in den meisten Fällen Gruppenstress. Ebenso Raufutterautomaten, zu denen die Pferde immer nur für kurze Zeit (meist eine halbe Stunde) Zugang haben, bevor der nächste Kandidat in den Automaten kommt.

Hier schlingen die Pferde meist wie verrückt, um in der kurzen Zeit möglichst viel Raufutter abzubekommen, was wiederum Stress verursacht. Dann stellen sie sich draußen wieder an und warten, bis sie endlich wieder an der Reihe sind, in den Automaten zu kommen.

Für diese Pferde dreht sich der ganze Tag nur darum, wann sie endlich in den Automaten kommen und wie viel Futter sie dort rein schlingen können, das entspricht keiner artgerechten Haltung oder Ernährung.

Da es sich in solchen Fällen (ob Raufutterautomat oder zu wenig Heu / zu wenige Futterplätze) um einen dauerhaften Stress handelt, entstehen hierdurch mit der Zeit Magengeschwüre am Magenausgang, die dann für Schmerzen und somit weiteren Stress sorgen.

Der Dauerstress sorgt außerdem dafür, dass die Darmschleimhaut schlechter durchblutet wird und dort Entzündungen entstehen, die dafür sorgen, dass die normalerweise dicht geschlossene Darmwand „Löcher“ bekommt (Leaky Gut Syndrom, gestörte Tight Junctions), was dann als Kotwasser sichtbar wird.

Auf der Weide haben die Pferde ständig Raufutter zur Verfügung und die Gruppe kann sich auseinander bewegen, sodass Gruppen- und Futterstress minimiert wird. Entsprechend verschwindet daher dann häufig das Kotwasser.

Die Heu-Qualität beeinflusst Kotwasser

Auch die Heuqualität spielt eine Rolle, wenn die Pferde erst einmal Magengeschwüre haben. So kann man immer wieder beobachten, dass solche Pferde bei rauem, stängeligem Heu, das man eigentlich als super pferdegerecht bezeichnen würde, nur sehr ungern fressen und häufig Kotwasser zeigen.

Heuballe auf abgeerntetem Feld
Kotwasser im Winter- Die Heuqualität hat einen Einfluss. © Adobe Stock/olly

Gibt man hingegen weiches, blattreiches (Kuh)Heu, dann fressen sie es gerne und das Kotwasser verschwindet. Offenbar reizen die groben Faserstücke von grobstängeligem Heu die Magengeschwüre, sodass diese zusätzlich schmerzen und damit Stress auslösen.

Weidegras ist weich und faserarm, sodass die Magengeschwüre weniger gereizt werden, auch das oft ein Grund, warum mit der Weidesaison das Kotwasser verschwindet.

Stroh ersetzt kein Heu, da es nicht ausreichend Cellulose als Nährstoff für die Darmflora enthält und daher auch von Pferden aus gutem Grund nur sehr in Maßen gefressen wird, sonst droht nämlich Verstopfungskolik. Daher kann und sollte Stroh zwar zusätzlich als Futtermittel angeboten werden, aber nicht als Ersatz für Heu, denn dann sind wir wieder beim Thema Futterstress und Magengeschwüre.

Auch Heulage ist als Pferdefutter ungeeignet, das sie den Dickdarm ansäuert und somit zum Entstehen von Dysbiosen (Fehlgärungen) und damit Leaky Gut Syndrom beiträgt. Hier gibt es immer mal wieder Berichte von Haltern, deren Pferde vom Heu Kotwasser bekämen, von Heulage aber nicht.

In diesen Fällen liegt meist ein Magengeschwür vor. Denn um eine gute Heulage herzustellen, braucht man blattreiche Gräser, die entsprechend wenig Cellulose enthalten und somit weich und faserarm sind.

Damit und durch den deutlich höheren Feuchtegehalt ist Heulage viel weicher und reizt damit die Magengeschwüre ebenso wenig wie Kuhheu (weich, blattreich, meist zweiter oder dritter Schnitt) oder Weidegras.

Das macht sie aber nicht zu einem geeigneten Futtermittel, da das Problem Darmübersäuerung damit trotzdem weiter besteht und diese kann sich in unterschiedlichsten Symptomen äußern, Kotwasser ist nur eine Möglichkeit davon.

Wenn man in solchen Fällen das Thema Magengeschwüre therapeutisch adressiert, dann vertragen auch diese Pferde wieder Heu und man kann sich daran machen, die Darmflora wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Die Haltung spielt eine wesentliche Rolle bei Kotwasser im Winter

Neben der Fütterung spielt auch die Haltung eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von „Winterkotwasser“.

Hier kommt der Weide vor allem zugute, dass sie in der Regel viel größer ist als der Winterauslauf und die Pferde sich entsprechend verteilen können.

Studien zeigen, dass der Stresslevel der Pferde steigt, je weniger Platz zur Verfügung steht. Dazu kommen dann noch andere Faktoren wie die Durchsetzungsfähigkeit des einzelnen Pferdes, die Sozialstruktur der Gruppe, Gruppengröße, Neuintegrationen oder Auszug von Pferden und viele andere mehr.

Man darf nie vergessen, dass Offenställe in der Regel keine natürlich gewachsenen Gruppen sind, sondern vom Menschen gemachte Zwangsgemeinschaften. Natürlich sind Pferde soziale Wesen, aber das heißt nicht automatisch, dass sie jedes andere Pferd toll finden.

Auch wir Menschen sind ja soziale Wesen, aber es gibt viele andere Menschen, mit denen wir nicht gerade Tisch und Bett teilen möchten – und das geht den Pferden nicht anders.

So kann man oft beobachten, dass Offenstallgruppen auf der Weide plötzlich „auseinanderfallen“ und sich Kleingruppen bilden. Das sind oft nur zwei bis vier Pferde, die gemeinsam über die Weide ziehen, in den Schatten oder zur Tränke gehen.

Manche Pferde sondern sich auch komplett von der Gruppe ab und grasen lieber alleine, nur in Sichtweite der anderen. Solche Kleingruppen entsprechen dann auch eher den Verhältnissen in der Natur, wo Wildpferdeherden oft nur aus sehr wenigen Tieren bestehen, die sich zwar in größeren Gruppen zusammen finden können, beispielsweise auf Weidegründen, aber dann auch wieder auseinander gehen.

zwei Pferde streiten um Heu auf der Weide
Studien zeigen, dass der Stresslevel der Pferde steigt, je weniger Platz zur Verfügung steht. © Adobe Stock/Nadine Haase

Entsprechend läuft dann auch die Integration von Neulingen auf der Weide viel entspannter, da sich die Pferde lange Zeit aus dem Weg gehen und einander beobachten können, bevor sie auf „Tuchfühlung“ gehen müssen.

Auf Winterausläufen ist so etwas häufig nicht gegeben. Hat man dann ein besonders sensibles Pferd, ein rangniedriges oder einen überforderten Herdenchef, ein altes Pferd oder eines, das einfach durch jahrelange Boxenhaltung oder aufgrund seines Grundcharakters überhaupt keinen Wert auf pferdische Nähe legt, dann haben diese Pferde dauerhaften Stress.

Es gibt durchaus Pferde, denen man einen großen Gefallen tut, wenn man sie zeitweise (beispielsweise über Nacht) aus der Gruppe nimmt und einzeln in eine (Paddock)Box stellt.

Rangniedrige Pferde können hier zur Ruhe kommen und ihr Schlafdefizit des Tages ausgleichen, ältere Pferde mit Zahnproblemen können sich über Nacht an Heucobs satt fressen, Einzelgänger sind froh, wenn sie dem Sozialstress des Gruppenlebens zeitweise entkommen können.

Nicht jeder Mensch ist für das Leben in einer WG geeignet und nicht jedes Pferd ist glücklich im Offenstall.

Bodenqualität

Dass die Pferde auf der Weide kein Kotwasser haben, auf dem Auflauf aber schon, hat also immer gute Gründe und manchmal braucht es detektivische Fähigkeiten, alle Ursachen aufzuspüren und Lösungen dafür zu finden.

Und es ist definitiv kein Grund, die Pferde bis November auf den Weiden zu lassen, bis es dann absolut nicht mehr geht, vor allem nicht nach viel zu trockenen Sommern. Die Wiesenflächen haben sehr viel Stress, durch zu heiße und dürreartigen Sommer, in den meisten Regionen viel zu trockenen Wintern und danach wieder den trockenen Sommern.

Die Böden sind ausgedörrt, teilweise ist der Grundwasserspiegel bereits abgesunken und die Pferde laufen schon seit Monaten auf den Pflanzen herum, die aufgrund des Wassermangels nicht ausreichend wachsen können.

Je mehr Stress eine Wiese hat, desto mehr steigen die Fruktanwerte an, was das Hufrehe-Risiko deutlich steigen lässt, vor allem wenn jetzt die Nächte kühler werden.

Außerdem fördert man mit zu langen Weidezeiten die Verdrängung von Magergräsern und Kräutern durch stressresistente Leistungsgräser, die von anderen (Hochleistungs-)Weiden eingeschleppt werden.

Deshalb gilt für die meisten Höfe: Ende September die Weiden allerspätestens schließen, damit die Flächen sich erholen können.

Bei wenig Bewuchs und fehlenden Möglichkeiten zum Umweiden muss jetzt schon auf der Weide Heu zugefüttert werden, weil sonst das Risiko für die Aufnahme von Giftpflanzen steigt, was wiederum Hufrehe, atypische Weidemyopathie und andere potenziell tödliche Erkrankungen verursachen kann. Im Vergleich dazu ist das Kotwasser dann das geringere Übel.

Weiterführende Fragen zum Thema Kotwasser behandelt Sanoanimal in der Ringvorlesung: Kotwasser – Wenn es wieder läuft oder auf der Themenseite Kotwasser