Im besten Fall hat man ein gesundes Pferd im Stall, das nur von Heu, Mineralfutter, Salzleckstein und Wasser leben kann. Aber leider ist das nicht immer der Fall. Ob man aufgrund eines nachgewiesenen Wurmbefalls eine Wurmkur ins Pferd bringen muss oder wegen Stoffwechselstörungen die Zufütterung nicht besonders schmackhafter Ergänzungsfuttermittel notwendig ist – bei vielen Pferden wird die Verabreichung zur regelrechten Nervenprobe für den Besitzer.
Es gibt aber ein paar Tricks, die man ausprobieren kann, um auch dem größten Schleckermaul das Futter schmackhaft zu machen.
Untermischen
Hier eignen sich z.B. eingeweichte Heucobs oder noch besser Esparsettencobs. Letztere haben einen kräftigen Eigengeschmack, der viele andere Geschmäcker übertönt, sodass die Pferde gar nicht so recht mitbekommen, dass da noch etwas anderes im Kübel ist. Darf das Pferd Kraftfutter fressen, kann man das nicht so schmackhafte Futtermittel natürlich auch unter das Kraftfutter mischen.
Bei Getreide vielleicht noch etwas Wasser dazu, da Pulver durch die Getreidekörner rieselt und am Ende im Trog liegen bleiben kann. Bei ganz hartnäckigen Kandidaten kann man das Futtermittel auch mit etwas Weizenkleie anrühren. Diese schmeckt Pferden extrem lecker und überdeckt die meisten nicht so tollen Sachen.
Achtung hier aber mit Mineralstoffhaltigen Futtermitteln: Die in Weizenkleie enthaltenen Phytate binden nicht nur Calcium, sondern auch viele andere Mineralstoffe ab, zum Beispiel Zink. Bei solchen Futtermitteln dann doch lieber auf Heu- oder Esparsettecobs setzen.
Langsam einschleichen
Manchen Pferden kann man sofort die volle Dosis jeden Futtermittels verabreichen, viele sind aber heikel. Diese sollte man langsam an den Geschmack gewöhnen, vor allem, wenn das Futter sehr intensiv schmeckt. Am besten erstmal mit einer Messerspitze voll anfangen und diese Menge dann ganz langsam steigern, bis das Pferd problemlos die volle Dosis akzeptiert. Lieber etwas weniger und dafür regelmäßig geben, als einen Tag die volle Dosis und am nächsten Tag bleibt der ganze Kübel stehen.
Leckerschmecker-Saft
Wenn die Heucobs oder Esparsettecobs zwar pur gerade noch so gefressen werden, aber nach Beimengung anderer Futtermittel nicht mehr, kann man ihren Geschmack aufpeppen mit etwas klarem Apfelsaft oder Karottensaft. Natürlich enthalten beide Säfte auch Zucker (das macht sie ja so lecker), daher Vorsicht bei Pferden mit EMS, Insulinresistenz oder Hufrehe-Neigung.
Den Saft einfach oben drüber gießen, gar nicht untermengen. Das machen die Pferde beim Fressen von ganz allein und merken dabei kaum, dass nach unten hin der Geschmack immer mehr verschwindet.
Kraftfutter-Streusel
Wenn ein Pferd Kraftfutter oder Getreide fressen darf, aber eigentlich kein Kraftfutter braucht, kann man es trotzdem nutzen, um unliebsame Futtermittel schmackhafter zu machen. Hier kann man wieder mit einer Handvoll eingeweichter Heucobs arbeiten, in die das unleckere Futtermittel eingemischt wird und das Ganze mit etwas Kraftfutter bestreuen (dabei braucht man viel weniger, als wenn man das Futtermittel pur im Kraftfutter verstecken will).
Beim Fressen des geliebten Kraftfutters wird der Heucobs-Brei automatisch mitgefressen und ähnlich wie beim Saft, merken die Pferde kaum, dass der Kraftfutteranteil immer weniger wird, je weiter sie Richtung Kübelboden fressen.
Maulspritze
Man kennt das Prinzip von der Wurmkur: Spritze seitlich in den Maulwinkel, mit der Spitze in Richtung Ohren und dann die Wurmpaste auf die Zunge des Pferdes spritzen. Manche Pferde lassen diese Prozedur ganz entspannt über sich ergehen. Bei diesen kann man auch ungeliebte Futtermittelzusätze oder Medikamente (sofern das Medikament das zulässt, bitte mit dem Tierarzt abklären) mit Wasser auflösen und ins Maul spritzen.
Noch besser funktioniert das Ganze, wenn man statt Wasser ungezuckertes Apfelmus verwendet. Es maskiert den Geschmack, ist schön süß und klebt besser im Maul – denn manche Spezialisten lassen das Wasser einfach rauslaufen… Pferden, die sich schon bei Wurmkuren furchtbar aufregen, sollte man diese Prozedur aber lieber ersparen.
Maulschmieren
Klingt erstmal gemeiner als die Maulspritze, ist aber letztlich die sanftere Methode: Das Futtermittel mit Wasser zu einer zähen Paste anrühren und dann rund um Maul und Nüstern schmieren – ruhig ein bisschen in die Nüstern rein. Das sorgt dafür, dass alles, was das Pferd in den nächsten 24 Stunden frisst, diesen Geschmack bekommt.
Nun verhungert kein Pferd vor dem Heuhaufen – irgendwann fangen sie an, das Heu zu fressen und stellen fest, dass der Geschmack ja gar nichts Böses tut. Ggf. kann man das am nächsten Tag nochmal wiederholen, aber spätestens dann akzeptieren die meisten Pferde den Geschmack auch in Heucobs oder im sonstigen Futter und fressen das „ibäh-Futtermittel“ problemlos mit.
Übers Heu streuen
Hat man pulverförmige Futtermittel, wie z.B. Spirulina, dann kann man den Geschmack „verdünnen“, indem man das Heu mit einer Gießkanne anfeuchtet und das Pulver dann locker darüber streut. Durch die Feuchtigkeit klebt es gut am Heu und wird dann mitgefressen. Dadurch, dass wenig Futtermittel mit viel Heu gefressen wird, ist der Geschmack längst nicht so intensiv als wenn man es im Kübel anbietet. Auch hier wieder mit einer kleinen Messerspitze voll anfangen und das Pferd langsam an den Geschmack heranfüttern.
Geht natürlich nur richtig gut bei Boxenhaltung – im Offenstall therapiert man ja gleich den Rest der Gruppe mit. Vermeiden sollte man diese Technik mit Flohsamen/-schalen. Sie quellen auf und werden dabei sehr glitschig. Geschickte Pferde schütteln sie vom Heu, sodass man am nächsten Morgen in der Box eine Schleim-Rutschbahn findet.
Tabletten-Verstecken
Wer seinem Pferd Tabletten verabreichen muss, kann diese natürlich in Wasser lösen oder mörsern und damit in Heucobs oder ähnlichem verstecken. Aber nicht alle Tabletten sind dafür geeignet. Bitte vorher den Tierarzt fragen.
Dürfen die Tabletten nicht aufgelöst werden, kann man mit einem Stäbchen ein Loch in ein Stück Apfel bohren und die Tablette dort hineinstecken. Ein kleines Apfelstück schadet normalerweise auch keinem Pferd mit Cushing oder EMS – die Dosis macht wie immer das Gift.
Hat man ein sehr wählerisches Pferd, sollte man unbedingt daran denken, dass nicht nur der schlechte Geschmack des Futters Schuld sein kann, sondern auch Magengeschwüre als Ursache infrage kommen. Diese führen dazu, dass die Pferde ständig mehr oder weniger Bauchweh haben – auch wenn man das nicht in Form von Koliken sieht.
Nun haben Pferde aber in der Evolution ein Lernprogramm eingespeichert, das sie Giftpflanzen sehr schnell lernen lässt. Denn die meisten giftigen oder unverträglichen Pflanzen sind nicht sofort und in kleinen Mengen tödlich. Sie sorgen eher dafür, dass das Pferd Bauchschmerzen bekommt, ihm übel wird, schwindelig oder es ihm sonst irgendwie nicht gut geht. Das verbindet das Pferd schon nach einmaligem Fressen mit dem entsprechenden Geschmack der Pflanze und wird diese in Zukunft vermeiden.
Hat ein Pferd nun aber aufgrund von Magengeschwüren ständig mehr oder weniger Bauchweh, dann verbindet es irgendwann alle unbekannten Geschmäcker mit Unwohlsein und wird entsprechend futterheikel bei neuen Futtermitteln oder unbekanntem Geschmack. In solchen Fällen sollte man natürlich unbedingt zuerst das zugrunde liegende Problem, also die Magengeschwüre, therapieren (auch wenn es dann wieder nicht einfach ist, die therapeutisch notwendigen Futtermittel in das Pferd zu tricksen). Häufig wird das Futterverhalten danach aber deutlich entspannter.
Mäkeligkeit bei Pferden hat oft mit Magenproblemen zu tun. Mehr darüber erfährst in: Magengeschwüre bei Pferden
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