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Heu am Stiel…
Je nachdem, ob der vorangegangene Sommer sehr oder mäßig heiß war, sind die Weiden danach arg strapaziert oder fast ausnahmslos braun. Da in den vergangenen Jahren doch eher Hitzephasen zugenommen haben, findet man auf vielen Weiden häufig Flächen, die eigentlich kein frisches Gras mehr bieten, sondern mehr oder weniger „Heu am Stiel“.

Die meisten Gräser und auch viele Kräuterpflanzen sind nach dem Sommer abgeblüht. Mit der Samenbildung werden die Nährstoffe in den Samen geschoben und die Pflanze selber verliert erheblich an Nährwert, denn sie hat ja ihren Job getan: Die Vermehrung für das nächste Jahr sicherstellen.

Schwerfuttrige Pferde

Auch wenn die Pferde also ausreichend Knabberzeug finden, ist der Nährwert auf vielen Flächen eher überschaubar. Das freut alle Besitzer von „Moppelponys“, bei denen man täglich Kalorien zählen muss, damit sie nicht aus dem Leim gehen. Es gibt aber auch die schwerfuttrigen, die Blütertypen und die alten Pferde, bei denen man um jedes Kilo auf den Rippen kämpft und die regelmäßig schneller abnehmen, als man sie auffüttern kann.

Der normale Zyklus bei einem gesunden Pferd sieht vor, dass es sich im Sommer während der Vegetationsperiode ein paar Vorräte „anfressen“ kann, also mit ein paar Kilo zu viel aus der Weidesaison kommt. Dieses Übergewicht verlieren gesunde Pferde dann über den Winter durch temperaturbedingten höheren Energieverbrauch und die magerere Futterqualität von Heu gegenüber Weidegras.

Der Gewichtsverlust im Winter, der jeden Besitzer eines leichtfuttrigen Pferdes freut, macht den Besitzern schwerfuttriger Kandidaten immer große Sorgen. Daher sollte man bei diesen Pferden rechtzeitig anfangen, zuzufüttern. Es hilft nichts, wenn das Pferd dann erst einmal klapperdünn ist. Dann braucht man nochmal länger, um den Gewichtsverlust wieder auszugleichen.

Unterstützende Maßnahmen

Bei schwerfuttrigen Pferden hat es sich bewährt, bereits dann den Eiweißgehalt in der Ration zu erhöhen, wenn sie das Gewicht noch halten können, aber die Weiden nicht mehr grün und saftig stehen. Das heißt nicht, dass man ihnen jetzt große Mengen Kraftfutter geben soll. Kraftfutter basieren in der Regel auf einem hohen Gehalt an Stärke und / oder Zucker. Diese schnelle Form von Energie muss in Bewegung umgesetzt werden.

Wird das Pferd nicht adäquat zu seiner Zucker/Stärkefütterung gearbeitet, kommt es zu Störungen im Blutzuckerhaushalt und / oder zur Einlagerung von unsauberen Abbauprodukten im Bindegewebe und damit Lympheinlagerung. (Nicht alle Pferde mit Insulinresistenz sind fett! – es gibt auch da ausgesprochen klapperdünne Kandidaten.)

Damit sehen die Pferde zwar optisch „rund“ aus, aber sobald man das Futter absetzt, wird die Lymphe wieder ausgelagert und die Pferde sind unter all den Lymphpolstern oft dünner als vorher.

Eiweiß wird von Pferden primär nicht als Energielieferant verwendet (im Gegensatz zu Zucker und Stärke) und sorgt daher für einen gesunden Gewichtserhalt bzw. Zunahme.

Verschiedene Eiweiße

Eiweiß kann aus verschiedenen Quellen stammen und hat entsprechend unterschiedliche Qualität. Das Eiweißmuster in Soja ist für Pferde beispielsweise unausgeglichen und sorgt vor allem für Nierenbelastung und Lympheinlagerungen.

Das Eiweißmuster aus Leguminosen wie Luzerne oder Esparsette ist hier deutlich besser für Pferde geeignet durch den sehr hohen Anteil an den essentiellen Aminosäuren Lysin, Methionin und Threonin.

Esparsette hat gegenüber der Luzerne noch den Vorteil, dass die enthaltenen Gerbstoffe („kondensierte Tannine“) das Darmmilieu stabilisieren können, sodass die gesamte Futterration besser verwertet werden kann. Entsprechend hat sich die Zufütterung von Esparsette bei schwerfuttrigen Pferden (solche mit Zahnproblemen, Pferde im Blütertyp, Pferde mit hohem inneren Stresslevel, alte Pferde, u.a.) schon zum Ende der Weidesaison hin sehr bewährt.

Der höhere Eiweißgehalt gleicht das aus, was im vertrockneten Gras nicht mehr enthalten ist und die Gerbstoffe erleichtern auch die Umstellung von der Weide wieder zurück zur Heufütterung im Herbst und Winter, sodass das Pferd durchgehend optimal seine Nährstoffe gewinnen kann.

Luzerne hat ebenfalls einen hohen Eiweißgehalt und ein gutes Aminosäuremuster, allerdings fehlen ihr die Gerbstoffe der Esparsette, sodass sie nicht die Darm stabilisierende Wirkung mitbringt. Außerdem steht sie im Verdacht, die Photosensitivität zu erhöhen und damit das Risiko für Sonnenbrand zu steigern. Daher sollte man im Sommer, also bei starker Sonneneinstrahlung, vor allem bei Pferden mit viel Weiß im Gesicht: ausgeprägte Blesse, Perlinos, Cremellos Paints, Appaloosas, Tinker, Pintos und Tigerschecken, also allen Pferden mit rosa Haut rund um Nüstern oder Augen, lieber von der Luzernefütterung absehen und stattdessen Esparsette geben. Das ist besser als einen Sonnenbrand auf der Nase zu riskieren.

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