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Alle Jahre wieder hat man so seine Vorsätze: Gesünder essen, mehr Sport, weniger Stress. Das funktioniert beim Menschen leider nicht immer, weil einen meist schon wenige Wochen nach dem Jahreswechsel der innere Schweinehund einholt und mit der Chipstüte aufs Sofa wirft. Aber da unsere Pferde ja weder den Kühlschrank öffnen noch im Supermarkt einkaufen gehen können, ist es hier viel einfacher, gute Vorsätze zur Fütterung auch umzusetzen.

Heu ad libitum (also bis zur Sättigung des Pferdes)

Pferde sind von Natur aus auf die Verdauung von Raufutter ausgelegt. Lässt man gesunde Pferde frei Heu aufnehmen („ad libitum“), fressen sie zwischen 2 und 3 kg Heu je 100kg Körpergewicht.

Ein 500 kg schweres Pferd benötigt also 10-15kg Heu.

Unser Heu ist heute jedoch wesentlich nahrhafter als das Heu vor 100 Jahren. Das liegt an der verbreiteten Stickstoffdüngung ebenso wie an modernen Hochleistungsgräsern, die insbesondere mit der Düngung und Bearbeitung der Wiesen besser zurecht kommen als extensive Gräser oder Kräuter. Darüber hinaus arbeiten unsere Pferde natürlich weniger als die vor 100 Jahren und bewegen sich auch weit weniger als ein Wildpferd.

Wildpferde laufen im Schnitt auf ihrer Nahrungssuche etwa 30km täglich, in kargen Regionen auch 50-60km. In einer sehr gut durchdachten Paddock Trail Haltung laufen sie hingegen maximal 12-15km. Bei normaler Offenstallhaltung kann man von 3-5km täglicher Laufleistung ausgehen, bei Boxenhaltung kommen sie nicht mal auf einen einzigen Kilometer.

Das führt häufig zu Verfettung bei einem Heuangebot „bis zur Sättigung“. Deshalb in „Rationen“ zu füttern, ist jedoch der falsche Weg, denn das Verdauungssystem des Pferdes ist auf permanente Raufutterzufuhr ausgelegt. Engmaschige Heunetze (Maschenweite <=3cm) bieten hier eine gute Alternative, den Pferden rund um die Uhr Heu anzubieten, ohne dass es zu Verfettung, EMS oder Hufrehe kommt. Vielleicht lassen sich ja auf dem Auslauf oder im Stall einige solcher „Heunetzstationen“ installieren. Das regt die Bewegung von Station zu Station an und sorgt für permanentes Heuangebot ohne Überfütterung.

Heufütterung aus dem Heunetz
Heu ad libitum als Fütterungsvorsatz für das neue Jahr. © Adobe Stock/pholidito

Wechselt man die Heunetze mit anderen „Slowfeedern“ (also Methoden zur Reduktion der Fressgeschwindigkeit) wie Heukisten, Heutonnen, Heubällen etc. ab, dann nehmen die Pferde auch ganz unterschiedliche Körperhaltungen beim Fressen ein, was der Gesundheit zugute kommt.

Heulage vermeiden

Auch wenn die Ernte und Lagerung von Heulage deutlich einfacher ist als von Heu: silierte Futtermittel sind grundsätzlich für Pferde nicht geeignet. Das liegt am Siliervorgang selber, der vergleichbar ist mit einer Sauerkrautherstellung. Bei der Produktion von Heulage werden Milchsäurebakterien dafür verwendet, aus dem im Gras vorhanden Zucker Milchsäure herzustellen und damit den Ballen anzusäuern.

Ab einem pH Wert von unter 5 tritt dann „Keimruhe“ ein, hier können sich also keine Keime vermehren wie Schimmelpilze. Das ist wichtig, da unter der Silierfolie ein feuchtwarmes Milieu herrscht. Wird der pH Wert unter 5 nicht erreicht, dann hat man den gleichen Effekt wie wenn man Brot in eine Plastiktüte wickelt und liegen lässt: Der Schimmel wächst. Das passiert bei Heulage häufig, da sie einen geringeren Zuckergehalt als Silage hat und die trockene, stängelige Struktur zum Einschluss von Luft führt, welche Schimmelwachstum zusätzlich begünstigt.

Trockene Heulage erreicht in vielen Fällen nur einen pH von etwa 6 und damit nicht die Keimruhe. Je trockener, desto weniger schädliche Milchsäurebakterien, aber desto mehr schädlicher Schimmelbefall.

Durchläuft das Siliergut aber einen perfekten Silierprozess, ist das für das Pferd auch nicht besser, da in dem Fall Milchsäurebakterien im großen Stil mit jeder Mahlzeit in den Darm gelangen. Sie sind dort keine Darmsymbionten (im Gegensatz zu uns Menschen), sondern sorgen für pH Wert Absenkung im Darm und einer massiven Störung der empfindlichen Darmflora des Pferdes.

Heulageballen auf einem Feld
Heulage ist für die Fütterung an Pferde grundsätzlich nicht geeignet. ©Westwind / AdobeStock

Deshalb gilt: Egal wie gut oder schlecht die Heulage produziert wurde, sie ist für die Fütterung an Pferde grundsätzlich nicht geeignet und sorgt langfristig – und zwar oft mit Jahren Verzögerung – für Gesundheitsprobleme. Daher im kommenden Sommer darauf achten, dass keine Heulage produziert oder eingekauft wird, sondern Heu – und wenn das nicht möglich ist, dann sollte man doch mal über einen Stallwechsel nachdenken. Dem Pferd zuliebe.

Mineralversorgung sicherstellen

Viele Pferdebesitzer meinen, da sie ein Müsli füttern, wäre ihr Pferd ausreichend mit Mineralstoffen versorgt. Das gilt aber nur, wenn man die vom Hersteller angegebenen täglichen Mengen einhält. Schauen Sie mal auf die Deklaration Ihres Futters. Häufig sind dort tägliche Rationen von 2-4 kg empfohlen. Mit solchen Mengen bekommen aber die meisten Pferde viel zu viel Zucker zugeführt, der nicht adäquat durch Arbeit abgebaut wird.

Daher füttern ja viele Besitzer nur eine Handvoll vom Müsli, da es oft mehr dem psychischen Wohlbefinden von Pferd und Reiter dient, als der Energiezufuhr. Um sicher zu sein, dass das Pferd ausgewogen versorgt ist, empfehlen wir daher, auf die Fütterung von Müslis und Pellets eher zu verzichten und statt dessen lieber regelmäßig ein gutes Mineralfutter zu einem leistungs- und artgerechten (nicht-mineralisierten) Kraftfutter anzubieten. Beim Mineralfutter sollte man darauf achten, dass in der „Zusammensetzung“, die man auf dem Etikett findet, nicht zu viel Zucker enthalten ist.

Glucose, Dextrose, Apfeltrester und ähnlich zuckerhaltige „Leckereien“ führen dazu, dass die Pferde das Mineralfutter fressen, als wären es Bonbons. Besser ein von der Zusammensetzung her minimalistisches Mineralfutter wählen, das damit auch nicht so gut schmeckt.

Es wird dann häufig nur bei echtem Mineralbedarf aufgenommen, sodass Überdosierungen eher vermieden werden. Insbesondere aufgepasst bei Lecksteinen und Leckschalen. Bitte keine Leckschalen oder –steinen aus Bonbonmasse (also reinem Zucker), die mit Mineralstoffen versetzt wurde, anbieten. Die Leckschale einfach mal selber probieren: Man schmeckt es sofort. Kein Wunder, dass die Pferde hier begeistert und ohne Pause dran schlecken. Der viele Zucker schadet allerdings mehr, als er nützt: von Karies bis Diabetes lauert hier ein großes Gesundheitsrisiko.

Und natürlich kann es zu Überversorgung kommen, wenn das Pferd diesen Mineralbonbon innerhalb kurzer Zeit aufgeschleckt hat. Es gibt auch Leckschalen oder –steine, die „nicht gut schmecken“, die Mineral Pur Leckschale von OKAPI. Solche Leckschalen eignen sich hervorragend für die Mineralversorgung. Man kann sie z.B. am Putzplatz zur Verfügung stellen, sodass die Pferde sich hier einmal täglich an Mineralstoffen das holen können, was sie brauchen. Aber auch solche Schalen bitte so lange nur unter Aufsicht zur Verfügung stellen, bis man sieht, dass sie dauerhaft von allen Pferden ignoriert werden, um Überversorgung zu vermeiden.

Mineral Pur Leckschale von OKAPI
Mineralversorgung durch Leckschalen als Vorschlag für das neue Jahr. © Okapi GmbH

Weniger ist mehr

Wir alle wissen: Liebe geht durch den Magen. Vom Leckerli mit Erdbeer-Banane-Geschmack bis zum teuren Zusatzpülverchen für besseres Hufwachstum, viele Futterkammern gleichen fast dem Lager eines Futterhändlers und der Stallschrank einer Apotheke.

Die Werbung suggeriert uns, dass es gegen jedes Wehwehchen unseres Lieblings das passende Mittel gibt und man nur dieses oder jenes supertolle Spezialfutter füttern muss und das Pferd läuft praktisch von alleine bis in die höchsten Leistungsklassen. Nun wissen wir ja eigentlich von der Werbung für uns Menschen, dass der teure Superjoghurt nicht dazu führt, dass die Erkältung schneller weggeht und dass noch keiner vom Essen seltsamer Pulver schlank und sportlich geworden ist…

Dennoch sind viele Pferdebesitzer verunsichert, was  die richtige Versorgung ihres Pferdes angeht und versuchen mit den verschiedensten Futtermitteln nur, alles richtig zu machen. Dabei ist Pferdefütterung eigentlich ganz einfach: Ausreichend gutes Heu, im Sommer Zugang zu Weide (angepasst an den Zustand des Pferdes und der Weide), ein ordentliches Mineralfutter, ein Salzleckstein und ausreichend gutes Wasser.

Und dann ruhig mal beim nächsten Waldspaziergang das Pferd ein bisschen links und rechts knabbern lassen. Hier holen sich Pferde nicht nur die für die Verdauung notwendige Holzfaser, sondern auch viele sekundäre Pflanzenstoffe aus Kräutern, die am Wegesrand eher noch wachsen als auf den Weiden oder Hochleistungs-Heuwiesen. Und nach besonders guter Arbeit darf es auch mal ein Möhrchen oder ein Leckerli sein. Aber immer dran denken: Weniger ist mehr.

Bewegung, Bewegung, Bewegung

Bei dem Versuch, das perfekte Gewicht und die optimale Bemuskelung beim Pferd zu erreichen, werden oft alle Anstrengungen von Seiten der Fütterung unternommen, das hinzubekommen. Dabei fällt der Teil „Training und Bewegung“ häufig ein bisschen hinten runter.

Dabei reicht es nicht, das Pferd nur einmal täglich aus der Box zu holen und in ordentlich hohem Tempo zu „zentrifugieren“. Pferde sind Bewegungstiere. Sie sind in freier Natur etwa 14-16 Stunden pro Tag damit beschäftigt, sich bei der Nahrungssuche vorwärts zu bewegen. Und zwar in ruhigem Tempo.

Auf diese ruhige Bewegung mit gesenktem Kopf und ständiger Raufutterzufuhr ist der Bewegungsapparat ebenso ausgelegt wie das Verdauungssystem. Der Trend zum Offenstall geht hier in die richtige Richtung, unsere Haltungsbedingungen artgerechter zu gestalten. Aber man kann ja auch mal zusammen mit dem Stallbetreiber oder der Haltergemeinschaft gemeinsam überlegen, einen Paddock Trail anzulegen, um noch mehr Bewegungsanreize zu geben. Auch wenn mein Pferd nachts in der Box steht, spricht nichts dagegen, tagsüber einen Trail zur Verfügung zu stellen. Tolle Tips und Anregungen zum Anlegen eines Paddock Trail bekommt man hier: www.gut-heinrichshof.de.

Aber selbst der beste und unterhaltsamste Trail ersetzt kein Training, um das Pferd in die Lage zu versetzen, den Reiter zu tragen. Denn die Tragarbeit muss von der Muskulatur geleistet werden, nicht vom Skelett. Nur wenn das Muskelsystem gut trainiert ist, kann das Pferd reiterliche Leistung bringen, ohne im Bewegungsapparat zu verschleißen und frühzeitig mit Verletzungen (Sehnen- und Fesselträgerschäden, Ermüdungsfrakturen…) oder Gelenkschäden (Arthrosen, Spat, Chips…) auf das Altenteil geschickt zu werden.

Dabei gilt beim Pferd wie beim Menschen, dass nur ein abwechslungsreiches Training alle Muskelpartien gleichermaßen fördert. Wer täglich nur an Piaffe und Passage arbeitet, schadet dem Bewegungsapparat letztlich genauso wie der Reiter, der immer nur am langen Zügel durchs Gelände gondelt. Auch ein Dressurpferd darf mal raus und sich auf der Galoppstrecke so richtig lang machen. Und auch das Wanderreitpferd sollte durchaus wissen, was ein Schulterherein ist und dass es noch zwei Hinterbeine hat, die man für das Tragen des Reiters mit verwenden kann.

zwei Reiter auf Weg zwischen Wiesen
Geeignete Bewegung für Pferd und Reiter als Tipp im neuen Jahr. © Adobe Stock/Marc AUCOUTURIER

Es gibt mittlerweile sehr viele Bücher, Lehrvideos und Seminare zu verschiedensten Trainingsmöglichkeiten. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, sich mal aus dem eingefahrenen „Gleis“ der täglichen Reiterei auf neue Wege zu begeben und was Neues anzuschauen. Nicht jedes „Trainingssystem“ oder jede Übung ist dabei für jedes Pferd oder jeden Reiter geeignet. Aber je mehr Werkzeuge man in seiner reiterlichen Werkzeugkiste hat, umso abwechslungsreicher kann man das Training gestalten und desto mehr Spaß macht das Miteinander.

Mehr zur Grundversorgung von Pferden: Fütterungskonzepte: Grundversorgung für Pferde oder Fütterungskonzepte: Mineralfutter